Glen or Glenda

Glen or Glenda?

Originaltitel
Glen or Glenda
Alternativ
Glen or Glenda: Confessions of Ed Wood; Glen or Glenda?; He or She; I Changed My Sex; The Transvestite
Regie
Ed Wood
Darsteller
Béla Lugosi, Lyle Talbot, Timothy Farrell, Dolores Fuller, 'Tommy' Haynes, Ed Wood
Kinostart:
Deutschland, bei
Genre
Drama
Land
USA
Jahr
1953
Länge
67 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
4,0 (Filmreporter)
6,0 (2 User)
Trashiges Spielfilmdebüt von Ed Wood
Transvestiten sind im spröden Amerika der fünfziger Jahre ein großes Tabu. Die Gesellschaft hat sich an strenge konservative Wertvorstellungen zu halten. Männer die sich in Frauenkleidern präsentieren, schädigen die Moral. Diese kompromisslose Intoleranz bringt Patrick Walter alias Patricia eine saftige Gefängnisstrafe ein. Das Gericht zeigt kein Verständnis für seine "krankhafte" Neigung und bewertet sein Verhalten als Straftat. Von der Gesellschaft verstoßen, sieht der Transvestit im Selbstmord den einzigen Ausweg. In seinem Abschiedsbrief äußert er einen letzten Wunsch: Er möchte in Frauenkleidern begraben werden. Inspektor Warren (Lyle Talbot), der diesen kuriosen Fall bearbeitet, bittet Dr. Alton (Timothy Farrell) um Hilfe. Der Psychiater soll ihm erklären was es mit dem Transvestismus auf sich hat. Anhand von zwei Beispielen versucht der Doktor aufzuzeigen, dass Transvestiten für ihr Verhalten eigentlich gar nichts können und man sie tolerieren sollte.

Glen oder Glenda (Edward D. Wood Jr.), zum Beispiel, wurde in seiner Kindheit von seiner Mutter vernachlässigt. Als Ersatz für ihre fürsorgliche hat er ein zweites, ein weibliches Ich geschaffen. In dieser Rolle fühlt er sich glücklich, doch auch er kann der intoleranten Gesellschaft nicht entkommen. Zwar droht ihm keine Gefängnisstrafe, aber er muss seiner Verlobten seine zweite Identität beichten. Um geheilt zu werden, müsse er ganz einfach Glendas Eigenschaften auf seine Verlobte Barbara (Dolores Fuller) transferieren. Dann sei er auf Frauenkleider als emotionalen Halt nicht mehr angewiesen. Bei Alan oder Anne ('Tommy' Haynes) sie die Sache schon etwas komplizierter aus. Er hat seinen Platz in der Gesellschaft nie gefunden. In seiner Kindheit von Mädchen und Jungen verstoßen, fühlt er sich weder als Mann noch als Frau. Von seiner Mutter ständig umsorgt, entwickelt er ein weibliches Verhaltensmuster. Bei Alan konnte sich nicht einmal die Natur entscheiden ob er denn nun Frau oder Mann sein soll. So überrascht es nicht, dass er nach seinem Militärdienst, eine Geschlechtsumwandlung durchführen lässt. Finden Glen und Alan das Glück, nachdem sie so verzweifelt suchen? Kann Dr. Warren den Inspektor zufrieden stellen? Die Gründe, die einen Mann dazu bewegen Frauenkleider zu tragen sind vielfältig. Bei manchen liegt es in der Psyche und bei anderen in der Natur. Wir Menschen sind eben so verschieden, dass sich Normalität zum Glück nicht definieren lässt.
Edward D. Wood Jr. arbeitet in seinem Spielfilmdebüt ein autobiographisches Motiv auf. In Hollywood war der Trash-Regisseur als Transvestit, der am liebsten rosa Damenunterwäsche trug, bekannt. So verwundert es auch nicht, dass er Glens bzw. Glendas Rolle selbst übernahm. Aber Wood hat ein wichtigeres Anliegen, als sich selbst zu inszenieren. "Glen oder Glenda" beschäftigt sich mit einem für das Amerika der fünfziger Jahre sensiblen Thema. Transvestiten waren, mehr als Heute, krasse Außenseiter der erzkonservativen US-Gesellschaft. In "Glen or Glenda" versucht der Regisseur das Thema aufzuarbeiten und zu zeigen, dass Transvestiten normale Menschen sind. Sie haben durch ihre psychologische Entwicklung ganz einfach das Bedürfnis, Frauenkleider zu tragen.

Aber Wood wäre nicht Wood, wenn er das ernste Thema nicht total verhauen und ins Lächerliche ziehen würde. Zu Beginn taucht Béla Lugosi als geistesgestörter Professor auf. Er führt Experimente am eigenen Körper aus, um die Tiefen der menschlichen Psyche zu erkunden. Abrupt wechselt das Geschehen zu Patricks bzw. Patricias Selbstmord. Plötzlich fallen Charaktere auf unerklärliche Art und Weise in Trance und werden von tanzenden Pantomimen umringt. Man hat den Eindruck dass selbst Wood nicht weiß, wie er das Thema aufarbeiten soll. Er zieht alles ins Lächerliche und man verliert schnell den roten Faden. Aber genau das macht die Genialität des Kultregisseurs aus. Wie bei allen seinen Perlen des Trashfilms leidet auch diese ulkige Produktion unter dem mageren Budget. Aber mit einem höheren Produktionsbudget würden seine Filme heute sicherlich keinen Kultstatus genießen.
Peter Gaal, Filmreporter.de
2024