Delphi
Jonas

Jonas

Stell dir vor, es ist Schule und du musst wieder hin!
Originaltitel
Jonas
Regie
Robert Wilde
Darsteller
Christian Ulmen
Kinostart:
Deutschland, am 05.01.2012 bei DCM (Delphi Filmverleih)
Kinostart:
Österreich, am 20.01.2012 bei Filmladen
Genre
Komödie
Land
Deutschland
Jahr
2011
FSK
ab 6 Jahren
Länge
110 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.jonas-derfilm.de
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Christian Ulmen muss nochmal die Schulbank drücken
Wie man es bereits aus seinen TV-Serien "Mein neuer Freund" und "Ulmen.tv" kennt, schlüpft Christian Ulmen auch in "Jonas" in eine Rolle, um durch die Konfrontation der fiktiven Figur mit der Wirklichkeit so manche Wahrheit an Tageslicht zu befördern. Auch wenn er und Regisseur Robert Wilde im Unterschied zu den Fernsehprojekten konzeptionell einen anderen Weg gegangen sind, ist die Gemeinsamkeit das Undercover-Moment. In "Jonas" schlüpft Ulmen in die Rolle des titelgebenden 18-Jährigen Schülers, der mehrfach sitzen geblieben ist und in der Berliner Paul-Dessau-Gesamtschule die letzte Chance für einen Schulabschluss bekommt. Gelingt es ihm nicht, die Pädagogen innerhalb einer vorgegebenen Frist von seiner Leistung zu überzeugen, muss er die Schule verlassen.

Das ist einer der dramaturgischen Kniffe in "Jonas", für den freilich nicht die Macher, als vielmehr die Wirklichkeit selbst verantwortlich zeichnet. Ähnliche Spannungsmomente resultieren aus den Konflikten, die Jonas wegen seiner Leistung mit den Lehrern hat. Andere Spannungsbögen gehen wiederum auf das Konto der kreativen Köpfe hinter dem Projekt. So bemüht sich Jonas nicht nur um sozialen Anschluss, wobei er mit einigen Mitschülern sogar eine Schülerband gründet. Er verliebt sich auch hoffnungslos in seine Musiklehrerin, was für einige ebenso witzige wie rührende Szenen sorgt.
"Jonas" ist eine kreative Glanzleistung von Hauptdarsteller Christian Ulmen. Der Film geht auf die Idee von Ulmen und Produzentin Elena Gruschka zurück, als beide über ein Folgeprojekt von "Ulmen.tv" sinnen. Für die Umsetzung hat Ulmen einige Strapazen auf sich genommen. Nicht nur wurde er erneut mit seinen 'schulzeitlichen Urängsten' (Ulmen) konfrontiert, sondern musste jeden Morgen vor Schulbeginn stundenlang in der Maske sitzen. Das Ergebnis ist verblüffend. Ulmen verschmilzt regelrecht mit seiner Kunstfigur, was neben der Schminke und der Garderobe auch seiner überzeugenden Leistung als Schauspieler zu verdanken ist.

Im Vergleich zu den TV-Formaten setzen die Macher bei "Jonas" von Anfang an auf Transparenz. Gefilmt wurde nicht mit einer versteckten Kamera, sondern mit dem Wissen aller Beteiligten. Trotz der Tatsache, dass Schüler wie Lehrer permanent von mehreren Kameras umgeben und jeder von ihnen zusätzlich mit Mikrophonen ausgestattet war, rücken Film und Technik nicht als Thema in den Mittelpunkt der Handlung. Der Grund hierfür liegt im zeitlichen Vorlauf, den sowohl die Filmemacher als auch Schüler und Lehrer hatten. Das Filmteam begab sich eine Woche vor Jonas' Ankunft in die Klassen, sodass sich alle Beteiligten mit der Prämisse des Beobachtet-Werdens vertraut machen konnten.

Auch durch die Charakterisierung der Hauptfigur hebt sich "Jonas" von den Fernsehserien ab. Jonas ist kein Mensch, der aneckt und provoziert, sondern ein Schüler, der sich zu integrieren weiß und auch von seinen Klassenkameraden schnell akzeptiert wird. Gelingt Ulmen im Fernsehen durch Provokation verborgene Eigenschaften seiner 'Kontrahenten' ans Tageslicht zu befördern, werden in "Jonas" gerade durch die Diskretion des Charakters Bilder transparent. In dem Maße, in dem Jonas in den Hintergrund rückt, werden die realen Charaktere sowie der schulische Alltag stärker ins Zentrum gerückt. Da werden aus Lehrern Menschen, etwa wenn sie mit ihren Schülern über Grundsätzliches diskutieren, da wird der Glaube der Religionslehrerin auf den Prüfstand gestellt oder die Musiklehrerin mit den Werben eines Schülers konfrontiert. Sein durchaus auch kritisches Potential zeigt "Jonas" in der Ansprache des Chemielehrers. Mag es ehrenwert von dem Pädagogen sein, die Schüler immer wieder an ihre Pflichten zu erinnern, ist es andererseits fraglich, ob dadurch statt die Motivation zu fördern nicht eher Versagens- und Zukunftsängste geschürt werden.

Solche Einblicke in den schulischen Alltag durchbrechen Ulmen und Wilde immer wieder durch dramatische Momente. Dabei stehen Konflikte, die quasi von der realen Schulsituation diktiert werden - etwa wenn Jonas wegen seiner Lerndefizite mit seinen Lehrern konfrontiert wird - neben solchen, die die Macher bewusst in die Ausgangssituation eingeschrieben haben. So gibt es einen dramaturgischen Wendepunkt, wenn Jonas in ein exzessives Partyleben abzudriften droht oder sich mehr um seine Schulband bemüht, statt zu lernen. Letztlich schafft er doch den Absprung und überzeugt Lehrer, Mitschüler und Zuschauer von seinem Lernwillen. Der rote Faden in dem Konstrukt ist die "Liebesgeschichte" zwischen Jonas und seiner Musiklehrerin, die auf amüsante Weise mit Standardsituationen einer romantischen Komödie durchsetzt wird: die erste Begegnung, das zaghafte Herantasten an die Geliebte, das Gespräch, das erste Date, die Zurückweisung, der Liebesbeweis, usw.

So sehr die kleinen und größeren "Geschichten" "Jonas" letztlich zusammenhalten, entbehren sie andererseits nicht einer gewissen Problematik. So fragt man sich zuweilen, ob nicht doch der eine oder andere reale Protagonist in das Filmprojekt eingeweiht ist und eine Rolle spielt. Auch stößt "Jonas" in seiner Ausgangssituation, nicht weniger als Ulmens oft kritisierten Fernseh-Projekte, durchaus an ethische Grenzen. So respektvoll Jonas/Ulmen gegenüber seinen Mitmenschen auftritt, letzten Endes ist der Charakter wie das gesamte Projekt ein Verstellung und Vortäuschen um der filmischen Intentionen willen. Das muss vor den Beteiligten moralisch gerechtfertigt werden. Der Qualität des Films tun solche Bedenken jedoch keinen Abbruch. "Jonas" ist ein alles in allem ein großartiges Experiment, das sich vom Gros der deutschen Komödien und Reality-Formate in Kino und Fernsehen abhebt. Nicht zuletzt besticht Ulmen mit einer bravourösen Leistung als Schauspieler vor und kreativer Kopf hinter der Kamera.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
Videoclip: Jonas
In "Jonas" spielt Christian Ulmen einen 18-Jährigen Schüler, der mehrmals sitzen geblieben ist und in seiner neuen Schule eine letzte Chance...
 
Galerie: Jonas
"Jonas" ist ein einmaliges Experiment. Christian Ulmen schlüpft in die Rolle eines 18-jährigen Schülers, der noch einmal die Schulbank drücken...
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2024