Wolfsbrüder

"Wolfsbrüder" beruht auf einer wahren Begebenheit. 1965 greift die kasernierte spanische Polizeieinheit Guardia Civil in der Sierra Morena einen jungen Mann auf, der völlig verwildert ist. Er lebt völlig auf sich allein gestellt in einer alten Hirtenhöhle. Zwölf Jahre lebte er hier ohne Kontakt zur Zivilisation. Seine einzigen 'Freunde' sind ein Frettchen und ein Wolfsrudel in den nahen Wäldern. Noch heute trifft sich der echte Marcos Rodríguez Pantoja mit den Wölfen. Ganz in die Zivilisation eingegliedert hat er sich bis heute nicht.

Es ist verführerisch, sich auf die Wirkung von Naturaufnahmen zu verlassen. Dass wunderschöne Landschaftsbilder über Mängel an Inszenierung, Plot und Figuren hinwegtrösten, gehört zum Erfolgsmodell einer jeden Rosamunde Pilcher-Verfilmung. Gerardo Olivares tappt genau in diese Banalitätsfalle. Der Drehbuchautor und Regisseur von "Wolfsbrüder" kaschiert die aggressiv auf anrührend getrimmte Story mit zahlreichen Aufnahmen wilder Tiere und Natur. Laut Presseheft haben die Dreharbeiten mit den Schauspielern nur zwölf Wochen gedauert. Die Aufnahmen von den Wildtieren sollen hingegen 14 Monate in Anspruch genommen haben.

Ein Teil dieser Zeit hätte durchaus darauf verwendet werden dürfen, zumindest die ärgsten Klischees aus dem Drehbuch zu streichen. Großgrundbesitzer Don Honesto (José Manuel Soto) ist genauso klischeehaft böse, wie die Guardia Civil, die dem edlen Rebellen Balilla (Alex Brendemühl) den Garaus machen will. Anastasio (Sancho Gracia) ist weise und gutmütig, wie es sich für einen Einsiedler eben gehört. Und Marcos (Manuel Camacho, Juan José Ballesta) ist genauso naiv, wie es Olivares für seine dünne Story braucht.

Leider funktioniert das Kaschieren nicht. Die Naturaufnahmen erfüllen keinen Zweck, liefern keinen erzählerischen Beitrag. Somit steht die Story mit all ihren Klischees auch noch im luftleeren Raum einer uninspirierten Inszenierung. Kurios ist auch der äußerst geringe Raum, der Marcos' Begegnung mit den Wölfen eingeräumt wird. Anders als der Titel suggeriert, spielen die Raubtiere nur eine kleine Rolle. Letztendlich ist "Wolfsbrüder" vor allem ein klarer Beleg dafür, dass auch wahre Geschichten an den Haaren herbeigezogen sind, wenn sie schlecht inszeniert sind.