Concorde Filmverleih
Der Stellvertreter

Der Stellvertreter

Originaltitel
Amen
Regie
Constantin Costa-Gavras
Darsteller
Justus von Dohnányi, Hanns Zischler, Antje Schmidt, Friedrich von Thun, Marcel Iures, Ion Caramitru
Kinostart:
Deutschland, am 30.05.2002 bei Concorde Filmverleih
Genre
Drama
Land
Frankreich
Jahr
2001
FSK
ab 12 Jahren
Länge
130 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
9,0 (1 User)
Kurt Gerstein (Ulrich Tukur) ist nicht nur ein fähiger Chemiker und Waffenoffizier der SS, er ist auch ein aktives Mitglied der evangelischen Kirche. Seine Vorgesetzten geben ihm die Zuständigkeit für den Nachschub des tödlichen Zyklon B, das für die Vernichtungslager des NS-Regimes bestimmt ist. Doch Gersteins Gewissen lassen ihm keine Ruhe. Er beginnt mit der schwedischen Botschaft und der katholischen Kirche Kontakt aufzunehmen, damit diese die Weltöffentlichkeit über die Verbrechen der Nazis informieren. Doch der heilige Stuhl scheint kein Interesse an den grausamen Vorgängen im dritten Reich zu haben. Vielmehr pflegt die Diplomatie des heiligen Vaters (Marcel Iures) fast freundschaftliche diplomatische Kontakte zum deutschen Regime. Jesuit Ricardo (Mathieu Kassovitz), dessen Vater (Ion Caramitru) einflussreicher Berater von Piux XII. ist, versucht mit Hilfe Gersteins, den Papst zu informieren um den Vatikans zu einer offensiveren Haltung zu bewegen. Sein Engagement, das auch radikale Schritte beinhaltet, hat jedoch keinen durchschlagenden Erfolg. Auch Gerstein geht große Gefahren ein, um das schreckliche Geheimnis seiner Arbeit der Öffentlichkeit mitzuteilen.
Rolf Hochhuths gleichnamiges Drama löste 1963 noch einen Skandal aus. Constantin Costa-Gavras gelungene Adaption führte in Frankreich mit dem umstrittenen Plakat von Oliviero Toscani zu Kontroversen. Die katholische Kirche stieß sich an der blutroten Verbindung von Kruzifix und Hakenkreuz auf schwarzem Grund. Wie groß ist die Mitschuld Piux XII am Genozid an den Juden im dritten Reich, was wusste der heilige Vater und warum hat er seine Stimme nicht deutlicher gegen die deutsche Barbarei erhoben? Regisseur Costa-Gavras nimmt einen festen Standpunkt ein, dass ist schon immer seine Stärke gewesen. Seine Aussage ist: "Jeder hat es gewusst" und daran lässt er auch keinen Zweifel. Bereits mit seinen politischen Filmen "Z" oder "Der unsichtbare Aufstand" hat der in Frankreich lebende Grieche seine gesellschaftspolitische Verantwortung bejaht. Während die Figur des Chemikers und Waffenoffiziers der SS Kurt Gerstein historisch belegt ist, hat er den Jesuiten Ricardo, der im Film Pius XII auffordert, gegen Hitler aufzutreten, erfunden. Ricardo steht für die Christen, die sich ihrer Verantwortung und ihrem Gewissen gestellt haben und für ihre Überzeugungen eingestanden sind. Er macht aber gerade auch deutlich, dass sich sowohl die Amtskirche als auch die Mehrzahl der Gläubigen nicht mit Ruhm bekleckert haben. Gosta-Gavras gelingt es, den psychischen Zwiespalt seines Helden Gerstein, glaubhaft darzustellen. Das liegt auch an Ulrich Tukur ("Taking Sides - Der Fall Furtwängler"), der den christlichen Idealen verpflichteten SS-Offiziers mit viel Engagement angeht sowie (Mathieu Kassovitz ("Die fabelhafte Welt der Amélie") in der Rolle des leidenden Jesuiten. Dem französischen Drama fehlt es angesichts der politischen Weltlage und der Veröffentlichungspolitik des Vatikans nicht an Aktualität. Deswegen hat die vom heiligen Stuhl eingesetzte Historiker-Kommission inzwischen ihre Arbeit wieder niedergelegt. Manche Dinge ändern sich eben nie!
Richard Rendler, Filmreporter.de
2024