Atzhaus (Kinowelt)
101 Reykjavik

101 Reykjavik

Originaltitel
101 Reykjavik
Regie
Baltasar Kormákur
Darsteller
Edda Heidrún Backman, Jóhann Sigurðarson, Eyvindur Erlendsson, Þrúður Vilhjálmsdóttir, Ólafur Darri Ólafsson, Baltasar Kormákur
Kinostart:
Deutschland, am 20.06.2002 bei Kinowelt Filmverleih
Genre
Drama
Land
Island, Dänemark, Frankreich, Norwegen
Jahr
2000
FSK
ab 16 Jahren
Länge
93 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
8,0 (1 User)
Der arbeitsscheuen Hlynur (Hilmir Snaer Gudnason) lebt im Postleitzahlbereich "101 Reykjavik" sehr bequem bei seiner Mutter. Das Leben des 28-Jährige besteht aus ein bisschen Sex mit Freundin Hofi (Thrudur Vilhjalmsdottir) und ein paar Bierchen mit Freunden. Mit typisch gleichgültiger Haltung nimmt der Jüngling mit der Britpopper-Frisur und einer obligatorischen schwarzen Hornbrille auch die Ankündigung seiner Mutter (Hanna María Karlsdóttir) entgegen, sie bekomme über Weihnachten Besuch von ihrer spanischen Freundin Lola. Wenige Tage später rauscht also die Flamencolehrerin an. Lola sagt sie Hlynur unverblümt, was sie von seinem nichtsnutzigen Dasein hält, doch letztendlich landen die beiden dann doch im Bett. Unendlich groß ist Hlynurs Entsetzen, als sich ihm seine Mutter als Geliebte der schwanger gewordenen Lola offenbart. Sie teilt dem Sohnemann mit, dass die beiden Damen das Baby gemeinsam großzuziehen würden. Dem konsternierten Hlynur geht ein Licht auf. Allein Lolas zielgerichteter Leidenschaft hat er es also zu verdanken, dass er nun der Vater seines Bruders oder gar der Onkel seiner Schwester ist.
Regiedebüts haben oft ihren ganz eigenen, unverdorbenen Charme. So auch das Erstlingswerk des Isländers Baltasar Kormákur, der sich bei deutschen Cineasten mit seiner Rolle in "Engel des Universums", einem Schizophreniedrama von Fridrik Thor Fridriksson, einen Namen gemacht hat. Die auf den Festivals von Toronto, Rouen und Thessaloniki prämierte schwarze Komödie, entfaltet sich als eine schwarze Komödie, die nicht nur eine Hommage an die Heimatstadt des Regisseurs ist, sondern mit ihrem pointiertem Witz und Liebe zum Detail auch jene ziel- und orientierungslose isländische Generation beschreibt, die sich lieber Gedanken über die nächste Party macht, als darüber, einen geeigneten Job zu finden. Herrlich anzusehen ist, wie Hlynur in der Badewanne von Mamas beengter Küche seine Cornflakes schlabbert, um sich anschließend von Mutti das Handtuch reichen zu lassen, bevor schließlich mittels Klappmechanismus die Wanne erneut in eine Sitzbank umfunktioniert wird. "101 Reykjavik" ist anders, cool und voller schwarzem Humor. Unser Tipp lautet: anschauen, bevor dieser glitzernde cineastische Eiskristall unter dem Feuer der heißen Victoria Abril geschmolzen ist.
Susanne Wess/Filmreporter.de
2024