Besessen

Besessen

Originaltitel
Possession
Regie
Neil LaBute
Darsteller
Shelley Conn, Jonty Stephens, Alexi Kaye Campbell, Hugh Simon, Richard Heffer, Felicity Brangan
Kinostart:
Deutschland, am 28.11.2002 bei Warner Bros. Pictures
Kinostart:
Schweiz, am 28.11.2002 bei Fox-Warner
Genre
Mystery
Land
USA, Großbritannien
Jahr
2002
FSK
ab 12 Jahren
Länge
102 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
4,0 (Filmreporter)
7,0 (2 User)
Literarische Detektivgeschicht nach A.S. Byat
Zwei Liebespaare: eines lebt in der Gegenwart, das andere war einander bereits vor Jahrhunderten zugetan. Nummer 1: Die viktorianischen Dichter Randolph Ash (Jeremy Northam) und Christabel Lamotte (Jennifer Ehle). Deren heimliche Affäre kommt ans Licht, als Roland Michell (Aaron Eckhart) einen alten Liebesbrief zwischen den Seiten eines Buches entdeckt.

Paar Nr. 2 besteht aus Maud Bailey (Gwyneth Paltrow) und Roland. Die beiden jungen Literaturwissenschaftler betreiben Studien über Leben und Werk der viktorianischen Größen. Während Maud sich für die Arbeiten von Christabel Lamotte interessiert, gilt Rolands Forscherdrang den Schriften Randolph Ashs. Die Romanze der Poeten führt auch die beiden Studierenden zusammen. Als Roland den Brief findet, sucht er Maud auf, um sich mit ihr zu beraten.

Maud Bailey ist keine typische Studentin. Sie ist finanziell abgesichert und legt viel Wert auf eine erwachsene, erhabene Erscheinung. Ihre Handlungen sind ebenso straff und kontrolliert, wie ihr langes blondes Haar, das sie stets zu einem kleinen Knoten zusammengesteckt trägt. Roland ist das Gegenteil von Maud. Er muss jeden Pfennig umdrehen und ist chronisch pleite. Mit seinem Dreitagebart und der verwuschelten Frisur wirkt er immer so, als habe er sich gerade einen Pulli über den Kopf gezogen. Er, der Amerikaner ist von steifen englischen Akademikern umgeben. Trotz aller Gegensätze fühlen sich Maud und Roland voneinander angezogen.
Die Romanze ist eine Adaption des Romans "Possession" (Besessen) der Schriftstellerin A.S. Byatt. Sie erzählt eine literarische Detektivgeschichte. Aaron Eckhart in der Rolle des amerikanischen Außenseiters wirkt wie das Abziehbild eines Soapstars. Während er in "Erin Brockovich" oder "Nurse Betty" - einem weiteren LaBute-Film - seine kantige Seite ausspielen konnte, bleibt seine Darstellung hier flach. Gwyneth Paltrow versucht sich mal wieder als Engländerin auszugeben, was trotz des Sprachtrainings für "Shakespeare In Love", "Sliding Doors" und "Emma" nach wie vor aufgesetzt wirkt. Als Maud Bailey legt sie eine Kühle und Distanz an den Tag, wie sie für die Figur angemessen ist.

Genauso wie sie im Film Roland immer eine Armlänge von sich abhält, fühlt sich auch der Zuschauer. Die romantischsten und lebendigsten Szenen haben ganz klar Jennifer Ehle in der Rolle der Poetin Christabel und Jeremy Northam als Ash. Die beiden hochkarätigen britischen Schauspieler sind als zurückhaltender, geschäftlich-leidenschaftlicher Dichter und schwierige, begehrenswert-extrovertierte Schriftstellerin perfekt besetzt. Regisseur Neil LaBute hat sich für das Drehbuch Unterstützung von David Henry Hwang ("Madame Butterfly") und Laura Jones ("Portrait of a Lady") geholt, die beide mit komplizierten, fremdbestimmten Liebesbeziehungen Schreiberfahrung haben. Dem Trio ist es gelungen, den Geist der Sprache aus der Buchvorlage zu erhalten, ohne darin verloren zu gehen. Echte Neil LaBute-Fans, die ihn in erster Linie durch seine Filme "In the Company of Men", "Your Friends and Neighbors" oder die Theaterstücke "The Shape of Things" und "Bash" kennen, werden von diesem Film ein wenig enttäuscht sein.

Ähnlich wie bei "Nurse Betty" werfen sie ihm vor, sein Talent dem Mainstream zu opfern. Das trifft nicht zu, denn "Besessen" mag zwar oberflächlich gesehen eine Liebesschmonzette sein, entpuppt sich aber bei genauerer Betrachtung als behutsame Auseinandersetzung mit der Zurückhaltung und der Reserviertheit der Briten, wenn es um das Thema Liebe geht.
Judy Born/Filmreporter.de
2024