Jean-François Martin/Ricore Text
Clint Eastwood
Schweigsamer Clint Eastwood
Starfeature: Der stille Wandel
Er kann auf eine Karriere zurückblicken, die vor über einem halben Jahrhundert begann. Als wortkarger Cowboy war Clint Eastwood in den 1960er Jahren stilprägend für den Italowestern. Seine Interpretation des Harry Callahan in der "Dirty Harry"-Reihe (1971 - 1988) wurde zum Archetyp für die Figur des unorthodoxen Alleinermittlers. In dieser Zeit begann Eastwood auch als Regisseur zu arbeiten. Es dauerte lange, bis er sich einen Namen machte, und noch länger, bis er sich vom Action- und Westerngenre emanzipierte. Gewalt zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch sein Werk. Heute steht Eastwood dennoch für feinfühliges und intelligentes Kino.
erschienen am 12. 04. 2009
Warner Home Video
Dirty Harry
Ob zu Beginn seiner Karriere in Sergio Leones Dollar-Trilogie, in den 1970ern als Brachialermittler "Dirty Harry" oder Anfang der 1990er in "Erbarmungslos": Clint Eastwood gab immer wieder den wortkargen Einzelgänger, der den Mund nur öffnet, um den Boden mit seinem Speichel zu befeuchten. Sein Schweigen unterbricht er gerade mal, um einen zynischen Einzeiler von sich zu geben. Damit sind seine Figuren gar nicht soweit weg von ihrem Darsteller. Auch der 193 cm große Eastwood spricht nur, wenn er etwas zu sagen hat. Manchmal auch dann nicht, was Interviews mit dem Kalifornier mitunter zu einer Herausforderung machen. Obwohl sich seine Rollen im Verlauf der letzten fünfzig Jahre sprachlich nicht sonderlich weiterentwickeln konnten, so haben sie mit den Jahren dennoch an Aussagekraft gewonnen.
Warner Bros.
Clint Eastwood am Set von "Flags of Our Fathers"
Schweigen als Ausdruck von Sensibilität
Ob er nun als Regisseur hinter der Kamera steht und Sean Penn als gebrochener Familienvater in "Mystic River" schweigen lässt, oder ob Eastwood - wie zuletzt in "Million Dollar Baby" (2004) - selbst den emotional verschlossenen Boxtrainer spielt: Es fallen nicht viele Worte. Das große Schweigen hat im Gegensatz zu seinen früheren Filmen heute eine andere Qualität. Es ist nicht mehr durch Überheblichkeit charakterisiert, nicht länger Markenzeichen eines Cowboys oder eines coolen Hundes, der es einfach nicht nötig hat zu kommunizieren. Im Gegenteil. Es macht dem Zuschauer die Verletzlichkeit seiner Figuren deutlich. War die Schweigsamkeit früher ein Markenzeichen des Schauspielers Eastwood, so ist sie heute ein Markenzeichen des feinfühligen, zurückhaltenden Regisseurs.
Warner Bros.
Regisseur Clint Eastwood
Lange Spur der Gewalt
Gewalt ist nach wie vor ein zentrales Motiv in Eastwoods Werk. Doch auch hier ist ein Wandel zu erkennen. Waren seine Filme einst blutige Gewaltorgien - mal unter dem Deckmantel der Strafverfolgung, mal ganz unverbrämt als erbarmungsloser Rachefeldzug - so widmet sich der Regisseur heute den Auswirkungen von Gewalt auf die Psyche von Tätern und ihren Opfern. Ob es sich um die Verzweiflung nach einem Gewaltverbrechen an seiner Tochter ("Mystic River"), oder der Ohnmacht dreier amerikanischer Soldaten, die nach dem Menschenschlachten auf Iwo Jima in ihrem Heimatland als Kriegshelden gefeiert werden ("Flags of Our Fathers").
Academy of Motion Picture Arts and Sciences
Großer Gewinner Oscar 2005: Clint Eastwood
Eastwood schweigt weiter
2009 darf man Eastwood erstmals seit "Million Dollar Baby" wieder als Schauspieler bewundern. In "Gran Torino" beschäftigt er sich nach "Flags of our Fathers" erneut mit einer ethnischen Minderheit. Wurde in Letztgenanntem der Rassismus nur angedeutet, so liegt dieses Mal der Schwerpunkt auf diesem in den USA so wichtigen Themas. Als amerikanischer Patriot will der Protagonist sein Auto mit Waffengewalt vor asiatischen Dieben verteidigen. Natürlich ist Eastwood auch als Walt Kowalski kein Freund vieler Worte. Fast könnte man sagen: Clint Eastwood schweigt wieder - aber endlich wieder vor der Kamera.
erschienen am 12. April 2009
Zum Thema
Der Produzent, Komponist, Regisseur und Schauspieler hat sich mit seiner wortkargen Darstellung von Western- und Actionhelden unsterblich gemacht. Eines seiner Markenzeichen sind mit unbeweglicher Miene dargebrachte zynische Einzeiler. Filmkritiker werfen ihm vor, der Vertreter einer reaktionären und menschenverachtenden Ideologie zu sein. Eastwood bestreitet diese Interpretation seiner Darstellung. Er gewann bereits zweimal den Oscar für seine Regiearbeiten. Auch als Bürgermeister des..
Gran Torino (Kinofilm)
Clint Eastwood steht seit Oscargewinner "Million Dollar Baby" von 2004 erstmals zugleich vor und hinter der Kamera. Er verkörpert den alten und verbitterten Vietnamkriegsveteranen, der für seine ausländischen Nachbarn und die jüngere Generation nur Verachtung übrig hat. Dann hat er eines Tages eine seltsame Begegnung mit seinem 16-jährigen Nachbarsjungen Thao (Bee Vang). Der will seinen geliebten Gran Torino klauen. Kowalski verhindert nicht nur den Diebstahl, sondern auch den gewaltsamen..
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