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Peter Billingsley
Wer Freunde hat, hat's gut
Interview: Peter Billingsley auf neuen Pfaden
Er hat so ziemlich alles gemacht, was man in der Filmbranche nur machen kann. Als Kinderstar kam Peter Billingsley früh in Kontakt mit der Schauspielerei. Später agierte er hinter der Kamera und arbeitete erfolgreich als Produzent. Als ihm dies zu langweilig wurde, schnappte er sich seinen Freund Vince Vaughn und erarbeitete mit diesem ein Filmprojekt. Die Komödie "All inclusive" startet Anfang November 2009 im deutschsprachigen Raum. Mit uns sprach der vielseitige Filmschaffende über gute Freunde, Akne und andere Kindereien.
erschienen am 5. 11. 2009
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Peter Billingsley
Ricore: Sie haben als Schauspieler, Regisseur und Produzent gearbeitet. Was macht Ihnen am meisten Spaß?

Peter Billingsley: Nun ja, ich habe lange Zeit geschauspielert und wollte dann etwas anderes machen. Das war zu der Zeit, als ich Vince Vaughn traf. Gemeinsam machten wir die Fernsehserie "Afterschool Specials", bei der es um die Einnahme von Steroiden ging. Ich spielte das Kind, das Steroide nahm. Davon bekam ich Akne und wurde aggressiv. Vince spielte meinen besten Freund. Er war gerade nach Hollywood gezogen und versuchte eine Rolle zu ergattern. Und ich versuchte ausgerechnet durch solche Rollen meine Schauspielkarriere in Gang zu bringen. So wurden wir Freunde. Später begannen wir zu produzieren und nun arbeite ich mit ihm zum ersten Mal als Regisseur zusammen. Es ist schwer zu sagen, was mir am besten gefällt. Es ist alles auf seine eigene Art lohnenswert.

Ricore: Wurden die Serie im Fernsehen gezeigt?

Billingsley: Ja, sie lief um vier Uhr Nachmittags auf CBS, NBC und ABC, also dann, wenn die Kinder nach Hause kommen. Die Filme handelten auf ernsthafte Weise von heftigen Sachen. Das machte Spaß.

Ricore: Nun zu Ihrem aktuellen Film "All inclusive". Warum wählten sie Bora Bora für die Haupthandlung?

Billingsley: Viele Filme werden in Mexiko, Hawaii und Florida gedreht. Orte, die sehr lohnenswert sind. Aber dies war eine Möglichkeit, einen Ort auszuwählen, den noch niemand wirklich gesehen hat und der außergewöhnlich ist. Wir sahen uns alle möglichen Plätze an, machten Fotos und fanden genau die Farben, die wir haben wollten. Wir haben nichts digital bearbeitet. Die Farbe des Sandes, das Grün, es ist alles real. Dann fand ich heraus, dass seit einem Hurrikan von 1979 niemand mehr dort gedreht hatte. Das beunruhigte mich. Ich fragte mich, warum dort niemand mehr dreht? Klar, logistisch war es eine Herausforderung, aber meiner Meinung lohnenswert. Bora Bora wird quasi zu einem weiteren Charakter im Film.
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Peter Billingsley
Ricore: Haben Sie Probeaufnahmen gemacht?

Billingsley: Ja, wir haben einige gemacht. Manchmal ist es schwer, das einzufangen, was die Augen sehen.

Ricore: War der Aufenthalt so etwas wie Urlaub?

Billingsley: Es ist ein großartiger Ort. Aber niemand will jene Probleme hören, die man hat, wenn man auf Bora Bora dreht (lacht). Man wacht auf, kann ins Wasser springen und schwimmen. Die Landschaft ist unbeschreiblich. Klar haben wir hart gearbeitet, wir nahmen die Arbeit ernst. Aber nach der Arbeit gingen wir tauchen oder schwimmen. Man nennt Bora Bora nicht umsonst die Welthauptstadt der Flitterwochen.

Ricore: Sie haben also all die lustigen Sachen unternommen - bis auf die Paartherapie?

Billingsley: Ja (lacht). Ich bin mir aber sicher, das kann man dort auch machen, wenn man will.

Ricore: Betrachten Sie Paartherapie als Option für eine bessere Beziehung?

Billingsley: Ich denke, was immer den Leuten hilft, ist deren persönliche Entscheidung. Unsere Paartherapie ist bloß eine lustige Sichtweise. Das ist auch der Punkt der eröffnenden Titelsequenz, in der Paare gezeigt werden. Sie soll zeigen, dass wir alle denselben Tanz aufführen. Was mir daran gefällt, ist, dass deren Probleme zugänglich sind. Sie sind nicht hollywoodtypisch oder merkwürdig. Es geht um Treue und Untreue, Heiraten, Kinder kriegen, keine Zeit füreinander haben, Arbeit. Durch eine Midlife-Krise zu gehen, mit einer jüngeren Person zusammen sein zu wollen. Das sind alles Dinge, die wir Menschen durchmachen. Wir wollten das mit Eden, diesem verrückten Ort für Paare, auf eine lustige Weise erforschen.
Universal Pictures (UPI)
All inclusive
Ricore: Das Drehbuch stammt von Vince Vaughn und Jon Favreau, die auch die Produzenten des Films waren. Wie frei waren Sie, eigenen Ideen einzubringen?

Billingsley: Wir haben den Film lange vorbereitet. Die Zusammenarbeit mit Vince und Drehbuchautorin Dana Fox begann sehr früh. Mit Favreau auch, aber dann wurde "Iron Man", ein Film den wir vor zwei Jahren produziert hatten, so erfolgreich, dass bereits 14 Stunden nach der Premiere "Iron Man 2" angekündigt wurde. Also musste sich Jon darum kümmern und wir arbeiteten mit Vince und Dana Fox. Jeder hielt den jeweils anderen während der Arbeit auf dem Laufenden. Vince ist ein Autor, der ein gutes Gespür für Geschichten hat. Einiges arbeiteten wir erst vor Ort ein. Andauernd tauschten wir Ideen aus, auch am Set und im Schneideraum. Es herrschte großes Vertrauen zwischen uns, so dass wir Dinge einfach ausprobieren konnten.

Ricore: Was macht Vince zu einem so guten Freund für Sie?

Billingsley: Er ist - und das gibt es nicht oft in Hollywood - ein überaus loyaler Mensch. Es spielt keine Rolle, ob man gut oder schlecht drauf ist, wenn man ein Freund ist, bleibt man ein Freund. Es ist schön, so jemanden zu haben. Wir haben viel zusammengearbeitet und helfen einander. Es gibt meiner Meinung nach niemand, der ein besseres Gespür für Geschichten hat und witziger ist. Daher war die Voraussetzung für meine erste Regiearbeit ein Traum, weil ich alle vier Schauspieler kannte.

Ricore: Ist das der Grund, warum Sie immer zusammenarbeiten?

Billingsley: Es gibt viele Gründe. Wenn die Zusammenarbeit nicht gut laufen würde, müssten wir sagen: "Kumpel, ich liebe dich, aber das hier funktioniert nicht." (lacht) Wir haben eine ähnliche Sensibilität und Arbeitsmoral. Aber es gibt auch Dinge, die ich mehr mag als er und umgekehrt. Man will sich nicht in allem gleichen, sondern gegenseitig herausfordern. Genauso ist es bei ihm und Jon Favreau. Wenn sie spielen, herrscht eine großartige Chemie zwischen den beiden. Und manchmal kommt die beste Chemie zustande, wenn man verschieden ist.
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Peter Billingsley
Ricore: Haben Sie auch schon gegenteilige Erfahrungen gemacht?

Billingsley: Das kann passieren, aber in diesem Fall war es nicht so. Wenn man einen Film wie diesen hier macht, ist es vorteilhaft, sich gut zu verstehen. Mit den Mädels hatten wir zuvor noch nicht gearbeitet, aber sie sind sehr bodenständig. Es sind keine Sketch- oder Comedy-Darstellerinnen. Schauen sie sich zum Beispiel Malin Akermans Arbeit in "Watchmen - Die Wächter" und Kristin Davis in "Sex and the City" an. Oder auch Kristen Bell, die schon zahlreiche gute Rollen gespielt hat. Das sind alles bodenständige Mädels, die sehr gut rein passten. Die Chemie stimmte. Als wir am Drehort waren, war es fast so, als ob wir dort zusammen "alles inklusive" gehabt hätten. Denn das war auch die Idee dahinter.

Ricore: Jason Bateman kennen Sie auch schon seit Kindertagen…

Billingsley: Ja, wir hatten schon mal zusammengearbeitet. Er hat in "Unsere kleine Farm" mitgespielt und ich hatte darin einen Gastauftritt. Wie ich schon sagte: Wir kennen uns alle seit langer Zeit, und das ist gut.

Ricore: Haben Sie vor, in Zukunft wieder zu schauspielern?

Billingsley: Manchmal mache ich zum Spaß Cameo-Auftritte, wie in "Trennung mit Hindernissen" oder "Iron Man". Ja, vielleicht würde ich in der Richtung wieder mehr machen wollen. Es hat mir immer gefallen und es hat mir gut getan. Von vielen Kinderschauspielern hört man, dass sie nicht die besten Erfahrungen gemacht haben. Es kann ein herausforderndes Erlebnis sein, aber ich hatte eine tolle Familie. Auch Jason ist bereits lange dabei und das tut ihm gut, wie man sieht.

Ricore: Gibt es Schauspieler, mit denen Sie gerne mal zusammenarbeiten würden?

Billingsley: Da ich selbst ein Schauspieler bin, liebe ich Schauspieler. Es sind komplexe Leute, die ich wirklich mag (lacht). Daher arbeite ich immer wieder gerne mit neuen, talentierten Darstellern. Wir hatten das Glück, mit Leuten zu drehen, die wir wirklich haben wollten. Jean Reno war dabei von Anfang an die erste Wahl.

Ricore: Er ist sehr witzig.

Billingsley: Ja, das ist er. Und er spielt direkt. Es ist wichtig für ihn, das Ganze zu erden, weil es so absurd ist, was die Leute im Film machen. Daher brauchte man einen Typen im Mittelpunkt, der Gewicht hat. Das, was er macht ist absurd, aber für ihn ist es ernst.
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Peter Billingsley
Ricore: Die Geschichte ist sehr nah am Leben. Man hat das Gefühl, in das Schlafzimmer eines normalen Paares zu schauen. Wie viel aus Ihrem eigenen Leben steckt darin?

Billingsley: Ich denke, dass sich vieles aus dem Leben von uns allen wiederfindet. Vince und Jon begannen mit "Swingers". Sie sind jung, haben Spaß und jagen Frauen hinterher. Jetzt hat Jon drei Kinder und ist verheiratet. Vince bewegt sich auch auf diesen Lebensabschnitt zu. Die Arbeit wird zum Spiegel deiner selbst. Ich bin 38 und nicht verheiratet, aber wir hatten alle Beziehungen, um in der Lage zu sein, aus den Erfahrungen zu schöpfen und etwas darüber zu machen. Man lässt sich davon inspirieren, was man im Leben macht.

Ricore: Wie witzig sind Vince Vaughn und Jon Favreau im wahren Leben?

Billingsley: Vince ist sehr witzig. Er ist witzig, weil er die menschliche Natur versteht. Außerdem hört er zu. Das ist etwas, das beide gut können. Manchmal denken die Leute nur darüber nach, was sie sagen wollen, hören dem anderen aber nicht zu.

Ricore: In Hollywood sagen sie, man solle nie mit Kindern oder Tieren arbeiten. Genau das also, was Sie gemacht haben.

Billingsley: Ja, wir haben eine Menge Regeln gebrochen (lacht). Mir hat es als ehemaliger Kinderschauspieler Spaß gemacht, mit Kindern zu arbeiten. Sie sind wirklich gut und süß und haben ihren Job perfekt gemeistert. Das mit dem Wasser war schwierig. Ich erinnere mich an die Hai-Szene. Es sah so simpel aus, bloß ein kleines Boot mit ein paar Leuten. Aber wenn man auf dem Wasser dreht, muss man quasi das Meer einbauen. Als ich hunderte von Leuten dort sah, war es wie bei dieser Stadt auf dem Wasser bei "Waterworld" und ich dachte mir "Oh, mein Gott." Und alles bewegt sich. Man hat um die 19 Anker, um sich an einem Platz zu fixieren, aber es gelingt nicht. Das macht es zur Herausforderung. Aber es ist auch lustig. Manchmal hilft es dabei, zur Stimmung der Szene beizutragen.
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Das Team aus "All Inclusive"
Ricore: Sind Sie selbst auch mit Haien geschwommen?

Billingsley: Oh ja, ich würde nie etwas von den Schauspielern verlangen, wozu ich selbst nicht bereit wäre. Es ist eine ziemlich wilde Angelegenheit. Rochen waren auch dabei. Es ist unglaublich, ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen.

Ricore: Der Dreh klingt wie ein Urlaub mit Freunden. War es kein harter Job?

Billingsley: Jeder hatte Freizeit, da die Schauspieler verschiedene Szenen machten. Wir sprachen vorher mit jedem und sagten: "Schaut, es gibt hier keine Badezimmer." Niemand hatte einen Trailer. Wir sagten: "Es wird ziemlich hart werden und das Make-Up wird verlaufen. Stattdessen muss man hinter einen Busch. Doch wenn ihr das machen wollt, wird das eine ziemlich unglaubliche Erfahrung und eine Chance, einen tollen Film zu machen." Wenn man die Erwartungen frühzeitig senkt, kann man wenigstens sagen, dass man die Leute vorgewarnt hätte.

Ricore: Es gab am Set also keine Kämpfe?

Billingsley: Nein, zum Glück nicht. Ich war wahrscheinlich die größte Diva von allen (lacht). Die Leute waren locker und witzig. Der Verrückte war ich.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 5. November 2009
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All inclusive (Kinofilm)
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2024