20th Century Fox
Ryan Reynolds
Kann Ryan Reynolds auch böse?
Interview: Ich beiβe nicht
Sowohl das vorliegende Remake von "The Amityville Horror" als auch das Original aus dem Jahr 1979 basieren auf den wahren Erlebnissen von George und Kathy Lutz. Die Tatsache, dass die bizarren Ereignisse wirklich geschehen sind, machten den Film zu einem der schaurigsten Gruselgeschichten des Horrorgenres. Wir sprachen mit Hauptdarsteller Ryan Reynolds in Beverly Hills überrote Augen, Angst und den blanken Horror.
erschienen am 24. 04. 2005
20th Century Fox
Erstmals im Horrorfach: Ryan Reynolds
Ricore: Müssen wir jetzt Angst vor Ihnen haben?

Ryan Reynolds: Keine Ahnung, das ist allein Ihre Entscheidung. Aber ich verspreche - ich beiβe nicht und ersteche auch niemanden.

Ricore: Mit dem Wechsel ins Horrorfach haben Sie sich ziemlich verändert?

Reynolds: Horrorfilme sind total jenseits des Rollenspektrums, wofür ich bisher besetzt wurde.

Ricore: Mussten Sie für den Part vorsprechen?

Reynolds: Klar, auch wenn es ein Horrorfilm ist, sind doch ziemliche Qualitäten von den Schauspielern gefordert, für meine Rolle erforderte das die Darstellung eines fortlaufenden Prozesses, einer emotionalen Entwicklung, die in einer Katastrophe endet.

Ricore: Hat die Rolle des George Lutz Sie berührt?

Reynolds: Sie hat mich tief berührt, und ich habe das Gefühl, viel über mich gelernt zu haben. Meine bisherige Schauspielkarriere beruhte hauptsächlich darauf, dass ich meine freundlichen und leichten Seiten zeigte. Aber man kann nicht nur die hellen Seiten zeigen ohne auch die dunklen zu kennen. Ich bin mir viel klarer über meine Rolle geworden als jemand, der Leuten gefallen will, niemanden vor den Kopf stöβt oder jemanden spüren lässt, dass ich ärgerlich und böse bin. Ich musste erst mit dem Teil des Films klarkommen, in dem ich zum Bösewicht werde, der rund um die Uhr fies und gemein ist. Das war sehr neu für mich und somit eine echte Herausforderung als Darsteller. Es war aber auch nett und auf eine Art heilsam, weil ich diesen Teil von mir besser kennen gelernt und als Teil von mir akzeptiert habe.
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Der Wahnsinn fordert seinen Preis...
Ricore: Sind Sie ein Horrorfilm-Fan?

Reynolds: Ja und nein. Ich mag gut gemachte Filme, aber keine Splatterfilme, in dem Blut und Eingeweide herumspritzen. Aber andererseits fühlt man sich doch extrem lebendig, wenn man Angst eingejagt bekommt - von einem Film.

Ricore: Wann war das zuletzt?

Reynolds: Das war bei "The Others", ein schöner und immer wieder überraschender Film, da hat es mich ein paar Mal richtig kalt erwischt.

Ricore: Wie fanden Sie die Vorlage, Amityville Horror von 1979?

Reynolds: Ich habe groβen Respekt vor den Leuten, die den Film gemacht haben. Er war zu seiner Zeit ein Riesenerfolg. Allerdings ist er nicht gut gealtert und wird heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht, was Technik, Effekte und die Art des Geschichtenerzählens betrifft. Ich glaube, dass die Neuverfilmung der Geschichte gut tut, die immerhin eine der gröβten Spukgeschichten Amerikas ist. Meine Eltern erinnern sich noch gut an Ronald Defeo, der seine gesamte Familie umbrachte und an die Lutz Familie, die in das Haus einzog und es gerade 28 Tage aushielt, bevor sie es fluchtartig verlieβ. Das ganze Land war aufgewühlt davon.

Ricore: Wie haben Sie sich vorbereitet?

Reynolds: Ich habe das Buch von Jay Anson gelesen, der die Vorlage für Amityville Horror geliefert hat, und natürlich den Film gesehen. Ich habe auch kurzzeitig darüber nachgedacht, George Lutz zu treffen, der heute wohl in Dallas lebt. Ich war mir aber unsicher und auch die Produzenten haben abgeraten. Auβerdem hatte ich wenig Vorbereitungszeit zwischen zwei Filmprojekten und wollte nicht die reale Person eins zu eins auf meine Rolle übertragen. Es kann die Kreativität eines Schauspielers sehr beschränken, wenn er zu viel über die reale Person weiβ.
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Zweite Hauptrolle: Das Amityville-Haus
Ricore: Glauben Sie, dass es im Haus wirklich gespukt hat?

Reynolds: Das meiste kam mir vor wie Aberglauben. Mich hat primär der Charakter meiner Figur interessiert, viel mehr als die Spukgeschichte. Für mich war es wichtiger, tief in seine Psyche einzutauchen.

Ricore: Wissen Sie, was aus dem Original-Haus geworden ist?

Reynolds: Die typischen "Augenfenster" gibt es nicht mehr, wohl auch wegen der vielen Touristen, die das Haus regelrecht belagert haben und den neuen Bewohnern auf die Nerven gingen. Die Geschichte an sich wird aber heute immer noch heiβ diskutiert und ist nach 30 Jahren offensichtlich noch lebendig in den Köpfen der Menschen.

Ricore: Hatten Sie Albträume?

Reynolds: Eigentlich nicht, aber ich hatte Schlafstörungen, als wir anfingen zu drehen. Ich bin in der ersten Woche jeden Tag um 3.15 Uhr nachts aufgewacht, genau zu der Zeit, als die Defeo-Morde stattfanden. Ich versuche immer, eine praktische Erklärung zu finden, aber es war schon merkwürdig, um diese Zeit aufzuwachen und zu erwarten, dass die Wände anfangen zu bluten.

Ricore: Was war es für ein Gefühl, so mit den Kindern umzugehen?

Reynolds: Auch wenn ich mich jetzt anhöre wie ein Fiesling - es war bereichernd, ich hatte Spaβ dabei, ich liebte diese Arbeit. Natürlich ist es immer schwierig jemanden darzustellen, der physischen und emotionalen Missbrauch betreibt, das war hart. In einer Szene zwinge ich den ältesten Sohn Billy mir beim Holzhacken zu helfen, indem er den Klotz hält, während ich die Axt schwinge. Das ganze Team hat mitgelitten, und das Skriptgirl hat sogar geweint, so intensiv und bedrohlich war die Szene. Ich habe mich wirklich mies gefühlt und habe Jesse, den Billy-Darsteller, erst einmal in den Arm genommen, aber er war sehr robust und ausgeglichen. Ja, es war schon schwierig, den Kindern gegenüber dieser fiese Typ zu sein.
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Von den Emotionen des Films selbst überrascht: Reynolds
Ricore: Um das Haus herum gibt es riesige Stöβe mit Feuerholz.

Reynolds: Ich habe all dies Holz gehackt, da war niemand sonst, der das hätte tun können. Ich war einfach immer eine Stunde vor Drehbeginn da und habe Holz gehackt, auch als einen Teil meiner Vorbereitung.

Ricore: Sie haben vor ein paar Tagen den fertigen Film gesehen. Waren Sie überrascht?

Reynolds: Ja, ich war überrascht, dass die Emotionen so klar rauskommen. In einem Horrorfilm wie diesem erwartet man doch alle erdenklichen Schocks und Effekte. Hier kann man die Entwicklungen mitverfolgen - in George Lutz' Fall die von einem jovialen, liebevollen Mann zu jemandem, der völlig besessen ist. Es gibt ja im Wesentlichen zwei Gründe, einen Film zu machen: man will, dass der Film gut und erfolgreich ist, und dann hat man die Arbeit am Set mit der tagtäglichen Befriedigung, etwas geleistet zu haben. Mir hat beides gefallen, die Arbeit und das Resultat.

Ricore: Sie hatten dank ihren Schlafstörungen ganz rote Augen. Wie fühlten sich die Kontaktlinsen an?

Reynolds: Die habe ich gar nicht so viel getragen, eigentlich nur ein paar Mal. Es war schwer, sie einzusetzen, sie waren immerhin fast so groβ wie Suppenteller. An langen Drehtagen habe ich sie gar nicht mehr eingesetzt, so haben meine Augen getränt. Da habe ich dann manchmal mit Mentholkristallen nachgeholfen, die ich um die Augen gerieben habe. Nicht weniger unangenehm, aber die roten Augen mussten nun mal sein

Ricore: Wie geht es weiter mit Ihrer Karriere

Reynolds: Ich würde am liebsten eine Rolle in jeder Gattung spielen, die das Kino zu bieten hat. Bisher war ich typenmäβig auf romantische Komödien festgelegt, das wird sich jetzt hoffentlich ändern.
erschienen am 24. April 2005
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