Paramount Pictures
Hannah Herzsprung auf der Premiere von "Hell"
"Ich wollte unbedingt spielen"
Interview: Leidenschaftliche Hannah Herzsprung
Hannah Herzsprung erlebt die Hölle auf Erden. In ihrem neuen Film "Hell" gehört sie zu einer Gruppe von Überlebenden, die in einer postapokalyptischen Welt von Feinden gejagt werden. Während sie auf der Leinwand am Ende ihrer Kräfte ist, macht sie im Interview einen recht entspannten Eindruck. Funkelnde Augen bekommt die junge Schauspielerin vor allem dann, wenn sie über ihre Liebe zu ihrer Berufung spricht. Wie sie Filmreporter.de erzählt, hat sie dieser Leidenschaft wegen mal eine fragwürdige Entscheidung getroffen, die sie dank einer höllisch guten Leistung nicht bereute.
erschienen am 22. 09. 2011
Paramount Pictures
Hell - Die Sonne wird euch verbrennen
Ricore: Was dachten Sie, nachdem Sie das Drehbuch zu "Hell" gelesen haben?

Hannah Herzsprung: Ich habe gedacht 'Wow', was für ein großartiges Drehbuch - Bücher wie dieses liest man nicht allzu häufig. Es war fesselnd und spannend. Nach dem Lesen habe ich die Kurzfilme von Autor und Regisseur Tim Fehlbaum angesehen, die er an der Hochschule für Fernsehen und Film in München gedreht hat. Es war offensichtlich, dass er sich einem Genre gewidmet hat, dass in Deutschland nur sehr selten bedient wird. Beim Sehen der Kurzfilme wurde mir klar, dass er ein gutes Gefühl für Bilder, Licht und Spannung hat. Allerdings fragte ich mich auch, ob ich die Figur in "Hell" spielen könnte. Sie wird sehr ausführlich beschrieben, kommt aber mit wenigen Dialogen aus. Ich hatte Angst, nicht alle Feinheiten des Charakters vermitteln zu können. Vom fertigen Film bin ich allerdings sehr begeistert.

Ricore: Inwieweit war Ihre Rolle im Drehbuch ausgearbeitet?

Herzsprung: Die Figur wurde im Drehbuch bereits sehr präzise beschrieben. Außerdem habe ich mit Tim Fehlbaum darüber gesprochen, wie man in der beschriebenen Zeit lebt. Dem Regisseur war insbesondere die Darstellung der Bedrohung wichtig, in der sich die Charaktere schon lange befanden. Die Situationen, denen sich die Figuren in der Stadt ausgesetzt haben, waren schon sehr gefährlich. Der Film fängt nicht mit einer lockeren Atmosphäre an, sondern hat von Anfang an eine starke Grundspannung.

Ricore: Ihre Figur steht in der Tradition von Genre-Heldinnen wie Sigourney Weaver und Jodie Foster. Was halten Sie von diesem Vergleich?

Herzsprung: Das ist ein interessanter Vergleich, offen gesagt ist das Genre nicht gerade mein privat bevorzugtes aber denkt man an "Alien" oder "Das Schweigen der Lämmer" kann man schon sagen, das die Charaktere eine Ähnlichkeit haben: Alle haben einen unbändigen Antrieb in sich.
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Hannah Herzsprung in "Pink"
Ricore: Woran liegt es, dass Helden meist immer noch männlich und nicht weiblich sind?

Herzsprung: Puh, schwer zu sagen, ich glaube dafür gibt es diverse Gründe. Ich kann mir gut vorstellen, dass männliche Helden einfach besser angenommen werden - sowohl von Frauen, wie auch von Männern.

Ricore: Vor allem in Hollywood-Produktionen fällt auf, dass komplexe Frauen-Figuren in Genre-Filmen selten sind. Liegt es daran, dass es wenige Regisseurinnen gibt?

Herzsprung: Wenn man bedenkt, dass Hollywood eine reine Filmindustrie ist und wenn meine These zutrifft, dass männliche Helden von Frauen wie von Männern besser angenommen werden, ist es doch eine rein ökonomische Entscheidung, da mit männlichen Helden leichter Geld gemacht wird. Ich denke nicht, dass das eine Frage von weiblichen Regisseuren oder Drehbuchautoren ist.

Ricore: Es fällt auf, dass die meisten Regisseure männlich sind. Da ist die Gefahr, einer männlichen Perspektive schon groß.

Herzsprung: Ich denke, man sollte den männlichen - wie den weiblichen Regisseuren so viel Kreativität zusprechen, dass sie sich so weit ins fremde Geschlecht versetzen können. Nur weil ein Film emotional ist, ist er ja nicht gleich weiblich - wenn ein Film mit Aggressionen spielt, ist er nicht gleich männlich.

Ricore: Haben Sie Ambitionen in Hollywood zu drehen?

Herzsprung: Das sagt sich immer so leicht. Wenn sich mal die Möglichkeit ergeben sollte in einem Film mitzuspielen, der Hollywood erreicht, oder dort produziert wird, steht dem natürlich nichts im Weg. Ich liebe Herausforderungen und bin gespannt, wo mich meine Reise hinführt.
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Hannah Herzsprung als Häftling und musikalisches Talent
Ricore: Inwiefern hat "Vier Minuten" Ihre Karriere verändert?

Herzsprung: "Vier Minuten" war meine erste große Kino-Rolle. Das hat natürlich alles verändert und mir die Chance gegeben, die Arbeit die ich liebe, hauptberuflich auszuüben. Eine Figur wie in "Vier Minuten" ist sehr selten und bekommt man nicht jeden Tag angeboten.

Ricore: Hat sich Ihr Privatleben durch Ihren größeren Bekanntheitsgrad verändert?

Herzsprung: Ich meine nein.

Ricore: Hatten Sie nie die Befürchtung, in den Fokus der Boulevardmedien zu geraten?

Herzsprung: Ich glaube, man kommt nicht einfach so in den Fokus, da muss man sich schon ganz bewusst hin bewegen. Ich hatte daran nie Interesse.

Ricore: Stimmt es, dass Sie bezüglich des Klavierspielens in "Vier Minuten" gelogen haben?

Herzsprung: Das stimmt. Ich wollte diese Rolle unbedingt haben. Wenn ich etwas wirklich will, beiße ich mich fest und lasse so schnell nicht wieder los. Ich habe in dem Moment gar nicht wahrgenommen, wie wichtig es war, dass die Person, die die Figur im Film verkörpert, Klavier spielen kann. Ich war mir jedoch bewusst, dass ich das Klavierspiel irgendwie hinbekomme. Hätte ich schon früh gewusst, wie wichtig das Spielen ist, hätte ich mich vermutlich nicht getraut zu lügen.
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Glückliche Hannah Herzsprung im Drama "Pink"
Ricore: Wie hat der Regisseur reagiert, als er erfuhr, dass Sie nicht Klavier spielen können?

Herzsprung: Er hatte lange nach einem Mädchen gesucht und sich dann für mich entschieden. Da ich meine erste große Rolle spielte und gleich zu Beginn gelogen habe, stellte sich für ihn die Frage, inwiefern er mir vertrauen kann. Ich habe dann alles dafür getan, dass dieses Vertrauen wieder aufgebaut wird. Durch meine Anstrengungen hat der Regisseur gemerkt, wie sehr ich die Rolle will und dass ich nicht aus Faulheit log.

Ricore: Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für die Schauspielerei entdeckt?

Herzsprung: Ich glaube, diese Lust entstand, als bei uns im Haus ein Film gedreht wurde. Da ging es los, dass ich wirklich alles beobachtet habe und in mich aufsog, was die Leute da gerade machten. Die Arbeit der Schauspieler hat mich am meisten interessiert und beeindruckt.

Ricore: Wie ging es weiter?

Herzsprung: Ich wollte unbedingt spielen, hatte aber nicht die Möglichkeit dazu. Ich war bei vielen Castings, hatte aber keinen Erfolg. Eines war zum Glück dann doch noch erfolgreich. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, habe ich dann eine Rolle in einer Vorabendserie erhalten. In "Aus heiterem Himmel" habe ich richtig Feuer gefangen und gemerkt, dass mir der Job wirklich Spaß macht.

Ricore: Sie haben in Wien Kommunikationswissenschaften studiert. Wäre das ein Alternativplan, falls es nicht mehr mit der Schauspielerei funktioniert?

Herzsprung: Ich habe das Fach ja nicht zu Ende studiert. Aber ich möchte gar nicht darüber nachdenken, ob es eines Tages mit der Schauspielerei nicht mehr klappt. Wenn der Fall eintreten würde, bin ich mir aber sicher, dass ich etwas finden würde, was mich interessiert - in der Filmwelt gibt es so viel spannende Tätigkeiten, die man während der Dreharbeiten kennenlernt.
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Hannah Herzsprung in "Hell"
Ricore: Es muss sehr aufregend gewesen sein, mit 15 vor der Kamera zu stehen.

Herzsprung: Total. Ich weiß noch genau die Szene, die ich damals drehen musste. Ich saß den ganzen Tag am Set, musste warten und habe alles beobachtet. Ich war wirklich unglaublich aufgeregt. Das bin ich in den ersten Tagen von Drehs immer noch. Am Ende des Tages hatte ich dann eine Szene, in der ich ums Haus laufen und durchs Fenster gucken musste.

Ricore: Wie überwinden Sie Ihre Nervosität am Set?

Herzsprung: Ich nehme das gar nicht als unangenehm wahr. Die Nervosität ist ein guter Motor und treibt einen ganz gut an. Außerdem beobachtet man das Set dadurch am Anfang viel aufmerksamer.

Ricore: Welches Projekt steht bei Ihnen als nächstes an?

Herzsprung: Ich spiele in "Ludwig II." Kaiserin Elisabeth von Österreich.

Ricore: Können Sie bereits näheres verraten?

Herzsprung: Leider nicht [lacht].

Ricore: Viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 22. September 2011
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2024