Universal Pictures
Mark Wahlberg beim "Contraband"-Photocall in Berlin
Harter Kerl mit weichem Kern
Interview: Sanfter Held Mark Wahlberg
Er spielt gerne harte Kerle mit weichem Kern. Das liegt daran, dass Mark Wahlberg als Kind selbst gerne Filme schaute, in denen der Bösewicht immer ein Tick besser war als die anderen Schurken. Sicher hat seine Rollenauswahl auch damit zu tun, dass er als junger Mann selbst zwischen Gut und Böse pendelte - und dafür einen hohen Preis zahlte. Anlässlich seines Thrillers "Contraband" berichtet der 41-Jährige im Interview mit Filmreporter.de, wie er den Karrieresprung vom Kleinkriminellen zu einem der bestbezahlten Schauspieler Hollywoods geschafft hat.
erschienen am 14. 03. 2012
Universal Pictures
Contraband
Ricore: Herr Wahlberg, haben Sie sich die isländische Originalversion von "Contraband", "Reykjavík Rotterdam", angesehen?

Mark Wahlberg: Ja und ich liebte den Film so sehr, dass ich unbedingt die Rechte für eine Neuverfilmung haben wollte. Und ich wollte Baltasar Kormákur als Regisseur haben.

Ricore: Kormákur spielt im Original die Hauptrolle. Warum sollte er das Remake inszenieren?

Wahlberg: Ich habe seine anderen Filme gesehen und merkte, dass er sehr talentiert ist. Wir wollten einen Regisseur haben, der einen europäischen Sinn für Unabhängigkeit hat. Außerdem hat keiner seiner Filme mehr als drei Millionen US-Dollar gekostet. Wir dachten, wenn jemand mit so wenig Geld so gute Filme machen kann, was könnte er dann mit einem Budget von 20 Millionen US-Dollar anstellen. Dabei ist "Contraband" nach Hollywood-Maßstäben noch immer relativ kostengünstig geraten.

Ricore: Fiel es Ihnen schwer eine Rolle zu spielen, die der Regisseur im Original bereits gespielt hat?

Wahlberg: Nein, ich machte mir nur Sorgen, dass Baltasar meine Leistung mit seiner vergleichen würde. Das tat er aber nicht. Im Gegenteil, er hat mich dazu ermutigt, meine eigene Herangehensweise an die Rolle zu wagen.

Ricore: In "Contraband" spielen sie erneut einen harten Kerl mit einem weichen Kern. Dieser Rollentypus scheint Ihnen zu liegen.

Wahlberg: Das liegt daran, dass ich als Jugendlicher mit meinem Vater am liebsten Filme mit solchen Charakteren schaute. Ich mochte schon immer der Typus Bösewicht, der nicht ganz so verkommen und schlecht ist, wie die anderen Schurken. Der erste Film, den ich im Kino gesehen habe, war "Ein stahlharter Mann" mit Charles Bronson und James Coburn. Außerdem liebte ich die Filme von Steve McQueen.

Ricore: Haben Sie sich früher auch als einen solchen Menschen betrachtet?

Wahlberg: Bis zu einem bestimmten Grad ja. In der Welt, in der ich aufgewachsen bin, hieß es entweder überleben oder nicht. Meine Eltern mussten beide sehr hart arbeiten, um genug Essen auf den Tisch zu kriegen. Und das inmitten Hollywoods.
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Mark Wahlberg in "Contraband"
Ricore: Wie haben Sie es geschafft, dieser Welt zu entkommen?

Wahlberg: Sicher hat mir mein Gefängnisaufenthalt die Augen geöffnet. Wenn diese Erfahrung einen Menschen nicht dazu bringt, sein Leben von Grund auf zu ändern, dann ist er verloren.

Ricore: Woher nahmen Sie die Energie dafür?

Wahlberg: Die hatte ich einfach durch das Verlangen, Erfolg zu haben. Einige der erfolgreichsten Menschen sind deshalb erfolgreich, weil sie sich durch harte Arbeit aus einer schweren Situation befreit haben.

Ricore: Kann man mit der Vergangenheit komplett abschließen?

Wahlberg: Ja, das ist möglich. Trotzdem bereue ich nicht, diese Lebenserfahrung gemacht zu haben. Sei es auch nur, weil sie mir als Quelle für meine Arbeit dient. Vor allem betrachte ich sie als Warnung, dass mein Erfolg jederzeit zu Ende gehen und ich wieder dort landen kann, wo ich war.

Ricore: Wie betrachten Sie heute Ihre Zeit als Marky Mark?

Wahlberg: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Es war eine sehr interessante Erfahrung (lacht). Sie verfolgt mich übrigens bis heute. Gerade hatte ich ein Interview mit einem Journalisten, der mit einer meiner alten CDs auftauchte und mit mir unbedingt über diese Zeit reden wollte. Das finde ich nicht schlimm. Früher mochte ich nicht über dieses Thema sprechen. Das liegt daran, dass ich nicht mit der Vergangenheit konfrontiert, sondern als Schauspieler ernst genommen werden wollte. Heute bin ich von diesem Lebensabschnitt weit genug entfernt, dass es mir nichts ausmacht, mich erneut damit auseinanderzusetzen.
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Boogie Nights
Ricore: Wann haben Sie sich zum ersten Mal als Schauspieler wahrgenommen?

Wahlberg: Ich habe die Schauspielerei von Anfang an ernst genommen. Ich wusste, dass es das ist, was ich machen will. Ich wollte in dem Job gut und erfolgreich sein, wusste aber auch, dass es ein langer und steiniger Weg sein würde.

Ricore: Dabei war "Boogie Nights" sicher ein Meilenstein für Ihre Karriere, nicht?

Wahlberg: Ja, dieser Film war entscheidend für meine Laufbahn als Schauspieler. Auch weil ich zum ersten Mal eine Rolle spielte, in der ich mich nicht unbedingt wohl fühlte. Zuvor hatte ich in "Jim Carroll - In den Straßen von New York" und "Fear - Wenn Liebe Angst macht" Figuren verkörpert, die auch Männer aus meiner ehemaligen Nachbarschaft cool fanden. In "Boogie Nights" spielte ich dagegen einen sensiblen und unschuldigen Charakter. Dennoch bin ich froh, dass ich diese Rolle angenommen habe. Sie wurde zum Türöffner für andere großartige Projekte.

Ricore: Wieso haben Sie Ihre Musikkarriere aufgegeben? Sie hätten doch neben der Schauspielerei weiter Musik machen können.

Wahlberg: Ich wollte nicht beides parallel machen. Es ist sehr schwer, Musik und Schauspielerei unter einen Hut zu kriegen. Als ich die Schauspielerei für mich entdeckte, wusste ich, dass ich nichts anderes machen will.

Ricore: Sie könnten in Musicalfilmen mitspielen. Damit könnten Sie beide Bereich abdecken.

Wahlberg: (lacht). Leider mag ich keine Musicals. Vor kurzem musste ich für meinen nächsten Film "Ted" von Seth MacFarlane singen und tanzen. Ich hasste es, auch wenn ich den Film super und sehr lustig finde.

Ricore: Seit geraumer Zeit sind Sie auch als Produzent tätig. Hat diese Funktion Ihre Sicht auf die Schauspielerei verändert?

Wahlberg: Ich versuche, mit derselben Einstellung an die Schauspielerei heranzugehen und bereite mich auf meine Rollen genauso akribisch vor wie früher. In meiner Rolle als Produzent habe ich jedoch gelernt, dass Filme von vielen Faktoren abhängig sind. Es braucht nicht nur viele talentierte Menschen, um einen guten Film zu machen. Hinter einer Produktion steckt auch viel Geld, um sie erst ins Rollen zu bringen.
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Baltasar Kormákur am Set von "Contraband"
Ricore: Haben Sie als Produzent mehr Kontrolle über Ihre Rollenauswahl?

Wahlberg: Nicht nur über meine Rollenauswahl, sondern über das gesamte Filmprojekt. Als Produzent steht nicht nur mein Name über dem Titel, ich muss auch durch die Welt reisen und den Film vermarkten. Wenn er scheitert, kann ich allerdings niemand anders die Schuld geben als mir. Umgekehrt ernte ich die Lorbeeren, wenn er ein Erfolg wird.

Ricore: Könnte eine Regiearbeit der nächste Schritt Ihrer Karriere sein?

Wahlberg: Ja, das würde ich gerne tun. Ich müsste allerdings den richtigen Stoff dafür finden. Es ist eine sehr zeitaufwendige Arbeit, die mich aber durchaus reizen würde.

Ricore: Baltasar Kormákur und Sie haben bereits das nächste Projekt am Start. Worum handelt es sich dabei?

Wahlberg: Der Film heißt "2 Guns" und ist eine Actionkomödie im Stil von "Lethal Weapon - Zwei stahlharte Profis". Denzel Washington und ich spielen darin zwei Typen, die sich gegenseitig umbringen wollen, sich dann aber gegenseitig helfen müssen, weil der Rest der Welt ihnen an den Kragen will. Die Dreharbeiten werden voraussichtlich im Juni dieses Jahres beginnen.

Ricore: Sie sagten einmal, dass sie mit 40 Jahren Ihre Karriere aufgeben und stattdessen Golf spielen wollen. Sie sind im Moment dick im Geschäft. Offenbar haben Sie Ihre Meinung geändert.

Wahlberg: Das liegt daran, dass mein Golfspiel grottenschlecht ist (lacht). Nein, das war eher ein Scherz, den jemand etwas zu ernst genommen hat.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch
erschienen am 14. März 2012
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2024