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Jude Law auf der Berlinalepremiere "Side Effects - Tödliche Nebenwirkungen"
Unwägbarkeit des Lebens
Interview: Selbstbewusster Jude Laws
Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Jude Law! Der britische Schauspieler schlüpft in "Side Effects - Tödliche Nebenwirkungen" in die Rolle eines Psychiaters, der Medikamente mit ungeahnten Nebenwirkungen verschreibt. Als diese zu einem Todesfall führen, steht Dr. Jonathan Banks kurz vor dem Ruin. Im Interview mit Filmreporter.de berichtet Law, wie er mit Tiefschlägen in seinem Leben umgeht. Außerdem erzählt der 40-Jährige von seine neuen Leidenschaft, dem Klavierspielen und wundert sich, dass er noch immer als Sex-Symbol gilt.
erschienen am 24. 04. 2013
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Jude Law bei seinen Fans auf der Berlinalepremiere
Ricore: Wie realistisch ist es, dass ein Mann es in einem Machtkampf gleich mit zwei klugen Frauen aufnehmen kann?

Law: Das ist eigentlich nicht möglich (lacht)!

Ricore: Gab es schon einmal eine Situation, in der Sie von einer Frau überlistet wurden?

Law: Ja, das kam schon einige Male vor, aber das möchte ich hier nicht ausführen (lacht).

Ricore: Der Film hat einige überraschende Wendungen. Haben Sie von diesen gewusst, bevor Sie sich auf die Rolle vorbereitet haben?

Law: Ich machte mit dem Drehbuch die gleiche Erfahrung wie der Kinozuschauer. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt und war von den Wendungen überrascht. Ich fragte Steven, ob mein Charakter ein guter oder böser sei. Er antwortete nur: 'ganz genau'.

Ricore: Hat der Film nicht die eine oder andere Wendung zu viel?

Law: Diese Art von Erzählen war eine Zeit lang in der Filmbranche sehr beliebt. Dann wurden solche Filme nicht mehr gemacht. Ich finde es toll, dass Steven das wieder aufgenommen hat. Als Zuschauer glaubt man zunächst, es geht um Kritik an der Pharmaindustrie. dann passiert etwas ganz anderes.

Ricore: Sie spielen einen Psychiater. Haben Sie für Ihre Rolle recherchiert?

Law: Ich habe das eine oder andere recherchiert. Meiner Meinung nach recherchieren wir Schauspieler heutzutage viel zu viel. Es geht oft nach dem Motto: 'Ich hab' mir meinen Arm abgeschnitten, für Monate im Dschungel gelebt und meinen Urin getrunken, um mich auf die Rolle vorzubereiten'. Natürlich musste ich mich für "Side Effects" über einiges informieren. Ich hatte nie etwas mit der Pharma-Industrie zu tun. Ich bin in einem Haushalt groß geworden, in dem man nicht einmal Tabletten bei Kopfschmerz eingenommen hat. Zwar war ich schon mal bei einem Psychiater, aber nie speziell wegen Recherche zu einer Rolle. Um die Prozesse zu verstehen, musste ich mich schon dazu kundig machen.

Ricore: Haben Sie in Ihrer Umgebung oder selbst schon einmal Erfahrungen mit Depressionen gemacht?

Law: Nein, da war nichts, wofür ich Hilfe von außen gebraucht hätte. Ich bin niemand, der vor Gefühlen Angst hat. Ich bin mit dem Wissen aufgewachsen, dass Tiefs genauso wichtig sind wie Hochs. Immer dasselbe zu fühlen wäre für mich uninteressant. Meine Vater sagte immer: 'Wenn du eine Strecke entlangfährst, ist es gut, wenn es auf und ab geht'. Ich denke, das ist eine schöne Gleichung für das Leben.
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Side Effects - Tödliche Nebenwirkungen
Ricore: Wie gehen Sie mit Tiefschlägen in Ihrem Leben um?

Law: Muhammad Ali sagte einmal: 'Wenn du ausgeknockt wirst, fühlst du dich wie in einem stockdunklen Raum. Du kannst entweder Panik bekommen und wirst niemals herausfinden. Oder du weißt wo du bist, stehst auf, tastest dich weiter bis zur Tür und öffnest sie wieder. Das ist ein guter Leitfaden, wenn man sich schlecht fühlt. Etwas anderes ist es bei echten Depressionen. Ich kenne Leute, die darunter leiden. Das hört sich jetzt langweilig an. Aber mir hilft bei Verstimmungen Bewegung. Zum Beispiel laufen oder klettern. Irgendetwas, das dich vom Denken ablenkt.

Ricore: Klettern kann aber auch gefährlich sein.

Law: Wenn man mit den richtigen Leuten klettert und sich gut vorbereitet, ist es nicht gefährlich. Der spannendste Kletterausflug war auf der Ada Rondax im Hinterland New Yorks.

Ricore: Es gibt eine Szene, in der Ihr Charakter verurteilt wird, weil er aus Großbritannien kommt. Bekommt man als Engländer mehr Rollenangebote, die auf seine Nationalität zugeschnitten sind?

Law: Es liegt in der Natur der Filmindustrie, dass man als Schauspieler verschiedene Kapitel durchlaufen muss. Man kann hip und angesagt sein und im nächsten Moment darf man gar keinen Film mehr machen. Was und mit wem man arbeitet, ist nie konstant. Egal ob man aus England, Australien, Deutschland oder Südamerika kommt. Wenn man für alles offen ist, bekommt man mehr angeboten. Als ich in meinen 30ern war, glaubten die Leute, ich sei Amerikaner, denn ich spielte viele amerikanische Rollen. In letzter Zeit spiele ich meist englische Charaktere. Obwohl mein eigentliches Zuhause London ist, fühle ich mich auch in Amerika sehr willkommen und wohl. Als sich das Drehbuch von "Side Effects" noch im Anfangsstadium befand, war mein Charakter als Amerikaner gedacht. Steve war begeistert von der Idee, einen Engländer aus Dr. Jonathan Banks zu machen.

Ricore: Im Film heißt es, dass man in den USA anders mit Psychotherapien umgeht als in England. Ist das so?

Law: Es heißt, in England gilt man als krank, wenn man zu einem Psychiater geht. In den USA ist es normal, einen Spezialisten aufzusuchen, um sich emotional besser zu fühlen. Natürlich ist das ein Klischee. Aber niemand kann sagen, was besser und was schlechter ist. Kritisch wird es, wenn die Menschen sich zu sehr an Psychotherapien gewöhnen und nur darauf bauen. Ich kann trotzdem nicht sagen, ob Amerikaner mehr an Psychotherapien glauben als wir Europäer. Das weiß ich einfach nicht.

Ricore: Ihr Charakter ist so in seine Arbeit vertieft, dass er in einer Szene vergisst, sein Kind von der Schule zu holen. Ist Ihnen so etwas Ähnliches auch schon einmal passiert?

Law: Nein, noch nie.
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Jude Law in "Side Effects - Tödliche Nebenwirkungen"
Ricore: Stimmt es, dass Sie Klavier spielen?

Law: Ich lerne es gerade. Es ist eines meiner Ziele, seit ich 40 bin. Aber bis jetzt beherrsche ich es noch nicht.

Ricore: Frauen lieben Männer, die Klavier spielen können.

Law: Ich dachte, das ist die Gitarre (lacht). In Deutschland sind also Klavierspieler beliebt. Ich liebe die Idee, wenn man auf einer Party ist und sich ans Piano setzt, um zu spielen. Die Vorstellung, dass ich derjenige sein könnte, ist einfach fantastisch.

Ricore: Was ist der erste Song, den Sie beherrschen wollen?

Law: Vielleicht etwas von Tom Waits. Ich liebe seine Lieder.

Ricore: Sie haben noch immer das Image eines Sex-Symbols. Wie gehen Sie damit um?

Law: Ich liebe es (lacht). Nein, ich habe keine Ahnung. Ich höre diese Frage seit 20 Jahren und weiß noch immer nicht, was ich darauf antworten soll (lacht). Ich nehme das eigentlich nicht ernst. In meinem Privatleben werde ich nicht als Sex-Symbol behandelt. Dieses Image entwickelte sich vielleicht durch frühere Rollen. Heute hoffe ich, dass ich mehr als das bin. Andererseits: Wenn man älter wird, die Haare langsam verliert, etwas zulegt und die Leute noch immer meinen, man sei ein Sex-Symbol, dann sollte man sich darüber nicht beschweren (lacht).

Ricore: Was ist Ihr Geheimnis, um in Form zu bleiben?

Law: Guter Whisky (lacht). Nein ich spaße nur. Wenn man sich innerlich wohl fühlt, trägt man das auch nach außen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 24. April 2013
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2024