20th Century Fox
Cate Blanchet, Premiere Tagebuch eines Skandals (Berlinale 2007)
Cate Blanchett zum Oscar
Interview: Rollen ablehnen?
Nach der Auszeichnung mit dem Oscar befindet sich die Australierin Cate Blanchett auf dem Höhepunkt ihrer Karriere: Mit "Babel" kassiert sie zahlreiche Auszeichnungen, für Steven Soderbergh spielt sie in "The Good German" eine desillusionierte Frau im Nachkriegsdeutschland und in "Tagebuch eines Skandals" hat sie als Lehrerin eine verhängnisvolle Affäre mit einem ihrer Schüler. In Berlin unterhielten wir uns mit der 37-Jährigen, warum sie trotz vollen Terminplans nun auch noch als Theaterintendantin arbeiten möchte.
erschienen am 17. 03. 2007
Warner Bros
Blanchet stellte in Berlin auch "The Good German" vor (Berlinale 2007)
Ricore: Mrs. Blanchett, bei all Ihren Filmen stellt sich die Frage: Ist Ihnen Ihr Privatleben zu langweilig?

Cate Blanchett: (lacht) Nein, aber würden Sie es wagen, auch nur eine von diesen drei Rollen abzulehnen? Ich hatte eine sechsmonatige Pause bevor "Babel" an mich herangetragen wurde. Die Vorstellung, drei Wochen in Marokko mit Alejandro González Inárritu, Brad Pitt und einem großartigen Drehbuch zu verbringen, war einfach zu verlockend. Die Angebote zu "Tagebuch eines Skandals" und "The Good German" kamen dann etwa zur selben Zeit, und anfangs sah es so aus, als ob ich mich zwischen den beiden Filmen entscheiden müsste. Aber schließlich konnten die Dreharbeiten der beiden Filme doch so gelegt werden, dass ich an einem Freitag mit "Tagebuch eines Skandals" aufhörte und am darauf folgenden Montag mit "The Good German" wieder von neuem begann. Ja, es war stressig, ja, es war eine intensive Zeit. Aber ablehnen konnte ich einfach nicht.

Ricore: Nach Katharine Hepburn in "Aviator" und Ihrer jetzigen Rolle in "The Good German" liegt die Vermutung nahe, dass Sie sich als Schauspielerin in vergangenen Epochen sehr aufgehoben fühlen. Liegen wir damit richtig?

Blanchett: Es ist einfach eine andere Herangehensweise, die sehr reizvoll ist. Im Vergleich zum modernen Schauspiel muss man ganz anders mit der Kamera umgehen. Es ist mehr theatralisch und hinsichtlich der Emotionen sehr melodramatisch. Zur Vorbereitung für meine Rolle als Katharine Hepburn halfen ihre alten Filme, dieses Mal hat mich Steven Soderbergh mit allen möglichen Recherchequellen ausgestattet. Die Vorbereitung gehört zu den interessantesten Momenten meiner Arbeit.
20th Century Fox
Cate Blanchet in "Tagebuch eines Skandals"
Ricore: In "The Good German" sprechen Sie einige Sätze auf Deutsch. Wie schwierig fiel Ihnen die Aussprache?

Blanchett: Ich mag an der deutschen Sprache die Länge der Worte und die etlichen Tonlagenänderungen, die man bei der Aussprache immer durchmacht. Natürlich ist die Sprache sehr schwer zu lernen, aber eine Frau zu spielen, für die es angeblich die Muttersprache sein soll, ist fast unmöglich.

Ricore: Wie haben Sie es angestellt?

Blanchett: Ich bin die englische Übersetzung meines Textes Wort für Wort nach den einzelnen Bedeutungen durchgegangen. Außerdem hat mir der deutsche Schauspieler Christian Oliver sehr geholfen, mit dem ich in dem Film einige gemeinsame Szenen habe.

Ricore: Haben Sie denn nach den Dreharbeiten irgendetwas von unserer Sprache behalten?

Blanchett: (auf deutsch) Nein. Um eine fremde Sprache fließend zu sprechen, gehört eine große Portion Selbstvertrauen dazu. Und das habe ich nicht unbedingt.
20th Century Fox
Cate Blanchet: Premiere zu "Tagebuch eines Skandals" (Berlinale 2007)
Ricore: Hat Ihnen der Oscar vor zwei Jahren nicht mehr Selbstvertrauen gegeben?

Blanchett: Wenn man den Oscar bekommt, hat man irgendwie das Gefühl, dass eine Etappe des Lebens zu Ende gegangen ist. Die große Aufgabe danach ist, weiterzumachen, weiter zu wachsen. Ich fühle mich nach der Auszeichnung aber sehr relaxt.

Ricore: Sie haben im vergangenen November nun auch Ihr Theaterregiedebüt gefeiert. Wie kam es dazu?

Blanchett: Es fühlte sich für mich an wie der logisch nächste Schritt meiner Karriere. Es war eine Erleichterung, mal nicht spielen zu müssen, sondern auf der anderen Seite zu sitzen und die Anweisungen zu geben.

Ricore: Daher auch der Schritt, gemeinsam mit Ihrem Mann, dem Drehbuchautor Andrew Upton, die Intendantenstelle der Sydney Theatre Company zu übernehmen?

Blanchett: Genau. Ich kehre damit an den Ort zurück, an dem ich meine Karriere begonnen habe. Es war ein außergewöhnliches Angebot, das uns beide kreativ extrem voranbringt.
Warner Bros.
Rolle bei Filmwahl nur sekundär: Wichtiger ist Blanchet Drehbuch und Regisseur
Ricore: Aber Sie wohnen doch eigentlich in England?

Blanchett: Wir waren die letzten acht Jahre in England, das ist richtig. Zwar sind wir auch während dieser Zeit immer regelmäßig in Australien gewesen, aber nun gehen wir wegen des Auftrags ganz zurück. Wir sind gerade dabei, wieder nach Sydney zu ziehen.

Ricore: Was bedeutet dieses sicher sehr zeitaufwendige Amt für Ihre Schauspielkarriere?

Blanchett: Ich bin mir bewusst, dass ich mich damit auf eine längerfristige Aufgabe eingelassen habe, denn Veränderungen können nicht von heute auf morgen fruchten. Deshalb habe ich in meinem Vertrag eine Klausel einbauen lassen, die mir das Recht einräumt, mir für meine Filmrollen eine kreative Auszeit zu nehmen. Für mich stellte sich die Frage auch gar nicht, den Posten abzulehnen. Das ist, wie wenn man einem männlichen Schauspieler anbietet, Bob Dylan zu verkörpern. So etwas muss man einfach annehmen.

Ricore: Gibt es eine Rolle, bei der Sie partout nicht nein sagen könnten?

Blanchett: Die Art der Rolle spielt bei meiner Filmwahl eigentlich nur sekundär eine Rolle. Wichtiger sind das Drehbuch, der Regisseur und die Kollegen. Was ich letztlich spiele, ist mir bei der richtigen Mixtur der Leute herzlich egal.
erschienen am 17. März 2007
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