Universum Film
Átame! - Fessle mich!

Fessle mich!

Originaltitel
Átame!
Alternativ
¡Átame!
Regie
Pedro Almodóvar
Darsteller
Juana Cordero, Virginia Díez, Francisca Caballero, Francisca Pajuelo, Víctor Coyote, Carlos García Cambero
Kinostart:
Deutschland, am 16.08.1990 bei Concorde Filmverleih
Genre
Drama
Land
Spanien
Jahr
1989
FSK
ab 16 Jahren
Länge
102 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
10,0 (1 User)
Almodóvar macht Widersprüchlichkeit zum Konzept
Der 23-jährige Ricky (Antonio Banderas) ist gerade erst aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen worden und macht sich sofort auf die Suche nach Marina (Victoria Abril). Er hat mit der Schauspielerin vor Monaten einmal geschlafen und sich dabei in sie verliebt. Nun will er sie heiraten. Er findet die Ex-Pornodarstellerin auf Anhieb und folgt ihr nach Hause, wo er sie brutal überfällt. Sein Plan ist, mit Marina eine Familie zu gründen. Die Tatsache, dass seine Angebetete von dieser Idee weniger hält, hat der naive Ricky bereits einkalkuliert und es scheint ihn nicht weiter zu stören. Sie bleibt einfach so lange ans Bett gefesselt, bis sie ihn schätzen und lieben lernt, so seine simple und brutale Idee. Derweil vermisst Marinas Regisseur Maximo (Francisco Rabal) seine Hauptdarstellerin, weil diese nicht wie vereinbart zum Dreh erscheint. Doch Marina fehlt ihm nicht nur in beruflicher Hinsicht. Denn ihre Schwester Lola (Loles León) dient dem Regisseur nur ansatzweise als Projektionsfläche für seine sexuellen Gedanken. Marina war dafür viel besser geeignet.
"Fessle mich!" ist ein verstörender Film, der Fragen offen lässt - nicht was die Handlung anbelangt, sondern die Aussage. Das beginnt schon mit der Idee, einen Menschen erfolgreich zur Liebe zwingen zu können. Diese Idee ist das Leitmotiv nicht nur von Ricky sondern des gesamten Films. Das ist an Absurdität schwer zu überbieten. Doch gerade daraus zieht Pedro Almodóvars Satire ihren ganz eigenen Humor. Wenn Ricky seiner Angebeteten brutal mit der Faust einen Zahn ausschlägt ist das für den Zuschauer sehr verstörend. Ihr danach mit einer Schachtel Pralinen imponieren zu wollen um sie kurze Zeit später wieder mit dem Tod zu bedrohen, beschreibt seine Figur relativ präzise. Ricky will sein an sich hehres Ziel, Marina zu ehren und zu lieben, mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf deren Willen erreichen. Dabei lässt Almodóvar den brutalen psychisch Kranken auch noch zum Sympathieträger des Films werden - was endgültig zu Verwirrung führt. Das gelingt durch den kindlichen Charakter der Rolle. Antonio Banderas spielt diese Naivität fantastisch. Nur durch seine Fähigkeiten ist es möglich, den widersprüchlichen Charakter glaubhaft sympathisch zu zeichnen. Nicht umsonst feierte Banderas kurze Zeit nach der Zusammenarbeit mit Almodóvar seinen internationalen Durchbruch.

Licht und Schatten gibt es auch in den sexuellen, fast pornografischen Momenten des Films. Die explizite Sexszene zwischen Ricky und Marina wirkt sehr authentisch - ganz im Gegensatz zu den überästhetisierten Liebesszenen, die man aus Hollywoodproduktionen kennt. Regisseur Elia Kazan bezeichnete diese als beste Sexszene, die er je gesehen hätte. Als negatives Beispiel ist die Szene der badenden Marina zu nennen. Vollkommen zusammenhangslos und ohne dass es für die Figur oder die Handlung vonnöten wäre, masturbiert diese mit einem Spielzeug. "Átame!" ist sehr trashig, weiß aber immer wieder durch intelligente Momente zu gefallen. Damit setzt sich die Widersprüchlichkeit der Charaktere und der Motive auch auf dieser Ebene fort.
Jassien Kelm/Filmreporter.de
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Átame! - Fessle mich!
2024