Kinowelt
Schneeland

Schneeland

Originaltitel
Schneeland
Regie
Hans W. Geißendörfer
Darsteller
Beate Abraham, Brigitte Annessy, Richard Waler, Alexander Sandberg, Per Andres Hippe, Hedwig Mispelaere
Kinostart:
Deutschland, am 20.01.2005 bei Kinowelt Filmverleih
Genre
Romanze
Land
Deutschland
Jahr
2004
FSK
ab 12 Jahren
Länge
145 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
10,0 (3 User)
Melancholische Drama vom Lindenstraßen-Regisseur
Es ist Winter. Es schneit. Es ist eiskalt. Elisabeth (Maria Schrader) verliert ihren Mann Ingmar (Martin Feifel) bei einem Autounfall. Sie flieht in die weite Schneelandschaft Lapplands mit dem Ziel, dem Geliebten in den Tod zu folgen. Auf ihrer Flucht vor dem Leben entdeckt sie auf einem abgelegenen Gutshof die Leiche einer alten Frau. Völlig erschöpft sucht Elisabeth Unterschlupf in deren verlassenen Haus. Abgeschieden von der Außenwelt taucht sie in die dramatische Liebes- und Lebensgeschichte der unbekannten Toten.

Sie entdeckt die Geschichte einer außergewöhnlichen und intensiven Liebesbeziehung zwischen Ina (Julia Jentsch) und Aaron (Thomas Kretschmann). Nachdem Inas Mutter gestorben ist, wird sie von ihrem übermächtigen Vater (Ulrich Mühe) nicht mehr nur geschlagen, sondern zudem sexuell missbraucht. Sie flüchtet sich in die Weite Lapplands. Wie sie ihrer Mutter an deren Grab erzählt, ist nur ihr Körper in dem Haus bei ihrem tyrannischen Vater, ihr Geist ist frei und fliegt davon. Eines Tages begegnet sie dem Pferdehirten Aaron. Sie verlieben sich leidenschaftlich. Bei Aaron ist Ina glücklich. Sie vergisst ihren gezeichneten Körper und kann loslassen. Die beiden Liebenden beschließen zu heiraten. Doch der Vater will die Tochter nicht gehen lassen. Die Situation droht zu eskalieren.
Hans-Werner Geißendörfers erster Spielfilm seit über zehn Jahren beinhaltet eine sehr komplexe Geschichte. Als Vorlage diente dem Lindenstraßen-Regisseur der gleichnamige Roman der schwedischen Autorin Elisabeth Rynell. Die Geschichte springt zwischen zwei Erzählsträngen hin und her und umfasst fast ein ganzes Jahrhundert. Die Schriftstellerin Elisabeth hat durch den Tod ihres Mannes den Lebenswillen verloren. Allein in dem Bauernhaus rekonstruiert sie Inas Lebensgeschichte aus deren Papieren und Aufzeichnungen und schreibt sie auf.

Die Schicksale der beiden Frauen werden miteinander verknüpft, obwohl die sich zu Lebzeiten nicht kannten. Elisabeth schöpft aus Inas Erfahrungen neue Lebenskraft und findet den Weg in ihr normales Leben zurück. Sie ist die zentrale Figur in dem bedeutungsschweren Melodram. Abgeschieden von der Außenwelt muss sie die Tyrannei ihres Vaters tagtäglich über sich ergehen lassen. Erst durch den Pferdehirten Aaron lernt sie sich einem anderen Menschen zu öffnen, bisher gelang ihr das nur bei ihrer verstorbenen Mutter. Die Erfahrung endlich geliebt zu werden, schildert Geißendörfer mit eindringlicher Intensität - Inas Sehnsucht nach Liebe ist fast greifbar. Besonders beeindruckend ist die darstellerische Leistung von Ulrich Mühe. Als buckliger, gewalttätiger Vater erfüllt er die Leinwand mit schmerzhafter Intensität. Seine physischen und psychischen Grausamkeiten zeigt Geißendörfer in aller Deutlichkeit. Sowohl in den Inzestszenen als auch in den Liebesszenen zwischen Ina und Aaron scheut Geißendörfer nicht vor der unverblühten Ansicht der Tatsachen, wahrt jedoch trotzdem immer den Diskretionsabstand.

Die Gefühle der Protagonisten sind spürbar, obwohl die Kamera ihnen nicht überall hin folgt. Die verzweifelten Szenen zwischen Vater und Tochter sind zweifelsohne die stärksten des ganzen Dramas, wobei Julia Jentsch den tief empfundenen Hass gegenüber ihrem Vater genauso überzeugend spielt wie ihre bedingungslose Liebe zu Aaron.
Birgit Deiterding/Filmreporter.de
Schattenseiten der Liebe
"Schneeland" ist Hans-Werner Geißendörfer erster Spielfilm seit...
2024