Freunde der Deutschen Kinemathek
WR - Mysterien des Organismus

W.R. - Die Mysterien des Organismus

Originaltitel
W.R. - Misterije organizma
Alternativ
WR - Mysterien des Organismus (Schreibweise)
Regie
Dusan Makavejev
Darsteller
Wilhelm Reich, Nancy Godfrey, Mikheil Gelovani, Betty Dodson, Jim Buckley, Nikola Milic
Kinostart:
Deutschland, am 30.06.1972 bei Freunde der Deutschen Kinemathek
Kinostart:
Deutschland, am 06.11.2008 bei Freunde der Deutschen Kinemathek
Genre
Komödie
Land
Jugoslawien, Bundesrepublik Deutschland (BRD)
Jahr
1971
FSK
ab 18 Jahren
Länge
85 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
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Surreales Autorenkino um Sex und Politik
Dusan Makavejevs Film ist zweigeteilt. Der erste Teil dreht um den ukrainischen Psychoanalytiker und Sexualforscher Wilhelm Reich. Der in die USA emigrierte Wissenschaftler propagiert die sexuelle Befreiung als Voraussetzung für die gesellschaftliche Befreiung und zieht sich damit den Unmut der bürgerlichen Konservativen während der McCarthy-Ära zu. Er geht von einer verborgenen sexuellen Energie aus, die dem Menschen zu vollkommener Freiheit verhelfen und zudem Krebs heilen könne. Sexuelle Verkrüppelung hingegen führt zu gesellschaftlichen Missbildungen wie dem Faschismus. Als Reich sich trotz des Drucks von seitens der US-Behörden weigert, seine provokanten Thesen zurückzunehmen, wird er sogar inhaftiert und so einer der Helden der 1968er Bewegung. Im zweiten Teil des Films entführt Makavejev sein Publikum jedoch ins Jugoslawien der 1970er Jahre. Dort lebt Milena (Milena Dravic) in einer sexuell freizügigen Frauenwohngemeinschaft, in deren Bann auch der sowjetische Eiskunstläufer Vladimir Ilyich (Ivica Vidovic) gezogen wird. In diesem Zirkel gelingt die sexuelle Befreiung, aber sie fordert auch einen hohen Preis.
Sex und Politik waren die bevorzugten Themen des serbischen Regisseurs Dusan Makavejev. Da diese Sujets hinter dem Eisernen Vorhang nicht so gern gesehen wurden der Zensur zum Opfer gefallen wären, mussten sie subversiver verpackt werden. Mit seinen filmischen Strategien wurde Makavejev eine feste Größe im europäischen Autorenkino der 1960er und 1970er Jahre. Über seinen ganz eigenen Stil sagte er, dass "ein Guerilla jede Waffe nutzen darf, die ihm zur Verfügung steht: Pflastersteine, Kugeln, Slogans, Musik. Genauso ist es mit Film. Wir können benutzen, was uns in die Hände fällt: Fiktion, Dokumentationen, Kulturfilme, Werbung. Es kommt nicht auf den Stil an. Man muss sich den Überraschungsmoment zunutze machen." Vorbild für seine Filme war der sowjetische Regisseur und Filmtheoretiker Sergej Eisenstein, der das Filmemachen mit seiner innovativen Montagetechnik revolutionierte. So schafft es Makavejev, in seinem Werk zugleich den Kommunismus zu karikieren, für Freiheit zu plädieren und den Krieg und andere Grausamkeiten anzuprangern.
Ann-Catherin Karg/Filmreporter.de
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2024