Movienet Film
Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben

Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben

Originaltitel
Loong Boonmee raleuk chat
Alternativ
Loong Boonmee Raleuk Chaat; Uncle Boonmee Who Can Recall His Past Lives
Regie
Apichatpong Weerasethakul
Darsteller
Thanapat Saisaymar, Jenjira Pongpas, Sakda Kaewbuadee, Natthakarn Aphaiwonk, Geerasak Kulhong, Wallapa Mongkolprasert
Kinostart:
Deutschland, am 30.09.2010 bei Movienet Film
Kinostart:
Schweiz, am 31.03.2011 bei trigon-film
Genre
Komödie
Land
Thailand, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Spanien
Jahr
2010
FSK
ab 0 Jahren
Länge
114 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.uncle-boonmee.de
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Poetischer Cannes-Gewinner mit betörender Wirkung
"Uncle Boonmee who can recall his past lives" ist eine Herausforderung. Wie alle Filme des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul stößt es durch seine offene Form und die nicht leicht zu entschlüsselnde Symbolik vor allem westlichen Zuschauern vor den Kopf. Den besten Zugang hat man dann, wenn man sich ihm vorbehaltlos hingibt, die Schönheit des Gezeigten mit den Sinnen wahrnimmt, sie erfühlt und erahnt. Wie alle Mystiker vermittelt auch Weerasethakul Wahrheiten und diese erschließen sich einem unmittelbar, jenseits der rationalen Werkinterpretation. So spielt auch in "Uncle Boonmee" die Natur eine zentrale Rolle, ihre Wahrhaftigkeit, die sich in Bildern und in Tönen zeigt und die der Regisseur in Bildern wie ein Maler in seinen Gemälden festhält und transzendiert.

Will man die Geschichte des Films nacherzählen, so kann dies nur bruchstückhaft gelingen. Denn so etwas wie eine schlüssige Handlung, erst recht eine linear und homogen erzählte Story gibt es nicht. Wie sich die Wahrheit dem Künstler erschließt, präsentiert sich auch "Uncle Boonmee" dem Zuschauer offen, rätselhaft und geheimnisvoll. Die Rahmenhandlung stellt den Titel gebenden Boonmee in den Mittelpunkt, der sich mit seinen Angehörigen schwerkrank in die Abgeschiedenheit des Dschungels zurückzieht und sich hier an seine vergangenen Leben erinnert. Er war bereits Fisch, Prinzessin, Büffel und andere Wesen aus dem Tier- und Menschenreich. Hier in der Natur trifft der kranke Mann auf den Geist seiner verstorbenen Frau und begegnet seinem vor Jahren verschollenen Sohn, der als Affen-Geist durch die angrenzenden Wälder zieht. Die zwischen Realismus und Mystizismus changierende Erzählung reichert Weerasethakul mit psychologischen und politischen Verweisen an. Konfrontiert mit seinem bevorstehenden Tod, erinnert sich Onkel Boonmee auch an seine frühen Tage, in denen er als Soldat nicht nur im Krieg Kommunisten erschießen musste. "Dazu wurdest du doch gezwungen", beruhigt ihn seine Verwandte. Doch das schlechte Gewissen kann sie dem Ruhelosen damit nicht beruhigen.
"Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben" gehört zu den Kinoerlebnissen, die man nur im Autorenkino vornehmlich aus dem asiatischen Raum kennt. Es handelt sich um Filme, die so einmalig und ursprünglich sind, dass sie erschüttern und faszinieren. Sie erstaunen, weil aus ihren Bildern die unverstellte Wahrheit spricht, wie dies Andrej Tarkowskij einmal formulierte. Eine Wahrheit, die sich dem Zuschauer unmittelbar mitteilt.

Tarkowskijs Name wird in Zusammenhang mit Apichatpong Weerasethakuls Filmkosmos nicht von ungefähr genannt, denn eine Parallele zwischen dem sowjetischen Kinopoeten und dem Thailänder ist nicht von der Hand zu weisen. Das zeigt sich nicht nur in der formalen Ausprägung ihre Filme, die in langen ruhigen, viel Geduld abverlangenden Einstellungen ihren Ausdruck findet. Das äußert sich auch thematisch, etwa in der Koexistenz von Naturmystizismus und Übersinnlichem, die ihr Werk durchzieht. Dafür spricht nicht zuletzt die Autonomie des Kunstwerks sowie die Weigerung beider Künstler, Kompromisse im Sinne einer besseren Verständlichkeit einzugehen. Konsequenterweise muss sich der Zuschauer alleine zurechtfinden in einer Erzählwelt, in der weder Ausgangs- und Orientierungspunkte, noch kausale Verbindungslinien zwischen den Elementen vorzufinden sind.

Das gilt auch für eine der rätselhaftesten Szenen in "Uncle Boonmee", in welcher der sterbenskranke Boonmee während des Abendessens auf der Veranda seines Landhäuschens vom Geist seiner verstorbenen Frau heimgesucht wird. Überrascht von ihrem Erscheinen ist nur der Zuschauer - nicht die Beteiligten. Diese unterhalten sich mit der Verstorbenen, als hätte sie nie das Zeitliche gesegnet. Weerasethakuls Weltsicht scheidet nicht zwischen dem Hier- und dem Jenseits, zwischen Lebenden und Geistern. Alles existiert nebeneinander in einer beseelten Welt. Die Elemente einer anderen, jenseitigen Welt seien Teil unseres Lebens, äußerte der Filmemacher in einer Stellungnahme. Präsent ist diese Anschauung allenfalls in der ländlichen Tradition, die sich in den Märchengeschichten und dem naiven Geisterglauben manifestiert.

Dass Weerasethakul diese Tradition als dem Untergang geweiht betrachtet, macht er an seinem todkranken Helden unmissverständlich deutlich. Nach dessen Tod gehen seine Verwandten in die Stadt und die Natur weicht der künstlichen Stadtwelt, der Mystizismus der Faszination für die durch Medien vermittelte Welt und Wahrheiten. Weerasethakul betrachtet dieses Verschwinden nicht wehmütig, als vielmehr mit einem leisen und subtilen Humor. Vielleicht resultiert diese Gelassenheit des Filmemachers aus der Gewissheit über die eigene Profession sowie die Macht des Films, der immer unsichtbarer werdenden Wahrheit ihr Bild zurückzugeben. Das Kino sei eine Möglichkeit alternative Universen und andere Leben zu kreieren, sagte Weerasethakul und meinte damit nichts anderes, als eben die geistige Welt, die sich der Wahrnehmung des modernen Menschen zunehmend entzieht.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
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2024