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Women without men

Women without men

Originaltitel
Zanan bedoone mardan
Alternativ
Women Without Men; Sommer 1953; Zanan-e bedun-e mardan
Regie
Shoja Azari
Darsteller
Essa Zahir, Orsolya Tóth, Shabnam Toloui, Tahmoures Tehrani, Arita Shahrzad, Pegah Ferydoni
Kinostart:
Deutschland, am 01.07.2010 bei NFP marketing & distribution
Kinostart:
Österreich, am 10.09.2010 bei Polyfilm
Kinostart:
Schweiz, am 13.04.2011 bei cineworx
Kinostart Deutschland
Women without men
Genre
Drama
Land
Deutschland, Österreich, Frankreich
Jahr
2009
Länge
99 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
7,0 (Filmreporter)
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Poetische Zeitreise in die iranische Historie
Im Sommer des Jahres 1953 wüten in der iranischen Hauptstadt Teheran Unruhen. Anhänger der Regierung von Dr. Mohammad Mossadegh, des ersten demokratisch gewählten Premierministers des Landes, protestieren gegen den Versuch der britischen Regierung, das politische System des Irans zu untergraben. Mossadegh hatte 1951 die Ölförderung Irans verstaatlich und damit der britischen Kontrolle entzogen. Um dies rückgängig zu machen, blockiert die britische Regierung den Ölexport des Landes. Der Unmut der Mossadegh-Anhänger über den britischen Komplott wird größer, als sich auch die USA in den Konflikt einschaltet. Der Plan des Westens ist es, mit Unterstützung von Schah Mohammad Reza Pahlavi und dem iranischen Militär einen Putsch durchzuführen.

Dieser Konflikt, an dessen Ende die kurze demokratische Phase durch eine jahrzehntelang regierende Diktatur ersetzt wurde, bildet den politischen Rahmen in Shirin Neshats preisgekrönten "Women without Men". Im Kern erzählt Neshat die Geschichte von vier Frauen, die von den Ereignissen aus ihren Lebenssituationen gerissen werden. Da ist Fakhri (Arita Shahrzad), eine Frau im mittleren Alter, die in einer lieblosen Ehe gefangen ist. Als sie ihren ehemaligen Liebhaber trifft, löst dies bei ihr ein Gefühlschaos aus, dem sie sich durch eine beherzte Entscheidung stellen muss. Zarin (Orsolya Tóth) ist eine Prostituierte, deren Erfahrung mit Männern sie in eine ernsthafte Existenzkrise geraten ist. Munis (Shabnam Toloui) ist eine politisch aktive Frau. Sie leidet unter der Abschottung durch ihren konservativ-religiösen Bruder Amir (Essa Zahir). Rigoros unterdrückt dieser ihren Willen, indem er sie in die Rolle der Ehefrau zwingen will. Damit würde sich Munis' Freundin Faezeh (Pegah Ferydoni) durchaus zufrieden geben. Sie ist in Amir verliebt und muss mit ansehen, wie der sich mit einer anderen verlobt. Durch die politischen Unruhen werden die Frauen aus ihren schwierigen Situationen genommen. Parallel dazu vollzieht auch "Women without Men" eine Grenzüberschreitung, indem die Erzählung einen märchenhaften Charakter anstimmt. Munis stürzt sich in den Tod, um kurze Zeit danach wieder aufzuerstehen und aktiv am politischen Kampf teilzunehmen. Die anderen drei Frauen finden sich in einem mystischen Garten am Rande der Stadt wieder und erleben hier Augenblicke des Glücks und der Selbstverwirklichung. Doch scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die Welt jenseits der Gartenmauer in das Leben der Frauen eindringt.
Schon in den ersten Szenen entfaltet "Women without Men" eine ungeheure Sogwirkung. Als sich Munis in den Tod stürzt, fängt die Regisseurin diesen Augenblick in extremer Zeitlupe ein. Zugleich ist aus dem Off die Stimme der Protagonistin zu hören, deren philosophischen Exerzitien sicher keine leichte Kost für den Zuschauer sind. Doch das steht der magischen Wirkung der Worte und der Bilder keinesfalls im Wege. Das Motiv der Stimme aus dem Jenseits weckt Assoziationen an "Boulevard der Dämmerung" und "American Beauty" Auch hier teilen die Toten ihre Erfahrung dem Zuschauer mit. Die Poesie der extremen Zeitlupe hat dagegen wenig mit der gängigen Hollywoodästhetik gemein. Sie ist nicht reißerisch, pathetisch oder sentimental inszeniert, sondern wirkt einzig durch eingängige Bilder und derer ästhetischer Kraft.

Shirin Neshat ist ästhetisch in der persischen Kultur und im europäischen Autorenkino verwurzelt. Vor allem das Werk Andrej Tarkowskijs kommt einem in den Sinn, wenn man mit der Bildgewalt des ersten Spielfilms der international renommierten Videokünstlerin konfrontiert ist. Am offensichtlichsten wird dies beim zentralen Motiv des Gartens, in dem die Protagonisten Schutz vor der konfliktgeladenen, ungerechten Realität finden. Die Schönheit der Natur, eine Zone des Ursprünglichen, ebenso wie die natürliche Geräuschkulisse (fließender Bach, das Zwitschern der Vögel) verweisen deutlich auf den russischen Filmmystiker. Neshat verweist im Presseheft auch auf die traditionelle mystische Literatur Persiens. Der Garten galt hier von je her als Symbol von Unabhängigkeit und Freiheit. Auch in "Women without Men" ist der Garten ein Ort, der sich durch seine spirituelle Transzendenz von der Außenwelt abgrenzt. Traum und Realität fließen ineinander, das raumzeitliche Kontinuum ist außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig zeigt der Film hier erneut seine ästhetische Kraft. Während die Teheranszenen im Sepiaton gehalten werden, erscheint die Natur jenseits der Stadt in bunten und satten Farben.

Neshat stellt zwei Welten gegeneinander. Die urbane Welt der Großstadt, die geprägt ist von sozialer und religiöser Einengung und die Welt des Gartens, in der die Protagonisten ihren Frieden finden. Damit positioniert sich die Filmemacherin auch politisch klar. Das kurze Aufblühen der Frauen in der Naturidylle fällt mit der kurzen Zeit der politischen Freiheit Persiens zusammen. Deutlich wird der Zusammenhang zwischen der unheilvollen Einmischung des Westens durch die Untergrabung der Demokratie gezeigt, die den Persern ihre Freiheit kostete. Der Westen hat sich auf Kosten des persischen Volkes den Zugriff auf die Ressourcen und die militärische Kooperation des Ölreichen Staates gesichert. Eine Aktion, die die politische und gesellschaftliche Entwicklung des heutigen Irans bis heute beeinflusst hat und die antiwestliche Stimmung jenseits religiöser Motive erklärt. Shirin Neshat setzt dem Freiheitswillen der persischen Bevölkerung in ihrem künstlerisch und inhaltlich gelungenen Spielfilmdebüt ein Denkmal.
Willy Flemmer, Filmreporter.de
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