Elling

Elling

Originaltitel
Elling
Regie
Petter Naess
Darsteller
Joachim Rafaelsen, Cecilie A. Mosli, Eli Anne Linnestad, Ola Otnes, Hilde Olausson, Per Christensen
Kinostart:
Deutschland, am 02.05.2002 bei Arsenal Filmverleih
Genre
Komödie
Land
Norwegen
Jahr
2002
FSK
ab 6 Jahren
Länge
89 min.
IMDB
IMDB
Homepage
http://www.elling-der-film.de/
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Fantasievolles Porträt zweier Außenseiter
Ein eigenartiger Kerl, dieser Elling! Jahrzehntelang hat er mit seiner Mutter abgeschieden in enger Symbiose gelebt. Nach deren Tod zeigt sich, dass Elling (Per Christian Ellefsen) nicht zurecht kommt im normalen Leben. So landet er zuerst einmal in der Psychiatrie. Sein Zimmernachbar dort, Kjell Bjarne (Sven Nordin), denkt nur an Essen und Sex. Doch da Elling wunderbar Geschichten erfinden kann, wie er als Seemann die exotischsten Frauen gleich reihenweise unter abenteuerlichen Umständen erobert hat, freunden die beiden sich so sehr an, dass man für sie eine gemeinsame Wohnung in Oslo einrichtet. Ziel ist ihre Eingliederung in die Gesellschaft. Spätestens als Elling den Schalterbeamten auf dessen "einfache Fahrt?" hin verwundert fragt, ob es auch komplizierte Fahrten nach Oslo gibt, ahnt man, welch ein Kulturschock auf die beiden zukommt.
Filme über abgedrehte oder psychisch kranke Figuren sind beliebt. Durch ihr absonderliches Gefühlsleben und Verhalten sind sie ergiebig für Komödien, bieten zugleich aber auch eine Möglichkeit, die Abgründe psychotischer Krankheiten auszuloten - wie jüngst in dem mehrfach Oscarprämierten Hollywoodfilm "A Beautiful Mind". Petter Naess, der Regisseur von "Elling", hat weder eine Klamotte noch eine Tragödie gedreht. In kluger Ausgewogenheit ist ihm vielmehr ein präzises, einfühlsames und fantasievolles Porträt zweier Außenseiter gelungen: Kompliziert, zwanghaft und kindlich-bockig der von Schwindel und Ängsten geplagte Elling; grobschlächtig und ein wenig tumb der gutherzige Bjarnes. Natürlich prallen die unterschiedlichen Temperamente frontal aufeinander. Zumal bei einem so heiklen Unterfangen, wie es die Eroberung der "normalen" Welt für die zwei weltfremden Psychiatriepatienten darstellt. Einkaufen, Telefonieren, der Gang in Kino oder Restaurant, alles ist für die beiden so waghalsig wie für andere eine Skiwanderung zum Südpol und führt zu einer Fülle komischer Situationen. Dabei zeigen sowohl Drehbuch wie Kamera Respekt gegenüber den ungleichen Freunden, nie funktioniert der Humor auf ihre Kosten. Wer Handkamerabilder und wilde Schwenks in Dogmamanier erwartet, wird von der zurückhaltenden, ganz im Dienst der Figuren stehenden Perspektive verblüfft. Ruhig, ganz unaufgeregt präsentiert die Kamera (Svein Krøvel) immer wieder die angstvoll-angespannten, dann wieder auf kindliche Weise verschmitzten Züge des Titelhelden, die verständnislose Mimik von Bjarne, bewegende Bilder für die wachsende Verbundenheit zwischen den beiden. "Elling", in diesem Jahr als bester fremdsprachiger Film für den Oscar nominiert, erzählt eine éducation sentimentale der besonderen Art. An deren Ende steht nicht ein spektakulärer Erfolg, sondern die schlichte Wahrheit, dass noch der verschrobenste Kauz etwas ihm Eigenes hat, das ihm Glanz verleiht.
Gabriele Michel/Filmreporter.de
2024