StudioCanal Germany
Schachnovelle (2020)

Schachnovelle

Originaltitel
Schachnovelle
Regie
Philipp Stölzl
Darsteller
Oliver Masucci, Dieter Bernhardt, Elias Gabele, Birgit Minichmayr, Rafael Stachowiak, Isa Hochgerner
Kinostart:
Deutschland, am 23.09.2021 bei StudioCanal Germany
Kinostart:
Österreich, am 24.09.2021 bei Constantin Film
Kinostart:
Schweiz, am 23.09.2021 bei Pathé Films
Genre
Drama
Land
Deutschland, Österreich
Jahr
2020
FSK
ab 12 Jahren
Länge
110 min.
IMDB
IMDB
|0  katastrophal
brillant  10|
8,0 (Filmreporter)
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Kongeniale Verfilmung nach Stefan Zweigs Novelle
Josef ruft eine gut gekleidete Dame beim Einschiffen der Passagiere am Hafen von Rotterdam. Der Zuschauer ist ein wenig irritiert, doch er assoziiert, dass Dr. Josef Bartok (Oliver Masucci) unter falschem Namen in die USA flieht und endlich seine über alles geliebte Frau Anna (Birgit Minichmayr) wiedersieht. In der engen Kabine erinnert er sich an die letzte, rauschende Ballnacht vor dem Einmarsch der Nazis in Österreich. Wie viele glaubte er an den Volksentscheid über den Anschluss an Deutschland und war sich sicher, dass seine Landsleute dem Emporkömmling aus dem eigenen Land die Tür vor der Nase zuschmeißen.

Anna nutzt wie verabredet in dieser Nacht die Schiffspassage, aber der angesehene Anwalt Bartok wird verhaftet, als er wichtige Dokumente über das Vermögen seiner Klienten verbrennt. Er wird ins Hotel 'Metropol' gebracht, wo er monatelang in Isolierhaft bleibt. Raum und Zeit verschwinden, aber er weigert sich standhaft, dem Nazi Franz-Josef Böhm (Albrecht Schuch) die Codes auszuhändigen, die den Zugang zu den Auslandskonten ermöglichen. Einzige Ablenkung ist für ihn ein Buch mit legendären Schachpartien, die er nachspielt.
Langsam verschwimmen in der kongenialen Verfilmung von Stefan Zweigs bekanntestem Werk, das er ein Jahr vor seinem Freitod im brasilianischen Exil beendete, für den Zuschauer die Grenzen zwischen Wahrheit, Realität und Illusion. Zunächst wird Bartok klar, dass seine Frau nicht mit ihm auf dem Schiff ist. Dann sieht er die Uhr, die sie ihm einst schenkte, am Handgelenk des ungarischen Schachweltmeisters, der zufällig auf demselben Schiff ist und ihn herausfordert. Aber ist der nun real?

Mit seiner Adaption kitzelt Philipp Stölzl den bis heute gültigen Kern von Zweigs Novelle heraus und zeigt die Folgen von Folter und Isolation auf die Seele des Einzelnen. Die Folterer in Guantanamo und anderswo haben offenbar von den Nazis gelernt, was Isolation bewirkt oder Waterboarding anrichtet. Verzweifelt stemmt sich Bartok gegen das Verrücktwerden, erst mit dem Zitieren von Homers "Odyssee", später mit dem Schachspiel gegen sich selbst. Oliver Masucci legt eine wahre schauspielerische Tour de Force hin, um den geistigen Verfallsprozess zu zeigen.

Kamera, Ausstattung und Ausleuchtung unterstützen dies, in dem sie konsequent den Gegensatz zwischen dem glanzvollen Leben in Wien und der Enge und Leere in der Haft herausarbeiten, die sich zunehmend in Bartoks Wesen und Kopf breit macht. Leider vertraut der Regisseur der künstlerischen Brillanz seines Werkes nicht und hängt an die Handlung einen unnötigen Zeitsprung an.
Katharina Dockhorn/Filmreporter.de
Dr. Josef Bartok flieht unter falschem Namen in die USA.
 
In der kongenialen Verfilmung von Stefan Zweigs Werk verschwimmen die Grenzen zwischen Wahrheit, Realität und Illusion.
StudioCanal Germany, Walker + Worm Film, Julia Terjung
Oliver Masucci & Samuel Finzi in "Schachnovelle" (2020)
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