
Warner Bros
Lola rennt (1998)
Geschichte geht immer
Feature: Die erfolgreichsten deutsche Filme
erschienen am 17. 03. 2022

Sony Pictures
Tom Tykwer auf der Pressekonferenz zu "The International"
Tom Tykwer lässt Franka Potente laufen
Die rothaarige Berlinerin will dieses Schicksal nicht akzeptieren. Also schickt sie Regisseur Tom Tykwer, damals Lebensgefährte von Franka Potente, in seiner rasant gefilmten und geschnittenen Gangsterballade ein drittes Mal ins Rennen. Diesmal weicht sie Hindernissen aus, fleht Gott um Hilfe, wählte einen anderen Weg und landet in einem Spielcasino. Sie setzt ihre letzten 100 Mark beim Roulette zweimal nacheinander auf die 20 und gewinnt. Hätte es Ende der 1990er im Internet schon so viele Spielbanken wie heute gegeben wäre Lolas Aufgabe um einiges leichter gewesen. Dann hätte sie vielleicht über einen VPN-dienst nachgedacht, um ihre Spuren zu verwischen.Tom Tykwers innovativer Film um Schicksal und Zufall zeigt ein modernes Berlin und begeisterte Ende der 1990er Jahre weltweit Millionen Zuschauer. Bis heute gehört er zu den zehn erfolgreichsten Filmen made in Germany, wobei in diesen Bilanzen meist die USA als Maßstab angelegt werden. So waren die deutschen Heimatfilme und sind auch die Komödien mit Elyas M'Barek in Österreich Kassenschlager. In der Statistik fehlen auch Vorkriegsfilme und Produktionen wie "Der Vorleser", "Operation Walküre" oder "Inglourious Basterds", die in Deutschland mit einem einheimischen Koproduzenten gedreht wurden und hierzulande als deutsche Filme gelten.

Universum Film
Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens
Nur wenige deutsche Hits nach 1933
In den Kindertagen des Kintopps konnten Stummfilme problemlos um die Welt reisen. Der frühe Horrorfilm "Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens" von Friedrich Wilhelm Murnau fand ebenso weltweit Fans wie Fritz Langs "Metropolis". Mit Beginn der Tonfilmära entstanden viele Filme in verschiedenen Sprachversionen. So konnte auch Josef von Sternbergs "Der blaue Engel", die Verfilmung von Heinrich Manns "Professor Unrat" im gleichen Jahr erfolgreich in Deutschland und den USA starten. Der Filmaustausch endete mit den Einschränkungen und dem Boykott nach der Machtübernahme Hitlers. Von diesem Einschnitt hat sich die Filmindustrie nicht mehr erholt - nur wenige deutsche Filme schaffen es überhaupt in die USA und auch auf anderen Märkten tun sie sich meist schwer.Einige Ausnahmen bestätigen diese Regel. Zu ihnen gehört zweifellos Wim Wenders poetische Liebeserklärung an die geteilte Stadt und deren Menschen in "Der Himmel über Berlin" nach einem Buch von Peter Handtke. Dessen 'Lied vom Kindsein' durchzieht den Film wie ein Roter Faden. Auch hier geht es um das Schicksal der Menschen, denen Erzengel Gabriel (Bruno Ganz) keinen neuen Lebensmut einhauchen kann. Um diese Beschränkung besser zu verstehen, muss er seine Unfähigkeit ablegen, sich emotional in Menschen hineinzuversetzen. Er gibt seine Unsterblichkeit auf und mischt sich in den Trubel.
Zwischen "Der Himmel über Berlin" und "Lola rennt" liegen mehr als zehn Jahre. 20 weitere Jahre dauerte es, bis mit "Toni Erdmann" wieder ein Drama über die deutsche Gegenwart international reüssieren konnte. Der Therapie der unter einem Burn-Out leidenden Managerin Ines (Sandra Hüller) durch ihren Vater Winfried (Peter Simonischek), einem pensionierten Musiklehrer, folgten Millionen in aller Welt. Offenbar traf der Film über eine Volkskrankheit, die Millionen wie Ines verdrängen, den Nerv der Zeit.

Buena Vista International (Germany)
Martina Gedeck in "Das Leben der Anderen"
Dem Wesen des Bösen auf der Spur
Geschichte geht dagegen immer, egal ob Stasi oder Nazis. Mit seinem Märchen "Das Leben der Anderen" um den bildungsfernen Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe), der 1984 beauftragt wird, den Theaterautoren Georg Dreyman (Sebastian Koch) und dessen Lebensgefährtin, die Schauspielerin Christa-Maria Sieland (Maria Gedeck), systematisch zu bespitzeln, spaltete Florian Henckel von Donnersmarck die Intellektuellen in dem einst geteilten Land. Während der Film als reine schwarzweiß-Malerei, die eher einer Karikatur des Lebens in der DDR gleicht, im Osten kritisiert oder gar vehement abgelehnt wurde, prägt er heute weltweit das Bild des Lebens im Arbeiter- und Bauernstaat.Mehrere Filme über die Aufarbeitung des deutschen Faschismus prägen ebenso die Hitlisten der erfolgreichsten deutschen Filme im Ausland. Alle voran natürlich Wolfgang Petersens "Das Boot", die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Lothar-Günther Buchheim. Er führt auf das deutsche U-Boot U 96, das 1941 im Atlantik unterwegs ist, um Kriegsschiffe der Alliierten zu versenken. Der Film konzentriert sich auf die Gefühle der Matrosen und Offiziere, auf die Freundschaften und Spannungen unter den Männern, die Anspannung in den Gefechten und die Ängste, wenn ihr Boot getroffen wurde und ihnen der Tod droht.

StudioCanal Germany
David Bennent "Die Blechtrommel" (1979)
Mehrere Oscars für Germany
Für Petersen wurde der Film zum Start einer glorreichen Karriere in Hollywood, ähnliches schwebte auch Volker Schlöndorff nach seiner kongenialen Adaption von Günter Grass' an Metaphern reichen Bestseller "Die Blechtrommel" vor. Er folgt Oskar Matzerath (David Bennent), der als Dreijähriger im Jahr 1925 als Akt der Rebellion gegen die Verlogenheit der Erwachsenen und Wut über die gesellschaftliche Entwicklung aufhört zu wachsen. Zu seinen wichtigsten Ausdrucksmitteln werden eine Trommel und seine schrille Stimme, mit der er Glas zum Zerspringen bringen kann.An den Kinokassen weltweit erfolgreich wurde auch Stefan Ruzowitzkys österreichisch-deutsche Koproduktion "Die Fälscher", der ins Konzentrationslager Sachsenhausen führt. Die Nazis stellten hier aus Kriminellen eine Gruppe von versierten Geldfälschern zusammen, die im gro0en Stil Falschgeld druckten. Ziel der Deutschen war, die Scheine in Umlauf zu bringen und die Währung in den USA und Großbritanniens zu schwächen. Aber auch "Der Untergang", Oliver Hirschbiegels Blick durchs Schlüsselloch in den letzten Tagen im Berliner Führerbunker mit Starbesetzung, wurde international stark beachtet. Neben Bruno Ganz als Hitler spielten Ulrich Matthes, Corinna Harfouch und Juliane Köhler.
Sie trug auch Caroline Links "Nirgendwo in Afrika" nach dem autobiografischen Roman von Stefanie Zweig. Aus ihrer Sicht als Kind schildert sie die schwierigen acht Jahre nach der erzwungenen Flucht aus Deutschland vor der Verfolgung durch die Nazis, in denen ihre Eltern einen Neuanfang auf einer Farm in Afrika versuchten. Das Schicksal eines jüdischen Jungen folgt auch Agnieszka Holland in "Hitlerjunge Salomon". Die Familie von Salomon 'Sally' (Marco Hofschneider) verlässt 1933 Deutschland. Der Krieg holt sie im polnischen Lodz ein. Salomon flieht Richtung Osten, wo er mehrmals die Fronten wechselt und sowohl in der Roten Armee als auch in der Wehrmacht dient.

Universum Film
Hitlerjunge Salomon
Der Osten steht auf Genrekino
All die Zahlen aus dem Westen werden allerdings vom Erfolg der DEFA-Indianerfilme in den Schatten gestellt. 1965 schlug der Jugoslawe Gojko Mitic sein Wigwam mit "Die Söhne der großen Bärin" in Babelsberg auf und wurde schnell zur einzigen Rothaut, der der gesamte Ostblock vertraute. Alleine in der DDR zogen die Filme meist mehr als zehn Millionen Zuschauer an, aber auch in seiner Heimat und im gesamten Osten warteten Millionen Fans jedes Jahr auf ein neues Abenteuer mit dem wichtigsten Häuptling der DEFA. Er war "Chingachgook, die große Schlange", kämpfte in "Weiße Wölfe" und "Spur des Falken" gegen habgierige weiße Banditen, gab den Legenden "Tecumseh" und "Osceola" Gestalt und beging keinen "Tödlichen Irrtum".Die Popularität von Mitic ist bis heute ungebrochen, während sein westdeutsches Winnetou-Pendant Pierre Brice in seiner Heimat Frankreich als 'star inconnu' gilt. Mitic Popularität in Russland blieb bis heute unerreicht - bis ein anderer deutscher Star nach zahlreichen Komödienhits zumindest in seine Fußstapfen trat. Til Schweiger kann in Moskau nicht über den Roten Platz, ohne um Autorgramme oder Selfies gebeten zu werden.
erschienen am 17. März 2022
Zum Thema

Das Boot (Kinofilm)
Ein deutsches U-Boot sticht während des Zweiten Weltkrieges in See, um Jagd auf englische Frachtschiffe zu machen. Nach einigen Feindkontakten, wird das Boot in Gibraltar angegriffen und schwer beschädigt. Nach einer Reparatur gelingt der Besatzung in letzter Sekunde die Flucht in einem italienischen Hafen, wo das Boot erneut von einem Tiefflieger angegriffen wird. Wolfgang Petersens Adaption des gleichnamigen Romans von Lothar-Günther Buchheim ist ein spannend erzähltes Kammerspiel, das sich..

Der blaue Engel (Kinofilm)
Der strenge Professor Rath (Emil Jannings) verliebt sich Hals über Kopf in die frivole Lola (Marlene Dietrich). Der Gymnasiallehrer verfällt der Sängerin mit Haut und Haaren. Dabei hat er ihre Vorstellung eigentlich nur besucht, um die kokette Dame von seinen "unschuldigen" Schülern fern zuhalten. Doch Liebe macht bekanntlich blind. Das von Josef von Sternberg inszenierte Melodram ist eine recht freie inzwischen legendäre Adaption von Heinrich Manns literarischer Satire "Professor Unrat" mit..

Die Blechtrommel (Kinofilm)
Genial umgesetzt nach der mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Vorlage von Günter Grass braucht sich Volker Schlöndorffs filmische Adaption nicht zu verstecken. Besonders David Bennent fasziniert mit seinem intensiven Spiel in der Rolle des Oskar Matzerath. Oskar weigert sich zu wachsen. Er besiegelt den Pakt mit einem gekonnt inszenierten Treppensturz.

Der Himmel über Berlin (Kinofilm)
Die Engel Damiel (Bruno Ganz) und Cassiel (Otto Sander) ziehen durch Berlin, beobachten deren Bewohner. Sie können selbst die heimlichsten Gedanken der Sterblichen erfassen. Die Menschen können sie zwar nicht sehen, fühlen sich aber durch ihre Anwesenheit getröstet. Im Gegensatz zu ihren Schützlingen können die Engel keine Farben sehen, nichts schmecken oder riechen. Eines Tages verliebt sich Damiel in die Trapezkünstlerin Marion (Solveig Dommartin). Um ihr Nahe zu sein, müsste er allerdings..

Lola rennt (Kinofilm)
Drei Mal wird erzählt, wie Lola aus ihrer Wohnung hetzt, um Freund Manni (Moritz Bleibtreu) zu retten. Drei Mal mit drei verschiedenen Ausgängen. Drei Mal entscheidet der Zufall über Leben und Tod. Franka Potente gelang mit der Rolle der rasenden Lola in Tom Tykwers Schicksalsspiel der Durchbruch. Was wäre wenn? Der rasant geschnittene Drama spielt verschiedene Möglichkeiten durch, ohne langweilig zu werden.

Metropolis (Kinofilm)
Fritz Langs Meisterwerk markiert den Beginn des sozialkritischen Science-Fiction und schuf ein epochemachendes filmisches Meisterwerk. Lang fasziniert auch heute mit seiner Fusion von Motiven des deutschen Expressionismus und technischer Utopien mit seinen progressiven politischen Ideen.

Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens (Kinofilm)

Nirgendwo in Afrika (Kinofilm)
Eine jüdische Familie wandert 1938 aus Deutschland aus und findet in Kenia ein neues Zuhause. Doch die Ereignisse in Deutschland bleiben allgegenwärtig und drohen gemeinsam mit der Fremdheit Afrikas, die Familie auseinander zubringen. Die deutsche Ausnahme-Regisseurin Caroline Link inszenierte dieses gänzlich in Kenia gedrehte Filmepos.

Hitlerjunge Salomon (Kinofilm)
Die jüdische Familie Perel flieht kurz vor Kriegsbeginn aus Deutschland nach Polen. Salomon Perel (Marco Hofschneider), auch Sally genannt, verliert seine Familie und versucht, auf eigene Faust in die UdSSR zu entkommen. Als er von Wehrmachtssoldaten aufgegriffen wird, gibt er sich als "Volksdeutscher" aus. Die Lüge bewahrt ihn vor dem sicheren Tod. Die Verfilmung des autobiographischen Romans von Salomon Perel wurde verdient mit einem Golden Globe und einer Oscar-Nominierung ausgezeichnet.

Oliver Hirschbiegel hat sich mit deutscher Starbesetzung (Juliane Köhler, Alexandra Maria Lara) einem schwierigen Thema angenommen: Den letzten Tagen der nationalsozialistischen Herrschaft. Adolf Hitler (Bruno Ganz) hat sich im April 1945 mit seinem Führungsstab und seiner langjährigen Gefährtin Eva Braun in das Tiefbunkersystem, auf dem Gelände der Neuen Reichskanzlei zurückgezogen. In dem später als Führerbunker in die Geschichte eingegangenen Unterschlupf, endet sein 'tausendjähriges Reich'..

Das Leben der Anderen (Kinofilm)
Florian Henckel-Donnersmarck legt mit diesem bewegenden Drama ein beachtliches Langspielfilmdebüt hin. Er gibt anhand eines Einzelschicksals einen Einblick in ein längst untergegangenes Staatssystem. 1984 wird in der DDR Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) mit der Observation des Dramatikers Georg Dreyman (Sebastian Koch) beauftragt. Dieser gerät wegen privater Interessen von Ministers Hempf (Thomas Thieme) an Christa-Maria Sieland (Martina Gedeck), der schönen Schauspielerin und..

Die Fälscher (Kinofilm)
Er ist der König der Fälscher. Salomon Sorowitsch (Karl Markovics) lebt auf leichtem Fuß, er druckt sich Geld und Papiere einfach selbst. Doch im Berlin der 1930er Jahre gehört Denunziation zum schmutzigen Geschäft. Der begnadete Geldfälscher wird verraten und kommt ins KZ. Aufgrund seines kreativen Talents erschleicht sich der listige Salomon schon bald Privilegien innerhalb der Vernichtungsfabrik. Ehe er sich versieht, wird er zum kreativen Protagonisten eines groß angelegten Geheimplans des..

Toni Erdmann (Kinofilm)
Maren Ades Drama "Toni Erdmann" kreist um das komplizierte Verhältnis zwischen einem Vater (Peter Simonischek) und einer Tochter (Sandra Hüller). Die beiden finden auch dann nicht zueinander, als Winfried die Unternehmensberaterin Ines in Bukarest spontan besucht.
Weitere Features