Adaption
Adaption: Realität als Zwiebelgewächs
Feature: Sechs Orchideen suchen Autor
Jetzt passen Sie mal gut auf. Sonst könnten Sie leicht die Übersicht verlieren. Holen Sie sich ein großes Wollknäuel und folgen Sie Theseus Spuren. Den Ariadnefaden werden Sie noch dringend brauchen, wenn Sie im Labyrinth stehen, das Drehbuchautor Charlie Kaufman und Regisseur Spike Jonze errichtet haben.
erschienen am 9. 03. 2003
Szene aus: Adaption
Das mit dem wahrlich verrückten "Being John Malkovich" schlagartig bekannt gewordene Team legt kräftig nach und verlangt in einer bizarren Travestie nicht nur Nicolas Cage die wohl beste Leistung seiner Karriere ab. Von vorne: Als Charlie Kaufman noch ein Unbekannter war, musste er "The Orchid Thief", ein Sachbuch-Bestseller von Susan Orlean, in ein Drehbuch umarbeiten. Die schier unlösbaren Aufgabe, das introspektive Buch um die Obsession nach den seltenen Gewächsen ohne gängige narrative Struktur mit einer Dramaturgie zu versehen, geriet zu einem Alptraum von Barton Finkschen Ausmaßen. Als die teuflische Schreibblockade endlich überwunden war, staunten die Studiobosse über den fiktiven Co-Autor Donald Kaufman und den sonderbaren Titel - "Adaptation".
Szene aus: Adaption
Soweit zu den Tatsachen, über die Kaufman amüsiert-ironisch reflektiert und zusätzlich noch eine ganze Reihe fiktiver und realer Personen mit einbaut, die sich in dieser schrägen Komödie tummeln. Wie bei einer Zwiebel offenbart sich Schicht um Schicht der Leidensprozess eines Autors, ohne dass die ungezwungene Satire weitere Ansprüche erheben würde. "Adaption" beginnt am Set von "Being John Malkovich". Es lagert nach und nach eine Realitäts-Ebene nach der anderen ab, bis Fiktion und Wirklichkeit verschmelzen. Charlie Kaufman (Nicolas Cage) nimmt eine Verschnaufpause von der strapaziösen Drehbuchadaption von Susan Orleans Buch. Der verklemmte Intellektuelle verzweifelt nicht nur an der eigenen Blockade, sondern auch an seinem unbedarftem Zwillingsbruder Donnie (ebenfalls Cage), der zu Besuch ist.
Sony Pictures
Nicolas Cage in: Adaption
Donnie, ein auf seine Geistlosigkeit stolzer, kontaktfreudiger Womanizer, schreibt ein triviales B-Movie über einen schizophrenen Serienmörder, das ihn zu Hollywoods Mann der Stunde macht. Bevor Charlie über so viel Oberflächlichkeit verzweifelt, schreibt er sich selbst in sein Script, um endlich an sich selber zu erfahren, worüber er schreiben muss. Derweil entblättert sich in Rückblenden ein Verhältnis von Susan Orlean (Meryl Streep) und dem Orchideen-Wilderer John Laroche (ein famoser und kaum zu erkennender Chris Cooper), dem sie hoffnungslos verfällt.
Sony Pictures
Meryl Streep in: Adaption
Die Wege kreuzen sich später und führen zu einem tragischen Finale, dass augenzwinkernd mit Klischees billiger Reißer spielt. Nicht erst dann tritt "Adaption" alle Drehbuch-Gesetze mit den Füßen; die freudige Missachtung aller filmischen Konventionen lotst als roter Faden mehr als der Plot mit seinen vielen losen Enden durch den Film. Weit konzilianter als bei den Coens wird sich über das kommerzorientierte Studiosystem und das Schicksal eines Gebildeten unter Schafen mokiert. Zugleich taucht Kaufman aber auch ein in die humorvoll existenzialistische Welt des Luigi Pirandello, dessen zentrale Themen von der Spaltung und Auflösung der Persönlichkeit und die Grenze zwischen Sein und Schein hier auf köstliche Weise variiert werden. Das hintersinnige Spiel dekonstruiert die Mechanismen einer Tragikomödie, nutzt sie aber gleichzeitig schamlos aus. Damit spiegelt "Adaption" seine inhaltliche Schizophrenie auch auf formeller Ebene derart radikal wider, dass man es fast übersehen könnte. Fast.
erschienen am 9. März 2003
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Jetzt passen Sie mal gut auf. Sonst könnten Sie leicht die Übersicht verlieren. Holen Sie sich ein großes Wollknäuel und folgen Sie Theseus' Spuren. Den Ariadnefaden werden Sie noch dringend brauchen, wenn Sie im Labyrinth stehen, das Drehbuchautor Charlie Kaufman und Regisseur Spike Jonze errichtet haben.
Charlie Kaufman zeigt in seinen Drehbüchern für Filme wie "Being John Malkovich" und "Adaption" ein Faible für besondere Stoffe. Der US-amerikanische Drehbuchautor und Filmregisseur gewinnt für "Vergiss mein nicht!" 2005 den Get a Life" und "Ned & Stacey". Spike Jonzes Spielfilmdebüt "Being John Malkovich" macht ihn international bekannt und bringt ihm eine erste Michel Gondry lässt ihn anschließend das Script zu "Human Nature - Die Krone der Schöpfung" schreiben. Auch George Clooneys setzt..
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