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Zwischen Welten
Feo Aladags schwaches Berlinale-Drama "Zwischen Welten"
Ronald Zehrfeld auf verlorenem Posten
Am vergangenen Dienstag wurde mit Feo Aladags "Zwischen Welten" der vierte deutsche Wettbewerbsfilm bei den Internationalen Filmfestspielen aufgeführt. "Die Fremde"-Regisseurin erzählt in ihrem Kriegsdrama von einem deutschen Bundeswehrsoldaten, der in Afghanistan eine Einheit befehligt und dabei zwischen die Fronten nicht nur des Krieges gerät, sondern auch zwischen den Kulturen aufgerieben wird. Erzählerisch plakativ geraten und in seiner Botschaft allzu aufdringlich, wird der Film keine Chance auf den Hauptpreis haben, als Diskussionsbeitrag über das Thema Afghanistan-Einsatz ist er dennoch ernstzunehmen.
12. Feb 2014: Jesper (Ronald Zehrfeld) hat im Afghanistan-Krieg seinen Bruder verloren. Eine Uhr ist das Einzige, das dem Soldaten von ihm geblieben ist. Der Verlust beschäftigt den jungen Mann offenbar nachhaltig und ist auch ausschlaggebend dafür, dass er sich erneut zum gefährlichen Einsatz am Hindukusch meldet. Sein Auftag lautet bald, eine paramilitärische Einheit beim Schutz eines abgelegenen Dorfes vor den Angriffen der Taliban zu schützen.

Parallel dazu erzählt Aladag die Geschichte des jungen Lehrers Tarik (Mohamad Mohsen), der mit seiner Schwester Nala (Saida Barmaki) auf ein Visum nach Deutschland hofft, jedoch immer wieder abgelehnt wird, obwohl sie immer wieder bedroht wird. Tarik sein Auskommen als Dolmetscher bei Jespers Einheit. Ein gefährlicher Job, denn dadurch gilt er den Taliban als Verräter.

"Zwischen Welten" handelt von der schwierigen Mission, das umkämpfte Afghanistan durch militärische Einsätze zu stabilisieren. Eine Aufgabe, die laut Aladag aufgrund der Unvereinbarkeit der Kulturen von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist. Bereits die ersten Schritte, welche die Soldaten auf Afghnaistans Boden tun, zeigt die Sinnlosigkeit ihres Unternehmens. Am Flughafen in Kundus marschieren sie an einem alten Mann vorbei und es wird deutlich, was der Titel meint: Es sind 'zwei Welten', die hier aufeinander prallen und ein Verständnis zwischen ihnen muss sich zwangsläufig schwierig gestalten.

Tarik in seiner Funktion als Dolmetscher ist in militärischer Hinsicht sicher von unschätzbarem Wert, da durch seine Anwesenheit unnötige Konflikte vermieden werden können. Letztlich bleibt aber auch er machtlos angesichts der Kluft, die zwischen seinem Land und den Fremden besteht, die glauben, es von Außen gestalten zu können. Als sich Jesper in einen Konflikt zwischen zwei Soldaten des Paramilitärs einmischen will, bekommt er es mit deren Kommandeur zu tun. Er würde sich bei seinen Männern noch mehr Respekt verschaffen, wenn er für ein respektvolles miteinander plädieren würde, so Jesper. Respektlos sei es, antwortet der Afghane, dass Jesper und die seinen sich in ein Land einmischen, das sie nicht verstehen können. Bald muss sich der Soldat die Frage stellen: Macht es einen Unterschied, wenn er für ein fremdes Land kämpft?

Unverholen ist auch Aladags Militärkritik. Ein Großteil der Skepsis der afghanischen Bevölkerung gegenüber den ISAF-Soldaten und in ihrem Namen auch gegenüber den sie befehligenden Staaten resultiert aus der Starrheit der militärischen Ordnung. Da werden oftmals Befehle von Experten jenseits der Konfliktgebiete erteilt, wobei sie ohne Rücksicht auf die gegebene Situation nur die Ordnung im Blick haben. Als die afghanische Truppe einen in den Bergen erschossenen Soldaten bergen will und dabei die Hilfe der Deutschen einfordert, darf Jesper nicht helfen. Bei den lose organisierten Afghanen, die den Blick für das System nicht haben, bleibt Fassungslosigkeit angesichts Jespers Feigheit.

Es sind wichtige Fragen, die Aladag mit ihrem Drama stellt. Leider gelingt es der österreichischen Filmemacherin nicht, ihre Themen filmisch adäquat umzusetzen. Ihrem Kriegsdrama fehlen die Zwischentöne, allzu aufdringlich und plakativ bringt sie ihr Anliegen zum Ausdruck. Wie in einem Krieg sind auch in "Zwischen Welten" die Parteien klar voneinander geschieden: hier die Opfer - die Soldaten, die blinde Befehle ausführen müssen, ohne die Zusammenhänge des Krieges zu sehen, die Zivilisten, die nach Freiheit und Selbstverwirklichung dursten, von den politischen Verhältnissen einerseits und den bürokratischen Hürden andererseits von ihren Zielen abgehalten werden. Dort der sinnlose Krieg, das militärische System und die europäische Bürokratie, die ohne menschliches Einfühlen operieren.

All das wird fein säuberlich voneinander getrennt und dem Zuschauer auf dem Tablett serviert. Das ist letztlich der größte Vorwurf an Aladag: Sie will Diskussionen anstoßen, lässt dem Zuschauer aber kaum Raum für eigene Interpretation.
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Saida Barmaki Mohamad Mohsen Ronald Zehrfeld Feo Aladag
2024