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Internationale Filmfestspiele Berlin
Berlinale-Gewinner 2014: Yinan Diao
Preisverleihung der 64. Berlinale
Goldener Bär geht nach China
Der chinesische Wettbewerbsbeitrag "Black Coal, Thin Ice" ist mit zwei Preisen der große Gewinner der 64. Berlinale. Die internationale Jury um den Vorsitzenden James Schamus krönte das Kriminal-Drama von Yinan Diao mit dem Goldenen Bären, Hauptdarsteller Liao Fan erhielt den Preis als bester männlicher Darsteller. Von den vier deutschen Wettbewerbsbeiträgen, setzte sich Dietrich Brüggemanns formal strenges Drama "Kreuzweg" durch, das mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde.
16. Feb 2014: "Black Coal, Thin Ice" handelt von einem Polizisten (Fan), der in einer Mordserie im Nordosten Chinas ermittelt. Die Spur von mehreren Leichenfunden führt ihn zu einer schönen Waschsalon-Arbeiterin. Alle Männer hatten mit der jungen Frau Umgang, bevor sie getötet und zerstückelt wurden. Inspiriert von klassischen Kriminalfilmen des Film Noir zeichnet Diao in seinem formal schwer zugänglichen Film das Bild eines einsamen Helden, während ihm die winterliche Naturkulisse und die trostlose urbane Welt Chinas als Seelenlandschaft seines Protagonisten dient.

'Es ist schwer zu glauben, dass sich dieser Traum erfüllt hat', sagte Diao, der sich mit seinem dritten Film überraschend gegen die favorisierten Richard Linklater und Dominik Graf durchsetzte. 'Ich habe keine Worte, um meine Emotionen auszudrücken', fügte der gerührte Filmemacher hinzu. 'Die Ehre gebürt nicht nur mir, sondern dem ganzen Team', wobei Diao insbesondere die Produzentin Vivian Qu hervorhob. 'Berlin, ich liebe dich', sagte er abschließend.

Zuvor hatte Hauptdarsteller Fan seine Dankbarkeit für den Gewinn des Darsteller-Preises ausgedrückt. 'Ich sagte meiner Mutter: 'Wenn ich den Preis nicht gewinne, kehre ich nicht nach Peking zurück', so der Schauspieler, der am 14. Februar seinen 40. Geburtstag feierte. 'Es ist das schönste Geschenk, das Sie mir hätten machen können', fügte er hinzu. Berlin sei am Valentinstag voller Liebe gewesen.

Der zweitwichtigste Preis der Berlinale, der Große Preis der Jury, ging an Wes Andersons "Grand Budapest Hotel". Die prominent besetzte Ensemble-Komödie ist in einem fiktiven Hotel angesiedelt und dreht sich um einen Mord sowie ein gestohlenes Renaissance-Gemälde. In Verdacht gerät der Concierge Monsieur Gustave (Ralph Fiennes), der bald wieder aus dem Gefängnis ausbricht und sich mit Hilfe seiner Komplizen und eines Hotelpagen (Tony Revolori) auf die Suche nach dem wertvollen Bild macht.

Anderson, der zur Premiere seines Eröffnungsfilms in Berlin war, glänzte bei der Preisvergabe durch Abwesenheit. An seiner Stelle nahm Festival-Direktor Dieter Kosslick den Silbernen Bären entgegen und versprach, Anderson die Statue persönlich in New York zu übergeben. Greta Gerwig las anschließend Andersons Dankesrede vor. Er sei glücklich über die erste Auszeichnung eines großen Festivals, die aus Metal und in Originalgröße sei, so der Regisseur.

Der Preis für die beste Regie ging an Richard Linklaters Tragikomödie "Boyhood". Darin begleitet der US-Regisseur einen Jungen über einen Zeitraum von zwölf Jahren und zeigt seine Entwicklung sowie seine Beziehung zur Familie ausgehend von den schulischen Anfängen bis zum Eintritt ins College. Das Besondere an Linklaters experimentierfreudigem Werk ist die Tatsache, dass der Regisseur 12 Jahre lang an dem ehrgeizigen Projekt gearbeitet hat, wobei die Dreharbeiten jeweils eine Woche pro Jahr stattfanden. Entstanden ist ein Film, bei dem man den Protagonisten und den Schauspielern beim Wachsen und Älterwerden zusieht.

Den Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet, verlieh die Jury an "Aimer, boire et chanter" ("Life of Riley") von Altmeister Alain Resnais. Das auf einem Theaterstück basierende Drama handelt von drei Frauen, die in denselben Mann verliebt sind. Während einer Theater-Probe erfahren die drei von dessen Krankheit, wodurch ihre Welt aus den Fugen gerät. Die Auszeichnung Resnais', der mit Filmen wie "Hiroshima mon amour" und "Letztes Jahr in Marienbad" Filmgeschichte geschrieben hat, kam für viele Kritiker überraschend. Einige hielten sein letztes Werk für ein uninspiriertes Abfilmen eines Theaterstücks.

Der Preis für das beste Drehbuch ging an die Geschwister Dietrich und Anna Brüggemann für "Kreuzweg". Das zuvor bereits mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnete Drama handelt von einem 15-jährigen Mädchen, das zwischen den Anforderungen der Wirklichkeit und dem Glauben ihrer christlich-fundamentalen Familie aufgerieben wird. Regisseur Dietrich Brüggemann zeichnet den Passionsweg der jungen Gläubigen nach, indem er ihr Leiden in 14 streng komponierten Einstellungen einfängt.

"Kreuzweg" war einer von insgesamt vier deutschen Produktionen im Wettbewerb der Berlinale. "Jack" von Edward Berger, Feo Aladags "Zwischen Welten" und Dominik Grafs zuvor für den Hauptpreis gehandeltes Drama "Die geliebten Schwestern" gingen bei der Preisvergabe leer aus.

Als beste Schauspielerin wurde im Berlinale Palast die Japanerin Haru Kuroki für ihre Darstellung eines Pflichtbewussten Hausmädchens in Yôji Yamadas "The Little House" prämiert. Der Silberne Bär für die herausragende künstlerische Leistung ging an den Kameramann Jian Zeng für seine Bildgestaltung im chinesisch-französischen Wettbewerbsbeitrag "Blind Massage".
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2024