News: Hollywood Insider
Nicolas Cage in Windtalkers bis zum Anschlag patriotisch
Nr. 38 - Neues aus der Traumfabrik
Stunde der Patrioten
Der Schulterschluss zwischen der Unterhaltungsindustrie und er US-Regierung funktioniert - zum Jahrestag des Terrors droht in US-Kinos und -Fernsehkanälen eine beispiellose Propagandawelle. Außerdem: "Spider-Man" Tobey Maguire wird auf dem Rücken eines Pferdes um 12 Millionen Dollar reicher. Zudem: zahlreiche Superstars umrunden auf Werbetour die Welt und sorgen dabei auch mal für den einen oder anderen Missklang.
15. Aug 2002: Beim so genannte "Krieg gegen den Terror" arbeiten Hollywood und die US-Regierung seit dem letzten Herbst aktiv zusammen, um in Sachen Kriegshilfe und Propaganda möglichst unauffällig aber effektiv an einem Strang zu ziehen. Auf den ersten Blick sieht alles völlig harmlos aus: Hollywood-Filme wurden und werden zu den Soldaten an die Front geschickt, die Angehörigen der Opfer vom 11. September bekamen eine Videokopie von "Shrek" geschenkt, und in afghanischen Waisenhäusern, Schulen und Krankenhäusern war im Februar der "Zauberer von Oz" zu sehen. Für die Truppen gab und gibt es zudem immer wieder Live-Konzerte. Außerdem feierten die jüngsten Hollywood-Kriegsfilme in Washington statt in Hollywood ihre Premiere oder wurden gar im Weißen Haus gezeigt. Dann ist da noch die Idee einer Reality-Show, bei der das Militär den Krieg so zeigen kann, wie es das Pentagon für richtig hält.

Das Komitee hinter dem Schulterschluss aus Unterhaltungsindustrie und Militär heißt "Hollywood 9/11". Seine über 40 Mitglieder kommen ungefähr alle 10-14 Tage via Konferenzschaltung zusammen. Besprochen wird dabei vor allem die Produktion von Propagandafilmchen, die anschließend in Kinos und den TV-Sendern zu sehen sind. "Public Service Announcements", kurz PSAs, nennen sich diese Propagandaspots, von denen es natürlich auch Varianten für das Ausland gibt, um das Image der US-Politik zu polieren. Zuhause an der Heimatfront appellieren PSAs vor allem an das Nationalgefühl. Patriotismus pur ist angesagt, gerade zum nahenden Jahrestag der Anschläge.

Washingtons Dankbarkeit für diesen Propaganda-Gratisservice, der vom Drehbuchentwurf bis zur Ausstrahlung sämtliche Produktionsstufen einschließt, zeigt sich nicht nur in blumig formulierten Dankesschreiben an die Studiobosse. Viel wichtiger ist Hollywood, dass die regierenden Republikaner unter Bush ihr bislang frostiges Verhältnis zur von den Demokraten dominierten Traumfabrik verbessern. Die scheinbar selbstlose Kriegshilfe ist nur eine besonders raffinierte Form von Lobbyismus.

<div align="center">"Spider-Man" mutiert zum 12-Mio.-Dollar-Jockey


Als Hauptdarsteller der drei neuen "movies|3763|Spider-Man>"-Filme bekommt Nachwuchs-Star Tobey Maguire etwa 35 Millionen Dollar. Nun werden es noch einmal 12 Millionen Dollar mehr. Dafür spielt Tobey bald den Jockey eines legendären Pferdes namens "Seabiscuit". Die Story spielt in der Depressionsära der 30er-Jahre und basiert auf einer wahren Geschichte, nachzulesen in Laura Hillenbrands Buch "Seabiscuit: An American Legend". Schon wieder eine amerikanische Legende also, diesmal ausgetragen auf dem Rücken eines Pferdes, das für seinen dummen Namen wohl nichts konnte. Regie führt Gary Ross, für den Maguire schon bei "Pleasentville" vor der Kamera stand.

Reicher Tobey Maguire, armer David Koepp: Der "Spider-Man"-Drehbuchautor wollte zu gerne auch den Zuschlag für das Skript des ersten Sequels kriegen. Sechs Wochen gab ihm Sony deshalb Zeit, um einen Drehbuchentwurf für "Spider-Man 2" zu liefern. Und Koepp lieferte - doch das Ergebnis ist inzwischen Altpapier. Nun sind zwei andere Autoren an der Macht: Miles Miller und Al Gough, die Produzenten der bei uns (noch) unbekannten Teenie-Serie "Smallville", die von Superman als High-School-Schüler handelt. Von Koepps Drehbuchentwurf will das schreibende Duo höchstens kleine Bruchstücke sowie ein paar Ideen übernehmen.

<div align="center">Geölte Marketing-Maschine: Immer mehr Stars gehen auf Werbetour


Nicht nur Politiker sammeln gern Bonus-Meilen. Auch Stars wie Adam Sandler und Tom Cruise sind zurzeit immerfort auf Achse oder in der Luft, um ihre neuen Filme zu bewerben. Publicity ist angesagt, wobei die Größen aus der Traumfabrik natürlich lieber im Privatjet als in der schnöden First Class reisen, wo man sich Kaviar und Schampus eventuell mit einem Abgeordneten teilen müsste.

Sandler zum Beispiel war gerade erst in Köln, um dort für die neue Komödie "Mr. Deeds" (D-Start: 15.8.02) zu werben. Der Blödelmime unterhielt sich dort allerdings nur mit Funk und Fernsehen - Zeitungen und Zeitschriften gibt er bereits seit Jahren keine Interviews. Offenbar keine schlechte Strategie: In Nordamerika hat "Mr. Deeds" schon weit über 100 Millionen Dollar eingespielt.

Steven Spielberg und Tom Cruise sind ebenfalls auf großer Tour, und zwar für ihren neuen Film "Minority Report" (D-Start: 3.10.02). Zwar mag der packende Sci-Fi-Thriller diese Art von Extra-Werbung gar nicht nötig haben, doch Cruise und Spielberg wollen nichts dem Zufall überlassen: Bei sechs Stationen in den USA, einer Europapremiere in London und in vier weiteren Städten außerhalb Nordamerikas wurde und wird der Film von seinen Machern in den Medien angepriesen.

Hollywoods Marketing-Budgets für große Sommerfilme explodieren, inzwischen liegen sie - pro Film - oft jenseits der 50-Mio.-Dollar-Marke. Vor allem außerhalb der USA stoßen die Superstars dabei oft auf ein reges Medienecho. Für den zweiten Teil von "Men in Black" etwa tourte Will Smith durch 15 Länder - einschließlich unüblicher Staaten wie Korea, wo der Film prompt für einen Kassenrekord sorgte.

Auf Pressetour sind demnächst auch Vin Diesel für den superkommerziellen Action-Streifen "xXx - Triple X" (D-Start: 17.10.02), während Mike Myers für "Austin Powers in Goldständer" kräftig auf die Werbetrommel haut. George Lucas, der Kontrollfreak, war hingegen wohl zu restriktiv: Seine paranoide Medienpolitik soll mit dafür verantwortlich sein, dass "Star Wars: Episode 2" in Nordamerika knapp ein Drittel weniger als der erste Teil eingespielt hat.

Missratenen Filmen ist allerdings auch mit Superstars auf Tour nicht mehr zu helfen. Vor allem, wenn die Prominenten ihre miese Laune dabei auch noch vor die Medien tragen - so wie Harrison Ford unlängst bei einem Pressetermin in Chicago für den U-Boot-Film "K-19 - Showdown in der Tiefe" (D-Start: 5.9.02). Aber auch die Allüren von Nicolas Cage, der für John Woos missglückten Kriegsfilm "Windtalkers" in Hamburg Werbung machen sollte, sind vielen Presseleuten in schlechter Erinnerung geblieben. Zuletzt machte sich übrigens der schwarze Altstar Morgan Freeman unbeliebt. Für den Terroristen-Film "Der Anschlag" (Start diese Woche) auf Europatour, verweigerte der Schauspieler bei vielen Interviews praktisch die Aussage. Das nüchterne Ergebnis für den Filmverleih: Außer Spesen nichts gewesen.
Von Rico Pfirstinger/Filmreporter.de
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