Der Stern
Paul Hörbiger
Der personifizierte Österreicher
Retro Feature: Paul Hörbiger - es menschelt
Besonders durch seine Wien-Filme an der Seite von Hans Moser ist der Volksschauspieler Paul Hörbiger auch mehr als 25 Jahre nach seinem Tod dem breiten Publikum bekannt. Obwohl er als Darsteller leichter Unterhaltungsfilme gilt, wurde Hörbiger von dem renommierten Theaterregisseur Max Reinhardt entdeckt und spielte Jahrelang anspruchsvolle Theaterrollen am Wiener Burgtheater. Sein Leben war oft aufregend, so wurde er von den Nationalsozialisten zum Tode verurteilt, konnte aber entkommen.
erschienen am 25. 11. 2022
Der Stern
Paul Hörbiger
Die Hörbigers
Der Name Hörbiger steht für eine ganze Dynastie von erfolgreichen Schauspielern. Begründet haben diese die Brüder Paul (1894 - 1981) und Attila Hörbiger (1896 - 1987). Obwohl auch der um zwei Jahre jüngere Attila in über 80 Filmen mitwirkte, hat sich in der allgemeinen Wahrnehmung durchgesetzt, dass Paul sich eher der 'leichten' Film-Muse verfallen war und Attila eher die 'ernsthaften' Theater-Rollen spielte. Wenn man genauer hinsieht, merkt man schnell, dass sich beide in beiden Metiers wohl fühlten.

Obwohl in seinen Filmen zum Prototyp des Wieners avancierte, wurde Paul Hörbiger am 29. April 1894 im österreich-ungarischen Budapest geboren. Sein Vater war der Ingenieur und Erfinder Hanns Hörbiger, dessen noch existente Firma heute als Hoerbiger Holding Weltmarktführer für Kompressoren-Komponenten ist. Die Familie zog bereits 1902 nach Wien. Nach der Matura - wie das Abitur in Österreich heißt - meldete sich der junge Paul als Freiwilliger zum Kriegsdienst und wurde 1918 zum Oberleutnant befördert. Nach ersten Theaterengagements in Reichenberg und Prag gelang im 1926 unter der Regie von Theaterlegende Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin der Durchbruch. Dort spielte er bis 1931 parallel zu seiner Filmkarriere anspruchsvolle Rollen. Seinen ersten von mehr als 250 Filmauftritten hatte Paul Hörbiger 1928 in "Sechs Mädchen suchen Nachtquartier". Im selben Jahr spielte er bereits in Fritz Langs Klassiker "Spione" mit. In diesen Stummfilmjahren stellte Hörbiger meist witzige oder gar bösartige Typen dar.
Filmwelt
Christl, Paul und Thomas Hörbiger
Der Ton bringt den Erfolg
Mit dem Tonfilm, der für viele Stars das Ende ihrer Karriere bedeutete, lief die von Paul Hörbiger erst zu Hochtouren auf. In der Komödie "Der unsterbliche Lump" (1930) stand er gemeinsam mit seinem Bruder Attila vor der Kamera, der sich ebenfalls zu einem gefragten Schauspieler gemausert hatte. In den 1930ern wurde Paul zu einem der bekanntesten und beliebtesten deutschsprachigen Filmschauspieler. Einerseits stellte er überaus lebenslustige und herzensgute Typen dar, die aus der Unterschicht stammten. So spielte er Dienstmänner, Pferdekutscher, Kellner, Heurigen- und Bänkelsänger und Portiers. Andererseits verkörperte er österreichische Persönlichkeiten der Geschichte wie Kaiser Franz Joseph II., Joseph Hayden, Johann Strauß Vater und Sohn, Franz Schubert, Franz Grillparzer und Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz.
Der Stern
Paul Hörbiger
Der typische Österreicher?
Durch seine menschliche Art der Verkörperung seiner Rollen erreichte er einen hohen Grad an Identifikation bei seinem Publikum. Ähnliche Rollen, nur grantiger, spielte auch Hans Moser. Mit ihm spielte Hörbiger erstmals 1931 in "Der verjüngte Adolar" zusammen. Die beiden sollten über 30 Jahre lang gemeinsam in Filmen auftreten. Auch privat verband sie eine enge Freundschaft. Hörbiger wirkte in einer großen Anzahl so genannter 'Österreich-Filme' mit, die meist in Wien oder in den Alpen angesiedelt waren. Dadurch wurde Hörbiger neben Moser im Film zu dem Österreicher schlechthin. Doch auch das Theater ließ ihn nicht los. Ab 1940 gehörte er zum Ensemble des renommierten Wiener Burgtheaters.

Die Geschäftstüchtigkeit seines Vaters kam bei Paul Hörbiger 1935 durch. Er gründete gemeinsam mit Regisseur E. W. Emo (Emerich Wojtek) Emo und Karl Künzel die Produktionsfirma Algefa-Film (Allgemeine Film-Aufnahme und Vertriebs GmbH) in Berlin, die bis 1955 leichte Unterhaltungsfilme realisierte. Im Gegensatz zu seinem Bruder Attila drehte Paul keine Propagandafilme während dem Dritten Reich. Auch setzte er sich für jüdische Künstler-Kollegen in Wien ein, und half diesen, in die Schweiz zu fliehen. Kurz vor Kriegsende wäre Hörbiger sein Engagement fast zum Verhängnis geworden. Er wurde von den Nationalsozialisten über zwei Monate wegen Hochverrats eingesperrt und zum Tode verurteilt. Voreilig meldete die BBC bereits das Ableben des international bekannten Schauspielers.
Filmwelt
Harmonisches Ehepaar? Paul Hörbiger mit Trude Marlen
Wie starb Alfred Hörbiger?
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Paul bereits 1947 mit der Titelrolle in "Der Hofrat Geiger" an seine Erfolge anknüpfen. Er spielte eine kleine Rolle in dem international erfolgreichen britischen Filmklassiker "Der dritte Mann", der im zerbombten Wien spielt. Bald war er wieder auf die Rolle des gemütlichen Wieners, der beim Heurigen singt, festgelegt. Privat beschäftigte ihn in den 1950ern in erster Linie der mysteriöse Tod seines Bruders Alfred Hörbiger. Der ältere Bruder von Attila und Paul war Maler. Er übernahm die Firma seines Vaters, die er mit großem Erfolg führte. In den Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit starb er unter nie geklärten Umständen im Alter von 54 Jahren in der Innsbrucker Universitätsklinik. Paul erstattete 1951 Anzeige wegen Mordverdacht gegen Unbekannt. In den folgenden Jahren führte er mehr als ein Dutzend Prozesse, in deren Verlauf es zu Exhumierungen und Obduktionen des Leichnams kam. Im Zuge dieser Vorgänge zerrüttete sein Verhältnis zu seinem Bruder Attila völlig. Erst 1963 wurden sämtliche Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Filmwelt
Paul Hörbiger
Das Theater als Ausweg?
Ab 1965 hatte Paul Hörbiger immer weniger Lust, die immer gleichen Rollen zu spielen. Zudem war sein Freund Hans Moser im Jahr zuvor gestorben und so ging Hörbiger zurück ans Wiener Burgtheater. Dort konnte er bis kurz vor seinem Tod erneut anspruchsvolle Rollen spielen. Trotzdem trat er bis in die 1970er Jahre erfolgreich in Nebenrollen in Fernsehfilmen auf. In seinen letzten Lebensjahren versöhnte er sich mit Attila. Zwei Jahre vor seinem Tod spielte Paul 1979 seine letzte Rolle am Burgtheater in "Komödie der Eitelkeit" von Elias Canetti. Im selben Jahr veröffentlichte er seine Autobiographie "Ich hab für euch gespielt", bevor er am 5. März 1981 in seinem geliebten Wien starb.
erschienen am 25. November 2022
Zum Thema
1894 als Sohn eines Ingenieurs geboren, diente Paul Hörbiger 1914 freiwillig im ersten Weltkrieg. Nach seiner Berufung zum Oberleutnant während des ersten Weltkriegs, besuchte er ab 1918 eine Schauspielschule in Wien und schaffte mit einem Engagement am Deutschen Theater in Berlin 1926 den Durchbruch. In den Dreißigern verkörpert er in den ersten deutschen Tonfilmen den sympathischen Menschen voller Lebenslust, was ihn zu den populärsten Schauspielern machte. Seinen Nachfahren vererbte..
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