Der 1,90 Meter große Ire Liam Neeson wirkt stets wie ein Fels in der Brandung - auch nach dem tragischen Unfalltod seiner Frau ist das so. Keine Emotionen dringen nach außen. Die Trauer wird in der Familie aufgearbeitet. Bei der Beerdigung versteckt Neeson seine Augen hinter dicken Sonnenbrillen und er winkt sogar Journalisten und Fotografen zu, die ihm hinter der Absperrung auflauern. Das Medieninteresse ist groß - wie immer, wenn Boulevard-Journalisten eine Sensationsstory wittern. Als Neeson rund einen Monat nach der Trauerfeier mit seinem engen Freund Ralph Fiennes eine "Maria-Stuart"-Inszenierung am New York Theatre besucht, ist er erneut von Fotografen umringt. Und als er kurze Zeit nach dem Unfall an den Set von "Chloe" zurückkehrt, ist auch dies eine Nachricht wert.

Zeitungen berichten, Neeson stürze sich in die Arbeit. Tatsächlich war er schon immer ein arbeitswütiger Schauspieler. Oft dreht er mehrere Filme pro Jahr, zugleich ist er an diversen Theaterhäusern tätig. Seine Liebe gilt schon immer der Bühne. "Das ist mein Training, meine Ausbildung. Das Kino ist hundert Jahre alt, das Theater ist mindestens viertausend Jahre. Ich empfinde das als Huldigung, will dem Theater meine Schuld zurückzahlen", sagt er im Interview mit Filmreporter.de im Februar 2009, nur einige Monate bevor sich sein Leben für immer verändern wird. Damals befindet er sich in Berlin, um Pierre Morels "96 Hours" zu promoten. Im selben Interview spricht er auch von seiner Frau, die besser französisch spräche, als er selbst.

Erste Schritte als Darsteller macht Neeson mit der Theatergruppe Lyric Players' in Belfast. Zwei Jahre später wechselt er an das Abbey Theatre in Dublin. 1980 entdeckt ihn dort John Boorman, der ihn vom Fleck weg für eine kleine Rolle in "Excalibor - Das Schwert des Königs" engagiert. Bis 1993 folgen weitere kleine Rollen in Fernseh- und Kinofilmen. An der Seite von Anthony Hopkins, Jeremy Irons, Robert de Niro, Peter O'Toole, Woody Allen, Judy Davis und Sydney Pollack sammelt er jene Erfahrungen, die ihm unter Steven Spielberg in "Schindlers Liste" zum internationalen Durchbruch verhelfen. Hierfür wird Neeson für einen Oscar und einen Golden Globe nominiert.

Seine Position in der Kinobranche als Charakterdarsteller ist seitdem gefestigt. Fehlgriffe wie "Das Geisterschloss" oder dem ebenfalls schwachen "K-19 Showdown in der Tiefe" schaden seinem Ansehen nicht. Im Gegenteil. Es scheint, Neeson könne alles spielen, ob qualitativ hochwertig oder nicht. Man hat den Eindruck, nichts könne seiner stoischen Ruhe, die er schon früh ausstrahlt, anhaben. Tatsächlich versucht er sich in mehreren Genres, macht in dem Drama "Der Andere" ebenso eine gute Figur, wie in dem knallharten Actioner "96 Hours" oder dem Erotikthriller "Chloe". Nur als er eine Rolle in Joe Carnahans "Das A-Team - Der Film" annehmen soll, zögert er. Als starker Ex-Raucher fürchtet Liam Neeson, durch den übertriebenen Zigarrenkonsum seiner Filmfigur erneut rückfällig zu werden.