Sony Pictures
Christoph Waltz bei der Berliner Premiere von "The Green Hornet (3D)"
Klischeenazi im Rampenlicht?
Starfeature: Spätzünder Christoph Waltz
Christoph Waltz ist zufrieden. Dank seiner preisgekrönten Leistung in "Inglourious Basterds" reißt sich Hollywood um den österreichischen Schauspieler. Er genießt den ungewohnten Luxus, sich seine Rollen aussuchen zu können. Das war nicht immer so. Jahrelang fristet der Mann mit dem markanten Gesicht ein Schattendasein im deutschen Fernsehen. Zwar stellt er sein Talent des Öfteren unter Beweis, aber der Durchbruch bleibt aus. Doch dann engagiert ihn Quentin Tarantino für die Rolle seines Lebens.
erschienen am 20. 01. 2011
Isabel Pluta/Ricore Text
Christoph Waltz
Schattenseiten eines Traumberufs
Das Leben eines Schauspielers ist nicht so glitzernd, wie es oft den Anschein hat. Davon kann Christoph Waltz ein Lied singen. Nach der Ausbildung am renommierten Lee Strasberg Institute in New York stellt ihn Agent Paul Kohner vor die Wahl: "Wollen Sie Ihr Leben lang durch den Hintergrund laufen und 'Heil Hitler' schreien?" Der gebürtige Wiener will nicht und kehrt den Vereinigten Staaten den Rücken.

Im deutschen Fernsehen wird er schnell heimisch, spielt in Krimiserien wie "Ein Fall für Zwei", "Derrick", "Der Alte", "Kommissar Rex", "Polizeiruf 110" oder dem angesehenen "Tatort". Es ist trotzdem eine schwierige Zeit, in der er um jede Rolle kämpfen muss. In Interviews tritt er deshalb mächtig auf die Euphorie-Bremse, wenn er auf den Traumberuf angesprochen wird. Am Anfang sei er noch voller Verve gewesen, mit der Zeit schlich sich jedoch ein Gefühl der Ernüchterung ein, verrät er der Tageszeitung Frankfurter Rundschau am 10. Januar 2011. Irgendwann habe er sich eben damit abgefunden, dass die meisten Schauspieler finanziell gerade so über die Runden kommen.
UPI
Christoph Waltz in "Inglourious Basterds"
Glorreicher Halunke
Diese ernüchternde Erkenntnis lässt erahnen, dass Christoph Waltz während seiner über 30-jährigen Karriere einiges durchgemacht hat. Dabei kann der ausgebildete Theaterschauspieler noch nicht einmal behaupten, erfolglos gewesen zu sein. Obwohl er überwiegend im Fernsehen auftritt und sich im Kino höchstens mal in einer Nebenrolle zeigt, sprechen Kritikerlob und Auszeichnungen für sich. So stehen neben dem Bayerischen und dem Deutschen Fernsehpreis auch die Goldene Kamera und zwei Adolf-Grimme-Preise in seinem Trophäenschrank. Die größten Erfolge feiert er in der Titelrolle der Fernsehbiografie "Du bist nicht allein - Die Roy Black Story" sowie als Entführer im TV-Thriller "Der Tanz mit dem Teufel - Die Entführung des Richard Oetker".

Waltz spielt viele Charaktere, aber es sind vor allem die zwielichtigen und undurchsichtigen Figuren, die ihm besonders gut zu Gesicht stehen. Das sei bei seiner Visage auch nicht weiter verwunderlich, erklärt er selbstironisch der Zeitschrift Gala seine Eignung als Bösewicht.
Imagenet
Bambi-Gewinner Christoph Waltz
Hollywoods Türen öffnen sich
Ob sein Schurkengesicht für die Besetzung des SS-Mannes Hans Landa in "Inglourious Basterds" ausschlaggebend war, weiß nur Quentin Tarantino. Angesichts der überragenden Leistung seines Darstellers ist unbestreitbar, dass der Regisseur sich richtig entschieden hat. Kritiker und Juroren sehen es ähnlich und bedenken den Österreicher mit mehreren Preisen, darunter den begehrten Oscar als bester Nebendarsteller.

Und wie reagiert Waltz auf den späten Ruhm? Er genießt den unerwarteten Höhepunkt seiner Karriere und kostet all die Vorzüge aus, welche die Anerkennung mit sich bringt. Da wäre etwa die Zusammenarbeit mit zahlreichen Topstars. Dass ihm der Erfolg zu Kopf steigen könnte, ist nicht zu befürchten: "Ich habe schon mehrere solche kometenhafte Aufstiege erfolglos hinter mich gebracht", witzelt Waltz im Spiegel-Interview nach der Rückkehr von der Oscargala.
Sony Pictures
Christoph Waltz in "The Green Hornet"
Rosige Zukunftsaussichten
Ein erneuter Absturz ist dennoch nicht zu befürchten. Dafür sorgen auch Freundin Judith Holste und die gemeinsame Tochter, die erst mal häufiger ohne Christoph auskommen müssen. Der heiß begehrte Mime weilt vermehrt in Los Angeles, um sich neuen Projekten zu widmen. Dazu gehört die Actionkomödie "The Green Hornet", in der er erneut den skrupellosen Bösewicht gibt. Er ist auch in dem Drama "Wasser für die Elefanten" sowie der Literaturverfilmung "Die drei Musketiere" zu sehen. Das ist sicher eine Genugtuung für den Schauspielveteran, der sich angesichts der vielen Angebote aus Hollywood über mangelnde Arbeit nicht beschweren dürfte.

In einer ruhigen Minute erinnert er sich vielleicht wieder an seinen früheren Agenten, der ihm einst von einem Engagement in den Vereinigten Staaten abriet - wegen der Aussicht auf die drögen Nazi-Klischeerollen. Ironischerweise ist es ausgerechnet eine solche Rolle, mit der sich Waltz ins Rampenlicht gespielt hat, aber so läuft es im Leben eines Schauspielers manchmal eben doch...
erschienen am 20. Januar 2011
Zum Thema
Christoph Waltz ist der österreichische Schauspieler mit dem vielleicht einprägsamsten Gesicht. In einer Schauspielerfamilie groß geworden, besucht er zunächst das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, dann geht er nach New York, um am Lee Strasberg Theatre Institute seine Schauspielausbildung zu vollenden. Im Laufe seiner Karriere verkörpert er immer wieder Bösewichte, undurchschaubare oder unsympathische Charaktere. Seine zahlreichen Theaterengagements, Preise und Filmauftritte führen nicht zum..
Weitere Starfeatures
Christopher Nolans filmisches Labyrinth
Prinzessin Dianas Leid
2024