Lisa Film/Oliver Roth
Peter Weck in einer Szene aus "Das Traumhotel - China"
Was ihm Augen verraten
Interview: Peter Weck über die Vorzüge des Alters
Spätestens seit den 1950er Jahren kennt das deutsche Publikum den allseits beliebten Darsteller Prof. Peter Weck. Seither konnte er als Schauspieler und Regisseur immer wieder große Erfolge feiern. Auch am Theater machte er sich früh einen Namen. Im Gespräch verrät er uns, warum er alljährlich auf eine Fischsuppe besteht, sie trotz regelmäßigen Kochens während seiner Junggesellenzeit aber nicht selber zubereitet, was er von modernen Theatervorführungen hält und in welchen Momenten er sich doch etwas alt fühlt.
erschienen am 17. 01. 2008
Lisa Film/Oliver Roth
Peter Weck und Christian Kohlund in China
Ricore: Für "Das Traumhotel" haben Sie im chinesischen Peking gedreht. Was für einen Eindruck haben Sie während der Dreharbeiten von der asiatischen Kultur bekommen?

Peter Weck: Überraschenderweise erhielt ich während meines Aufenthaltes in China einen konträren Eindruck von dem Land. Eigentlich habe ich es mir ganz anders vorgestellt. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Parallelität des Kommunismus und des Kapitalismus, der gewaltig ist. In Peking ist der Kapitalismus noch nicht ganz so augenscheinlich wie in Shanghai. Ich hatte ein paar freie Drehtage, die ich dafür genutzt habe, nach Shanghai zu fliegen und mir die Stadt anzusehen. Dort habe ich festgestellt, dass sich Shanghai von Peking sehr unterscheidet. In Shanghai ist alles viel freizügiger, die Leute leben dort ohne Rücksicht auf Verluste. Jeder, den man auf politische Themen anspricht, weicht aus. Es wird einfach nur geduldet und gemacht - aber es wird Enormes geleistet. Ich kann natürlich nicht in die Zukunft blicken, aber ich glaube, dass das Land als Wirtschaftsmacht einiges in den Händen halten wird. Mich hat China begeistert, trotzdem würde ich nicht dort leben wollen. Das ist aber einfach eine Sache, die von der persönlichen Mentalität ausgeht. Ich glaube, ich bin zu alt, um mich nochmal innerlich komplett auf eine andere Mentalität einzustellen.

Ricore: Hegen Sie eine Affinität zu anderen Glaubensrichtungen? Haben Sie sich im Vorfeld mit dem Buddhismus beschäftigt?

Weck: Nein, ich muss zugeben, dass ich das nicht gemacht habe. Das hat mich einfach nicht interessiert.

Ricore: In Ihrer Rolle des Karl in "Das Traumhotel" erfahren Sie unvermittelt von der Hochzeit Ihrer Tochter mit einem Chinesen. In einer Szene treffen Sie auf Ihren zukünftigen Schwiegersohn, ohne zu wissen, wer er eigentlich ist. Im Laufe des Gesprächs sagen Sie ihm, dass Sie von interkulturellen Hochzeiten nicht viel halten, er spricht sich für die Liebe aus. Welcher Person stimmt Peter Weck zu?

Weck: Die Ansicht der Figur Karl kam ja von einem engstirnigen, bornierten Mann, der von interkulturellen Beziehung von vorneherein nichts hielt und sich das somit gar nicht vorstellen kann. Seine Ansicht teilen sicherlich viele, denn dieser Gedanke ist in unseren Breiten noch immer verbreitet. Meine Rolle hat mir gerade wegen solcher Einstellungen gefallen. Karl ändert seine Meinung und dieser kann sich dann auch ein Peter Weck anschließen. Die Rolle bot mir auf diese Weise etwas Komödiantisches und die Möglichkeit, aus der Realität heraus humorvolle Dinge auch ernsthaft betrachten zu können.
Andrea Niederfriniger/Ricore Text
Peter Weck
Ricore: Was war der Hauptgrund für Sie, diese Rolle zu übernehmen?

Weck: Die Figur selbst war natürlich ein wesentlicher Punkt, weshalb ich die Rolle übernommen habe. Es hat besonderen Spaß gemacht, den Wandel in der Person zu spielen. Die Arbeit mit meinen Filmpartnern war überhaupt sehr amüsant und angenehm. Noch dazu waren meine beiden chinesischen Filmpartner ganz ausgezeichnete Schauspieler - besonders mein vermeintlicher Schwiegersohn, der in China sehr erfolgreich ist. Er machte mir ein sehr schönes Kompliment, indem er über mich sagte, er bräuchte gar nicht zu wissen, was ich sage, da er schon an meinen Augen erkennen könne, was ich meine. Das ist der wesentliche Punkt der Schauspielerei, der allerdings zu oft übergangen wird. Ich selbst sehe in den Augen junger Schauspieler, ob sie zuhören können oder ob sie sich ständig fragen, was sie als nächstes sagen sollen.

Ricore: Wie waren die Dreharbeiten mit Kollegen, die eine andere Sprache sprechen, mit denen man sich nicht verständigen kann?

Weck: Es war für mich eine ganz neue Erfahrung, mit Schauspielern zusammen zu arbeiten, die ich nicht verstanden und die mich nicht verstanden haben. Ich las mein Drehbuch und musste den Part meines chinesischen Filmpartners mitlernen. Das war ein neues Training für mich. In "Das Traumhotel" ging es hauptsächlich darum, Dinge emotional auszutauschen ohne die Sprache des anderen verstehen zu müssen. Ich empfand es als eine für mich neue, aber sehr interessante Erfahrung. Im Laufe der Jahre habe ich schon mit diversen nicht-deutschen Schauspielern gearbeitet, wie mit Maria Schneider, die nur Französisch sprach. Die französische Sprache ist unserer jedoch so ähnlich, dass ich Fragmente verstehen konnte. Das ist im Chinesischen natürlich anders.

Ricore: Haben Sie sich mit den chinesischen Schauspielern nur auf dieser emotionalen Ebene verständigt oder konnten die teilweise schon ein paar Brocken Englisch.

Weck: Nein, die chinesischen Schauspieler konnten kein Englisch. Gott sei Dank war immer eine Übersetzerin am Set und hat gedolmetscht. Aber gemocht haben wir uns alle - auch ohne uns gegenseitig zu verstehen.
Lisa Film/Oliver Roth
Peter Weck in einer Szene in "Das Traumhotel"
Ricore: Sie sind beruflich sehr vielfältig. Sie führen am Theater und fürs Fernsehen die Regie, sie schauspielern fürs Theater und fürs Fernsehen. Was ist Ihnen lieber? Die Regie oder die Schauspielerei?

Weck: Die Abwechslung ist mir am liebsten. An der Arbeit als Schauspieler genieße ich besonders, mich auf mich selbst und auf meine Rolle konzentrieren zu können. Ich befinde mich trotzdem immer in einer beobachtenden, aber nicht in einer einmischenden Rolle, was bedeutet, dass ich dem Regisseur nie reinreden würde. In derartigen Situationen denke mir lediglich meinen Teil. Ich liebe es eben an der Regie, die Zügel in der Hand halten zu können. Schauspieler müssen quasi in der Zukunft leben. Während sie noch die eine Rolle verkörpern, denken sie schon an die nächste. Man kann als Schauspieler eigentlich nicht im Moment leben. Diese Schnelllebigkeit ist für mich einfach nur furchtbar. In meinem fortgeschrittenen Alter habe ich gelernt, mich nur mit einer Sache zu beschäftigen. Wenn ich eine Szene spiele, dann spiele ich nur diese Szene. Doch nach einer Weile muss ich einfach wieder ins optische Fach wechseln und die Regie übernehmen. Mich hat die Filmtechnik ohnehin schon immer brennend interessiert. Selbst wenn ich ein Buch lese, denke ich oftmals aus der Position des Regisseurs heraus. Wenn mir der Stoff gefällt, habe ich sofort Ideen, wie man es verfilmen könnte. Dann sehe ich schon vor mir, wie die Kamera fährt, wo und wie die Szene endet. Als Schauspieler bin ich eher in einer abhängigen Position, was aber auch sehr interessant ist.

Ricore: Wann wussten Sie, dass Sie Schauspieler bzw. Regisseur werden wollen?

Weck: Schon als Kind habe ich gerne beobachtet, aber in diesem Zusammenhang nie gespürt, dass mich auch die Schauspielerei mal interessieren könnte. Es gibt halt auch diejenigen, die behaupten, schon in der Wiege gespürt zu haben, dass sie Schauspieler werden würden, es aber nie wirklich geschafft haben. (lacht) So etwas habe ich nie gespürt.

Ricore: Sie haben zunächst Maschinenbau studiert. Wie kam es, dass Sie sich doch für die Medienbranche entschieden haben?

Weck: Ich bin zum Beruf des Regisseurs nur durch Zufall gekommen. So ist es in meinem Leben bisher fast immer gelaufen. Ich wollte nie Intendant werden und bin es geworden, ich wollte nie Regisseur werden und bin es geworden. Schon bevor ich überhaupt in das Regiefach gewechselt habe, bin ich als Schauspieler oft von meinen Kollegen nach meiner Meinung gefragt worden, wie ich diese und jene Rolle verkörpern würde. Oftmals waren das etablierte Schauspieler, von denen eigentlich ich hätte lernen müssen. Sie haben mir aber immer andächtig zugehört und meine Ratschläge angenommen. Auch das hat mich der Regie näher gebracht. Ich liebe es einfach, einem jungen Schauspieler zu helfen, sich von seiner Schüchternheit zu lösen und sein Talent aufzudecken. Diese Dinge machen mir in diesem Beruf am meisten Spaß. Ich habe schon früh gewusst, dass ich eine Art Gabe besitze, durch die ich Dinge sezieren kann. Zudem glaube ich, dass ich als Regisseur eine recht angenehme Arbeitsatmosphäre schaffe. Ich schreie nicht nur rum wie so mancher Kollege.
Lisa Film/Oliver Roth
Fremde Kultur in "Das Traumhotel - China"
Ricore: Was sind die Unterschiede, als Schauspieler vor der Kamera oder auf der Theaterbühne zu stehen?

Weck: In gewisser Weise sind das Theater und der Film zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Jüngere Schauspieler sagen mir oft, die Theaterbühne wäre nichts für sie, sie könnten viel besser mit der Kamera umgehen. Bei manchen Schauspielern stimmt das, sie sind eher für die Kamera geschaffen. Vor Jahren habe ich mit Heinz Rühmann beim Wiener Burgtheater Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" gespielt. Die Kritiker haben damals über Heinz Rühmann geschrieben, er hätte seine Aufgabe als erfahrener Filmschauspieler gut gemeistert, stimmlich wäre er allerdings gescheitert. Angeblich konnte man ihn ab der dritten Reihe nicht mehr verstehen. Heinz Rühmann und ich haben das Stück ganz wunderbar miteinander inszeniert und haben uns auch privat ausgezeichnet verstanden. Trotzdem ist es einfach so, dass man beim Theater stimmlich wie auch mimisch viel mehr arbeiten muss als beim Film. Auf der anderen Seite darf man die Natürlichkeit nicht verlieren. Das liegt nicht unbedingt jedem Schauspieler.

Ricore: Arbeiten Sie selbst noch viel am Theater?

Weck: Das Theater hat sich meiner Meinung nach stark verändert. Regisseure inszenieren Stücke heute ganz anders als früher. Ich habe das Gefühl, dass im Theater heutzutage oftmals eine Zwangsart herrscht, in der gesprochen und gespielt wird. Immer wird etwas zum Stück parallel präsentiert, das gar nicht dazu gehört. Das ist wiederum die Idee eines Regisseurs, der weiß, was zum Stück passt und was nicht. Solche ausgefallenen Ideen erfordern lange Proben. Das kann ich leider nicht mehr mitmachen, da habe ich keine Zeit. Aber ich habe über 30 Jahre am Theater gearbeitet, von Shakespeare bis Schnitzler konnte ich meinem Spieltrieb freien Lauf lassen. Nach dem Krieg kam das Fernsehen mit viel anspruchsvolleren Aufgaben hinzu, was für mich ein schöner Zuverdienst war.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 17. Januar 2008
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2024