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Max von Thun
Max von Thun vom Vater rasiert
Interview: Der Tod ist Rostock-Fan
Max von Thun ist Münchner. Wir haben mit ihm über den ZDF-Fernsehfilm "Stürmische Zeiten" gesprochen. Der Schauspieler verrät, dass auch ein Dramen-Dreh Spaß machen kann und ihm die Heimatstadt München manchmal provinziell erscheint. Die Fans seiner Musikgruppe "77" werden sich freuen. Der Gitarrist und Sänger kündigt für 2008 ein zweites Album an.
erschienen am 7. 04. 2008
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Max von Thun in "Stürmische Zeiten"
Ricore: Ihre Filmfigur Nils in "Stürmische Zeiten" hat eine tragische Rolle. Die Beziehung zum Vater ist zerrüttet, eine angedeutete Liebesbeziehung hat nicht die Zeit, sich zu entwickeln. Schließlich erfährt er, dass er schwer krank ist. Bevorzugen Sie derart dramatische Rollen?

Max von Thun: : Für mich ist das sehr reizvoll. Ich spiele lieber so eine Rolle, als den glatten Heile-Welt-Part. Mir geht es auch nicht darum, ob eine Rolle düster ist, sondern darum, ob sie in eine gute Geschichte eingebettet ist und die Entwicklung der Rolle spannend und nachvollziehbar ist. Ich finde, dass Nils die größte Entwicklung im Film durchlebt. Zum einen die gesundheitliche Entwicklung und dann die zwischenmenschliche, die schließlich wieder zu einer Annäherung mit dem Vater führt. Leider gibt viele Rollen, die wenig facettenreich sind, so dass man eigentlich nur seinen Text aufsagt und sonst nicht viel spielen kann. Das ist für einen Schauspieler nicht sehr spannend.

Ricore: Zu den poetischsten Szenen im Film gehört die, in der der Vater den kranken Sohn rasieren muss. Stimmen Sie mir zu?

von Thun: : Schon nach dem Drehbuch war klar, dass das der emotionalste Punkt im Verhältnis von Vater und Sohn wird. In dem Film wird häufig sehr ruhig gespielt. Das hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Dieser Moment bringt beide einander näher. Es ist in diesem Augenblick eine Intimität zwischen ihnen, die vorher nie zu sehen war. In dieser Szene findet auch das erste klärende und aufklärende Gespräch statt. Das ist fraglos eine Schlüsselszene. Sie hat auch beim Dreh sehr viel Spaß gemacht und ich halte sie für sehr gelungen.
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Max von Thun
Ricore: Denkt man während man so etwas spielt auch über sein eigenes Verhältnis zu den Eltern nach?

von Thun: : Nein. Ich suche nie nach eigenen Parallelen zu einer Rolle. Das Gegenteil ist eher der Fall. Je mehr sich eine Rolle von meinem Privatleben unterscheidet, desto mehr interessiert sie mich. Ich frage mich beim Spielen auch nicht, wie ich reagieren würde. Denn der Charakter, den ich spiele, ist ja ganz anders als ich. Ich versuche anhand der Informationen aus dem Drehbuch und durch Gespräche mit dem Regisseur eine Rolle zu konstruieren. Ich frage mich immer nur, wie dieser Charakter an diesem Punkt reagieren würde. Interfamiliäre Beziehungen und Reibungen sind ein sehr spannendes Thema. Menschen finden leicht einen Bezug, weil sie das Thema von sich selbst kennen.

Ricore: Ein weiteres Thema im Film ist der Gegensatz von Stadt und Land. Wohin zieht es Sie mehr?

von Thun: : Ich bin in München aufgewachsen. Dort ist meine Heimat. Ich bin aber ganz froh, dass ich viel unterwegs bin. Sonst würde mich München erdrücken. Die Stadt ist schon eher provinziell. Ich glaube, dass es für junge Menschen leichter ist, sich in großen Städten zu verwirklichen. Ich habe einen guten Kompromiss mit München gefunden, weil man von hier sehr schnell an einem See, in einem Wald, an in den Bergen sein kann. Ich kann hier sehr naturverbunden leben und genieße diese Idylle sehr. Aber ich bin jemand, der die Vorzüge einer Großstadt zu schätzen weiß. Ich habe nicht so eine große Sehnsucht nach dem Landleben.
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Wolfgang Stumph und Max von Thun in "Stürmische Zeiten"
Ricore: Hat sich die Landschaft oder das schwierige Thema auf die Stimmung am Set ausgewirkt?

von Thun: : Ich glaube als Außenstehender stellt man sich das oft falsch vor. Erstaunlicherweise ist bei Dramen die Stimmung am Set oft besser, als bei Komödien. Vielleicht ist das eine Art Schutzmechanismus. Man versucht, das Elend der Geschichte nicht zu nah an sich ranzulassen. Ich weiß auch nicht, wozu das gut sein sollte. Ich bin jemand, der gerne Spaß hat. Bei den Dreharbeiten mache ich ein Rollstuhlrennen mit dem Beleuchter und im Anschluss drehen wir die Szene, wie ich im Rollstuhl sitze und traurig aus dem Fenster schaue. Es ist auch nicht so, dass man abends nach dem Dreh zusammensitzt und denkt: "Gott sei Dank, sind wir nicht krank". Da redet man über andere Dinge und verbringt einen netten Abend zusammen. Natürlich muss man sich für bestimmte Szenen in eine entsprechende Stimmung versetzen. Da wird nicht einfach die Klappe geschlagen und man ist todkrank. Es gibt auch Momente in denen ich mich zurückziehe und mir Gedanken mache. In solchen Augenblicken versuche ich konzentriert zu bleiben und spare mir Blödeleien. Wenn die Szene im Kasten ist kann ich sehr schnell umstellen. In diesem Film bringe ich mich zum Beispiel mit einer Überdosis Morphium um. Ich trinke das Gift aus einem Hansa-Rostock-Becher. Jedes Mal, wenn ich das Glas in die Hand nahm dachte ich, wie kann man sich nur mit einem Hansa-Rostock-Becher umbringen. Das trinke ich dann und sobald einer ruft, "Danke, das war's", sage ich "Kein Wunder, dass ich drauf gehe, wenn ich aus einem Hansa-Rostock-Becher trinke."

Ricore: Parallel fanden Dreharbeiten zu den Buddenbrooks statt? Hat man davon etwas mitbekommen?

von Thun: : Ja, einmal haben wir sie gesehen. Die waren allerdings gerade schon wieder am Abbauen. Das hat mich aber auch nicht großartig interessiert, obwohl das natürlich ein ambitioniertes Projekt mit sehr guten Schauspielern ist.

Ricore: Wie geht es mit Ihrer musikalischen Karriere weiter?

von Thun: : Ich bin gerade dabei, meine zweite Platte vorzubereiten. Ich schreibe schon seit einem halben Jahr an Liedern. Ich möchte mir in diesem Jahr auf jeden Fall etwas mehr Zeit für meine Musik nehmen. 2007 habe ich mehr gedreht, als ich eigentlich vorhatte. Ich habe zwar wieder zwei, drei Angebote aber noch nichts unterschrieben.
erschienen am 7. April 2008
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Irgendwann hatte der Sohn von Schauspieler Friedrich von Thun einfach keine Lust mehr auf Familie. Max ging in ein englisches Internat und machte sein Abitur auf der Insel. Seinen ursprünglichen Plan, Regisseur zu werden, gab er bald danach auf und wurde Schauspieler. Der 1,93 Meter große Münchner ist seit 1997 in zahlreichen TV-Produktionen zu sehen. Er ist außerdem Sänger und Gitarrist der Band "77", die nach seinem Geburtsjahr benannt ist.
"Stürmische Zeiten" herrschen auf der Halbinsel Fischland an der Ostsee nicht nur wetterbedingt. Vater Werner (Wolfgang Stumph) und Sohn Niels (Max von Thun) sind heillos zerstritten. Dazwischen steht Urlauberin Inka (Marie Zielcke), die sich in einen verliebt und zu dem anderen Vertrauen fasst. Das TV-Drama um zwei Sturköpfe vermittelt sowohl eine heitere Atmosphäre als auch den Ernst alltäglicher Nöte.
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