Sony Pictures
Harrison Ford
Harrison Ford über sein teures Hobby
Interview: Schmerz und Triumph
Sein Philosophiestudium brach Harrison Ford (61) kurz vor dem Examen ab, um Schauspieler zu werden. Nach erfolglosen Theaterengagements, einigen miesen Fernsehrollen und einem Nebenjob als Schreiner entdeckte ihn George Lucas für "American Graffiti". Das war 1973. Heute, dreißig Jahre später, zählt "Mr. Indiana Jones" zu den absoluten Topstars und kassiert pro Film bis zu 25 Millionen Dollar Gage. Mit der Action-Komödie "Hollywood Cops" wagte sich Ford mit seinem Filmpartner Josh Hartnett auf neues Terrain. Wir trafen den Star im Berliner Luxushotel Four Seasons.
erschienen am 10. 09. 2003
Mit von der Partie war auch "Ally McBeal" Calista Flockhart (38). Doch Fords 33 Jahre jüngere Lebensgefährtin hielt sich ganz betont im Hintergrund und wurde dennoch - obwohl von mehreren Bodyguards abgeschirmt - bei einem Shopping-Trip in der Berliner Innenstadt von Paparazzi "abgeschossen".

Für den Hobbypiloten, dem die Privatsphäre bekanntlich über alles geht, ein Unding. Fragen nach Fords Privatleben waren und sind deshalb tabu. "Haben Sie schon mal einen Journalisten umgebracht?", erkundigte sich die Vertreterin einer Frauenzeitschrift vorsichtshalber, ehe sie Ford nach dem Termin der Hochzeit mit Calista fragte. "Bis jetzt noch nicht", konterte der, die eigentliche Frage ignorierend. "Aber bei Ihnen fange ich damit vielleicht gleich an.
Sony Pictures
Harrison Ford und Josh Hartnett in: Hollywood Cops
Sein trockener Humor und seine Angewohnheit, Journalisten, wenn sie blöde Fragen stellen, gnadenlos auflaufen zu lassen, haben dem Star den Stempel des maulfaulen Griesgrams aufgedrückt. Beispiel: "Wie war das, als Sie 60 wurden?" Ford: "Weiß ich nicht mehr, das ist so lange her..." Jeder kommt eben auf seine eigene Weise mit dem Altern klar: Clint Eastwood wurde Bürgermeister, Produzent und Regisseur, und Arnold Schwarzenegger möchte Gouverneur von Kalifornien werden. Darüber kann Harrison Ford nur schmunzeln. Zwar kritisiert er öffentlich die Außenpolitik von George W. Bush, vertritt ansonsten allerdings die Ansicht, dass Schauspieler ihrem gewählten Beruf treu bleiben sollten.

Nebenbei verunsichert der Star seine meist jüngeren Kollegen damit, dass er auch mit 61 Lebensjahren noch fast alle Stunt-Einlagen selber macht. Josh Hartnett (25), der in "Hollywood Cops" Fords jungen Partner bei der Mordkommission verkörpert, kam mit der hemdsärmeligen Arbeitsweise seines einstigen Idols jedenfalls überhaupt nicht klar. Die beiden wurden bei den Dreharbeiten keine Freunde.
Sony Pictures
Lena Olin und Harrison Ford in: Hollywood Cops
Ricore Medien: Mr. Ford, innerhalb weniger Jahre waren Sie in München, Köln und Berlin zu Gast. Gefällt Ihnen Deutschland so gut?

Harrison Ford: Ich kenne von Deutschland nicht viel mehr als ein paar Luxushotels. Ich gehe einfach dorthin, wohin man mich schickt, um meine Filme zu promoten. Für Land und Leute bleibt da nicht viel Zeit. München kenne ich noch am besten. Mein Sohn war dort mit Sechzehn ein Jahr lang als Austauschschüler.

Ricore: Dann sprechen wir lieber über Ihren neuen Film "Hollywood Cops", in dem Sie zusammen mit Josh Hartnett ein ungleiches Polizistenduo spielen. Muss sich Harrison Ford auf eine solche Rolle überhaupt noch vorbereiten?


Ford: Es stimmt, ich habe in meiner Karriere schon sehr oft Polizisten gespielt. Trotzdem habe recherchiert, um die Besonderheiten der Polizei von Los Angeles herauszuarbeiten. Wie denken sie dort, wie organisieren sie sich, und welches Image geben sie nach außen ab?

Ricore: Sie nehmen großen Einfluss auf die Drehbücher Ihrer Filme. Wie zeigt sich das bei "Hollywood Cops"?


Ford: Ich bin nicht dominant. Alle haben zusammengearbeitet und ihren Teil in die Geschichte eingebracht. Was im Einzelnen letztendlich von mir stammt, kann ich gar nicht mehr genau nachvollziehen.
Sony Pictures
Harrison Ford in: Hollywood Cops


Ricore: Sind Sie mit dem Ergebnis voll und ganz zufrieden?


Ford: Relativ gesehen schon. Allerdings bin ich bei einer so komplexen Angelegenheit wie einem Film nur äußerst schwer zufrieden zu stellen. Es ist immer dasselbe: Hätten wir hier mehr Licht gehabt, da etwas mehr Zeit und dort etwas mehr Energie... Sie wissen schon, was ich meine. Insgesamt bin ich aber zufrieden.

Ricore: Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso der Film an den amerikanischen Kinokassen so kläglich unterging?


Ford: Diese Formulierung finde ich zu hart. Der Film hat sich eben nicht als großer Sommerhit erwiesen. Aber bedenken Sie, dass kleinere Filme wie der unsere es in letzter Zeit sehr schwer hatten gegen die großen Action-Spektakel. Wir konzentrieren uns mehr auf die Figuren, nicht auf die Action. Der Kinotrailer sagte leider etwas anderes aus, aber an einem bestimmten Punkt endet eben auch mein Einfluss.

Ricore: Dann wird es vielleicht Zeit für Sie, sich selber mehr als Produzent oder als Regisseur zu betätigen?


Ford: Regie interessiert mich nicht. Ich will mit Menschen zusammenarbeiten, nicht ihr Boss sein. Außerdem ist der Job zeitaufwendig und bringt zu wenig Geld. (lacht) Da ist mir meine jetzige Arbeit lieber.
Sony Pictures
Harrison Ford in: Hollywood Cops
Ricore: Was drängt Sie eigentlich, immer noch Filme zu drehen? Das Geld oder mangelnde Berühmtheit können es ja wohl nicht sein.

Ford: Ich arbeite einfach gern. Ganz gleich ob ich nun Holz hacke, Ställe kehre, ein Dach repariere, den Müll der Kinder aufräume oder eben einen Film drehe. Ich arbeite gerne. In mehr als dreißig Jahren habe ich gelernt, wie man Filme dreht. Hier finde ich die größte Herausforderung, die höchste Anerkennung und die beste Teamarbeit. Hier kann ich mich intellektuell einbringen.

Ricore: Arbeiten Sie manchmal noch als Schreiner?


Ford: Nein, ich habe das meiste verlernt und bin nicht mehr so geschickt. Es ist wie bei einem Geigenspieler: Wenn ich jeden Tag übe bzw. in der Werkstatt arbeite, dann kann ich den Job mit einer gewissen Präzision erledigen. Ansonsten verkommt das Talent. Mein Werkzeug habe ich aber immer noch, man kann schließlich nie wissen. Vielleicht bekomme in ein paar Jahren wieder richtig Lust. Aber im Moment mache ich lieber andere Dinge.

Ricore: Zum Beispiel...


Ford: ...Fliegen. Ein wirklich aufwendiges Hobby. Erst neulich war ich wieder zwei volle Tage in einer Flugschule, um mich mit einem bestimmten Flugzeugtyp vertraut zu machen. Außerdem habe ich ein Helikopter-Training für Rettungseinsätze absolviert, danach noch eines für spezielle Flugsituationen. Das erhöht die eigene Sicherheit und die Sicherheit der Passagiere. Für Schreinern bleibt da einfach keine Zeit.
Sony Pictures
Harrison Ford und Josh Hartnett in: Hollywood Cops
Ricore: Wenigstens hindert Sie das Fliegen nicht daran, einen vierten "Indiana Jones" zu drehen. Gibt es schon einen genauen Drehtermin?

Ford: Steven Spielberg und ich haben den Spätsommer 2004 anvisiert. Ich denke, ab diesem Zeitpunkt können wir mit den Dreharbeiten beginnen.

Ricore: Demnach sind die Gerüchte falsch, dass Steven Spielberg eventuell gar nicht Regie führen wird?


Ford: Wo haben Sie denn das gelesen? Mal wieder im Internet? (lacht) Nein, Steven wird definitiv Regie führen.

Ricore: Sind Sie selbst oft im Internet?


Ford: Ja, aber nur, um schnell an Informationen zu bekommen. Wenn ich ein Drehbuch vor mir liegen habe, kann ich mich übers Internet in kürzester Zeit über die bisherige Arbeit der Filmemacher informieren. Das finde ich praktisch. Andererseits wird im Internet unglaublich viel Müll geschrieben, der Wahrheitsgehalt wird fast nie geprüft. Ein Fan streut irgendein Gerücht, andere nehmen es auf, und schon entwickelt es ein Eigenleben.
Sony Pictures
Lena Olin und Harrison Ford in: Hollywood Cops
Ricore: Eines dieser Gerüchte besagt, dass Sie die Hauptrolle in Steven Soderberghs Film "Traffic - Macht des Kartells" abgelehnt haben.

Ford: Dieses Gerücht ist wahr. Der Grund für meine Absage: Kurz vorher hatte ich in "Begegnung des Schicksals" eine ähnliche Rolle gespielt: einen Mann, der in den ersten zehn Minuten des Films erfährt, dass seine Frau tot ist und offenbar eine Affäre hatte. Bestimmte Aspekte der Rolle lagen einfach zu nah an "Traffic". Denn dort geht es um einen Mann, der in den ersten Minuten des Films erkennt, dass seine Tochter drogenabhängig ist und ihr Geld mit Prostitution verdient. Reaktionen und Emotionen wären bei diesen beiden Rollen zu ähnlich gewesen.

Ricore: Nun probierten Sie etwas komplett Neues und zeigen in "Hollywood Cops" Ihr komödiantisches Talent.


Ford: Das einzige in dieser Richtung war bisher "Sechs Tage, sieben Nächte". Für gewöhnlich werde ich immer für romantische Komödien besetzt. Als sich mit "Hollywood Cops" die Chance bot, mal etwas anderes auszuprobieren, habe ich natürlich zugegriffen. Ich bevorzuge Komödien, die sich mit den einzelnen Figuren auseinandersetzen.

Ricore: Möchten Sie in Zukunft mehr Komödien drehen?


Ford: Natürlich! Man muss in der Lage sein, jedes Genre zu meistern. Wenn mir wieder eine gute Komödie angeboten wird, warum nicht? Ich arbeite gerne mit Leuten, für die ich persönlich Respekt aufbringen kann. Dann komme ich, mache meinen Job, gebe mein Bestes und verschwinde wieder. Das dauert bei einer Hauptrolle inklusive Recherche, Dreh, Postproduktion und Promotion ungefähr sechs Monate. Normalerweise drehe ich einen Film pro Jahr.
Sony Pictures
Josh Hartnett in: Hollywood Cops
Ricore: In "Air Force One" haben Sie mal den Präsidenten der Vereinigten Staaten gespielt. Was halten Sie von den politischen Ambitionen Ihres Kollegen Arnold Schwarzenegger?

Ford: Ich denke nicht viel darüber nach, aber es amüsiert mich, wie der Rest der Welt die Situation betrachtet. Ich wähle in Wyoming, nicht in Kalifornien, also ist die ganze Sache für mich in erster Linie ein Theaterstück mit politischem Hintergrund.

Ricore: Die Presse bezeichnete Josh Hartnett als jungen Harrison Ford. Wie viel von Ihnen steckt wirklich in ihm?


Ford: Josh ist Josh und arbeitet auf seine Weise. Bei mir ist das genauso. Wir sind völlig verschieden, haben oft sehr unterschiedliche Ansichten. Für mich ist das ein deutliches Indiz dafür, dass unsere Rollen gut besetzt wurden.

Ricore: Josh Hartnett erzählte in Interviews, sie hätten ihn beim Dreh sehr oft verunsichert, verwirrt und regelrecht verarscht. Was hat er damit wohl gemeint?


Ford: Als wir uns kennen lernten, war ich ihm gegenüber sehr offen und bereit für Diskussionen. Natürlich habe ihm gesagt, wenn mir etwas nicht gefallen hat. Wenn ihn das verunsichert hat, nun gut. Aber ich hatte nicht vor, es ihm besonders schwer zu machen.

Ricore: Vielleicht bezog sich Hartnetts Aussage auch auf die Stunt-Sequenzen. Schließlich sind Sie im Gegensatz zu vielen jungen Schauspielern dafür bekannt, Ihre Stunts selber zu machen - und bei den Dreharbeiten baute Josh Hartnett mit Ihnen als Beifahrer einen ziemlich üblen Autounfall.


Ford: Es macht Spaß, Stunt-Szenen auszuarbeiten und zu choreographieren. Warum sollen Stuntmen eine Szene doublen, die ich auch selber drehen kann? Ich möchte, dass der Zuschauer alles so authentisch wie möglich erlebt. Dass er Schmerz und Triumph mitfühlen kann - auch wenn es für mich beim Drehen schmerzhaft ist.
erschienen am 10. September 2003
Zum Thema
Harrison Fords magische Zahl ist die vier. Nachdem er die Schule geschmissen hat, unterzeichnet er einen Vertrag bei Krieg der Sterne" schafft. George Lucas entdeckt und fast über Nacht zum Star. Weitere vier Jahre später spielt Ford dann seine zweite Paraderolle: Indiana Jones. Wiederum vier Jahre danach wird er für einen Der einzige Zeuge" nominiert. Viele Jahre werden allerdings nur Fortsetzungen seiner früheren Hits zu kommerziellen Erfolgen.Calista Flockhart verheiratet. Aus zwei früheren..
Hollywood Cops (Kinofilm)
Stadt der falschen Träume: Wenn sie sich nicht mit dem Mut der Verzweiflung als Immobilienmakler, Jogalehrer oder Möchtegernschauspieler betätigen, lösen Josh Hartnett und Harrison Ford als "Hollywood Cops" quasi im Vorbeigehen einen Mordfall im Rapper-Milieu von Los Angeles. Ein Heimatfilm der etwas anderen Art.
2024