The Match Factory GMBH
Waltz With Bashir
Dokumentation als Animation?
Interview: So wahr sind Erinnerungen
erschienen am 17. 05. 2008
Shaxaf Haber/Pandora Film
Ari Folman (Regisseur von "The Congress")
Filmreporter.de: Herr Folman, warum haben Ihre Dokumentation als Animationsfilms realisiert?
Ari Folman: Für mich gab es keine Alternative. Das liegt natürlich am kleinen Budget, das für so einen Film zur Verfügung steht, damit kann man nur schwer arbeiten. Wie hätte der Film denn ausgesehen, wenn ich eine normale Dokumentation daraus gemacht hätte? Man sähe einen Mann mittleren Alters zwischen 40 und 45, der Interviews gibt. Der in die Kamera Geschichten erzählt, die 20 Jahre zurück liegen. Wie hätte man so die Zeit gefüllt? Damit hätte man keine 90 Minuten voll gekriegt. Man hätte Bildmaterial aus dem Krieg einspielen können, aber das hätte keine Beziehung zu den Dingen gehabt, über die die Menschen sprechen. Deshalb war von Anfang an geplant, einen Animationsfilm zu machen.
Filmreporter.de: Was ist das Thema hinter den Bildern?
Folman: Es geht um Erinnerungen und verschüttete Erlebnisse. Es geht um die Frage, wohin unsere Erinnerungen verschwinden, wenn wir sie unterdrücken. Leben Sie weiterhin in- oder außerhalb unseres Körpers? Es geht um Träume, um Halluzinationen und das eigene Unterbewusstsein. Diese Dinge lassen sich am besten zeichnen. Als Regisseur hat man die totale Freiheit, zu tun, was immer man möchte. Alles, was man sich vorstellen und wovon man träumen kann, kann man auch malen. Dieses Projekt hat mir zum ersten Mal die komplette Freiheit des Filmemachers zugestanden. Und so will ich weitermachen.
Ari Folman: Für mich gab es keine Alternative. Das liegt natürlich am kleinen Budget, das für so einen Film zur Verfügung steht, damit kann man nur schwer arbeiten. Wie hätte der Film denn ausgesehen, wenn ich eine normale Dokumentation daraus gemacht hätte? Man sähe einen Mann mittleren Alters zwischen 40 und 45, der Interviews gibt. Der in die Kamera Geschichten erzählt, die 20 Jahre zurück liegen. Wie hätte man so die Zeit gefüllt? Damit hätte man keine 90 Minuten voll gekriegt. Man hätte Bildmaterial aus dem Krieg einspielen können, aber das hätte keine Beziehung zu den Dingen gehabt, über die die Menschen sprechen. Deshalb war von Anfang an geplant, einen Animationsfilm zu machen.
Filmreporter.de: Was ist das Thema hinter den Bildern?
Folman: Es geht um Erinnerungen und verschüttete Erlebnisse. Es geht um die Frage, wohin unsere Erinnerungen verschwinden, wenn wir sie unterdrücken. Leben Sie weiterhin in- oder außerhalb unseres Körpers? Es geht um Träume, um Halluzinationen und das eigene Unterbewusstsein. Diese Dinge lassen sich am besten zeichnen. Als Regisseur hat man die totale Freiheit, zu tun, was immer man möchte. Alles, was man sich vorstellen und wovon man träumen kann, kann man auch malen. Dieses Projekt hat mir zum ersten Mal die komplette Freiheit des Filmemachers zugestanden. Und so will ich weitermachen.
Pandora Film
Waltz With Bashir
Filmreporter.de: Wann haben Sie mit der Arbeit am Film begonnen?
Folman: Das war vor vier Jahren. Da begannen wir mit der Recherche. In dieser Phase versuchte ich immer, für Alles offen zu sein. Jede Idee wird berücksichtigt und geprüft, die Entwicklung ist in jede Richtung möglich. Im ersten Jahr haben wir viel über diese Ära gelesen. Danach habe ich das 90-seitige Drehbuch geschrieben. Dann sind wir ins Tonstudio gegangen. Dort haben wir festgestellt, dass das menschliche Ohr für Töne, wie sie in der Natur vorkommen gar nicht mehr offen ist. In Animationsfilmen sind wir an isolierte Töne ohne Nebengeräusche gewöhnt. Wir haben den ganzen Film im Tonstudio aufgenommen, alle Interviews. Dann haben wir uns an den Schnitt gemacht, wie bei einer Dokumentation. Der nächste Schritt war, aus dem Video Storyboards anzufertigen. Die Animierung hat sechs Monate gedauert. Gedreht haben wir in Frankreich, Deutschland und Israel. Bei all dem mussten wir wegen des Budgets sehr minimalistisch vorgehen.
Filmreporter.de: Gab es vor vier Jahren Ereignisse, die sie auf die Idee zu diesem Film gebracht haben?
Folman: Vor fünf Jahren wurde ich 40. Ab diesem Alter gehört man nicht mehr zur Reservearmee. Bei der Verabschiedung wurde ich für eine Studie nach meiner Geschichte gefragt. Ich bin mehrere Wochen für ein paar Stunden hingegangen, ich glaube es waren sieben Sitzungen. Danach wurde mir bewusst, dass ich mich zum ersten Mal seit 20 Jahren mit meiner eigenen Geschichte auseinandergesetzt habe. Da habe ich mich gefragt: "Wo zur Hölle war diese Geschichte mein Leben lang versteckt?" Ich habe darüber nie nachgedacht oder gesprochen. Da reifte in mir langsam die Idee zum Film, einer animierten Dokumentation.
Folman: Das war vor vier Jahren. Da begannen wir mit der Recherche. In dieser Phase versuchte ich immer, für Alles offen zu sein. Jede Idee wird berücksichtigt und geprüft, die Entwicklung ist in jede Richtung möglich. Im ersten Jahr haben wir viel über diese Ära gelesen. Danach habe ich das 90-seitige Drehbuch geschrieben. Dann sind wir ins Tonstudio gegangen. Dort haben wir festgestellt, dass das menschliche Ohr für Töne, wie sie in der Natur vorkommen gar nicht mehr offen ist. In Animationsfilmen sind wir an isolierte Töne ohne Nebengeräusche gewöhnt. Wir haben den ganzen Film im Tonstudio aufgenommen, alle Interviews. Dann haben wir uns an den Schnitt gemacht, wie bei einer Dokumentation. Der nächste Schritt war, aus dem Video Storyboards anzufertigen. Die Animierung hat sechs Monate gedauert. Gedreht haben wir in Frankreich, Deutschland und Israel. Bei all dem mussten wir wegen des Budgets sehr minimalistisch vorgehen.
Filmreporter.de: Gab es vor vier Jahren Ereignisse, die sie auf die Idee zu diesem Film gebracht haben?
Folman: Vor fünf Jahren wurde ich 40. Ab diesem Alter gehört man nicht mehr zur Reservearmee. Bei der Verabschiedung wurde ich für eine Studie nach meiner Geschichte gefragt. Ich bin mehrere Wochen für ein paar Stunden hingegangen, ich glaube es waren sieben Sitzungen. Danach wurde mir bewusst, dass ich mich zum ersten Mal seit 20 Jahren mit meiner eigenen Geschichte auseinandergesetzt habe. Da habe ich mich gefragt: "Wo zur Hölle war diese Geschichte mein Leben lang versteckt?" Ich habe darüber nie nachgedacht oder gesprochen. Da reifte in mir langsam die Idee zum Film, einer animierten Dokumentation.
The Match Factory GMBH
Waltz With Bashir
Filmreporter.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des israelisch-palästinensischen Konflikts?
Folman: Nach dem Massaker von 1982 gab es bei uns große Demonstrationen, das war auch ein Wendepunkt in meiner persönlichen Sichtweise der Dinge. Es tat sich eine große Kluft zwischen dem Volk und den Machthabern auf. Es gab schon viele Momente in der Geschichte, in denen wir verantwortlich und schuldig waren, aber nicht in diesem Fall. Nachdem die ersten Fotos des Massakers in der Weltpresse erschienen, wurden direkte Parallelen zur jüdischen Geschichte gezogen. Für mich war das ein Wendepunkt. Was die Zukunft betrifft, so sehe ich ihr optimistisch entgegen. Und das muss man auch, wenn man so einen Film macht. Ich denke, es hängt vieles von der Regierung ab. Die ist im Moment auf beiden Seiten nicht geeignet, um große Veränderungen herbei zu führen. Aber sobald das der Fall sein wird, wird sich vieles ändern.
Filmreporter.de: Warum ist das Ende des Films nicht animiert?
Folman: Ich wollte einfach nicht, dass das Publikum aus dem Kino spaziert und sagt: "Das ist ein netter Animationsfilm." Der Schluss rückt alles ins rechte Licht. Diese Sache ist wirklich passiert, Tausende von Menschen wurden getötet, Kinder, Frauen und Alte. Diese 50 Sekunden waren mir sehr wichtig, sie sagen: "Dieser Film ist animiert, die Szenen sind gezeichnet, aber die gezeigten Dinge sind trotzdem wirklich passiert." Das Massaker ist real, und das wollte ich deutlich machen.
Folman: Nach dem Massaker von 1982 gab es bei uns große Demonstrationen, das war auch ein Wendepunkt in meiner persönlichen Sichtweise der Dinge. Es tat sich eine große Kluft zwischen dem Volk und den Machthabern auf. Es gab schon viele Momente in der Geschichte, in denen wir verantwortlich und schuldig waren, aber nicht in diesem Fall. Nachdem die ersten Fotos des Massakers in der Weltpresse erschienen, wurden direkte Parallelen zur jüdischen Geschichte gezogen. Für mich war das ein Wendepunkt. Was die Zukunft betrifft, so sehe ich ihr optimistisch entgegen. Und das muss man auch, wenn man so einen Film macht. Ich denke, es hängt vieles von der Regierung ab. Die ist im Moment auf beiden Seiten nicht geeignet, um große Veränderungen herbei zu führen. Aber sobald das der Fall sein wird, wird sich vieles ändern.
Filmreporter.de: Warum ist das Ende des Films nicht animiert?
Folman: Ich wollte einfach nicht, dass das Publikum aus dem Kino spaziert und sagt: "Das ist ein netter Animationsfilm." Der Schluss rückt alles ins rechte Licht. Diese Sache ist wirklich passiert, Tausende von Menschen wurden getötet, Kinder, Frauen und Alte. Diese 50 Sekunden waren mir sehr wichtig, sie sagen: "Dieser Film ist animiert, die Szenen sind gezeichnet, aber die gezeigten Dinge sind trotzdem wirklich passiert." Das Massaker ist real, und das wollte ich deutlich machen.
erschienen am 17. Mai 2008
Zum Thema
Waltz with Bashir (Kinofilm)
Die Fertigung des animierten Dokumentarfilms war wie eine Therapie für Regisseur und Veteran Ari Folman. Er verarbeitet in comicartigen Bildern seine Erlebnisse während des Ersten Libanon-Feldzugs Israels. Initiiert wird das Projekt durch seinen Freund Boaz, der ihm seinen wiederkehrenden Albtraum schildert. Ari selbst kann sich kaum an diese Zeit erinnern. Um die Lücke zu schließen, begibt er sich auf eine schmerzliche Reise in die Vergangenheit.
Als junger Mann erlebt Ari Folman hautnah den Ersten Libanon-Krieg. Er kämpft auf israelischer Seite und muss mit ansehen, wie die verbündete Phalange-Miliz grausame Massaker in zwei palästinensischen Flüchtlingslagern verübt. Jahrelang verdrängt er das Erlebnis, dreht Dokumentarfilme und eine Animationsserie fürs Fernsehen. 2004 vereint er seine Fähigkeiten im animierten Dokumentarfilm "Waltz with Bashir". Eine der Figuren ist er selbst, wie er sich auf die Suche nach den verschütteten..