Sony Pictures
Joseph McGinty Nichol alias McG
Es hat mir das Herz gebrochen
Interview: McG wagt eine weitere Fortsetzung
Die Vorzeichen sprechen gegen "Terminator - Die Erlösung". Im Jahr 2003 ruinierte US-Regisseur McG mit seiner kläglichen Fortsetzung von "3 Engel für Charlie" das komplette Franchise der Filmreihe, seitdem belächelte man den 41-Jährigen für seinen überzogenen Namen und seine prätentiöse Filme. Mit seiner gelungenen Neuinterpretation der "Terminator"-Saga kann der Filmemacher sein Image vielleicht rehabilitieren. Kurz vor der Europapremiere sprachen wir mit McG in Paris über alte Fehler, neue Härte und wieso sein Film trotz guter Kritiken am ersten Startwochenende hinter den Erwartungen zurückblieb.
erschienen am 7. 06. 2009
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McG auf der Terminato-Premiere in Paris
Ricore: McG, mit "Terminator - Die Erlösung" haben Sie einen ziemlich harten Actionfilm inszeniert, der auf Humor verzichtet. Wollten Sie sich bewusst von den früheren Teilen abheben, in denen immer Ironie mitschwang?

McG: Genau das war unser Ziel. Die "Terminator"-Saga war mit ihrem dritten Teil völlig vom Weg abgekommen. Wir wollten neue Glaubwürdigkeit schaffen und damit ein Statement setzen. Nur so war ein vierter Teil überhaupt möglich! Wenn wir auf derselben Welle wie die Vorgänger geritten wären, hätte das nur in gähnender Langeweile geendet.

Ricore: Ihr Film hat am ersten Wochenende in den USA 53 Millionen US-Dollar eingespielt, der Spitzenreiter "Nachts im Museum 2" etwa zwanzig Millionen mehr. Sind Sie zufrieden?

McG: Das ist ein durchschnittliches Ergebnis. Aber damit hatten wir wegen der starken Konkurrenz gerechnet. Wir bleiben deshalb gelassen, weil der Film in erster Linie eine Weltmarke ist, die in allen Ländern funktionieren wird. So haben wir das von Anfang an gesehen. Fast stündlich bekomme ich Updates über die neuesten Rekorde. In Korea stürmen die Leute in die Kinos, sogar im Mittleren Osten herrscht großer Andrang. Der Film funktioniert also auch in Territorien, von denen ich anfangs nur sehr wenig erwartet hatte.

Ricore: Der Film hat knapp 170 Millionen Dollar gekostet. Wie wichtig ist das zeitgleich erscheinende Computerspiel, das von Ihren Produzenten als wesentliches Marketingelement des Jahres 2009 bezeichnet wurde?

McG: In unserem Zeitalter sind Videospiele und DVD-Verkäufe zu einem ganz wesentlicher Bestandteil der Vermarktung geworden. Aber an oberster Stelle steht immer noch der Film: wenn Look, Geschichte, Charaktere und Waffen uninteressant sind, funktioniert auch die Verwertungskette nicht.
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Terminator - Die Erlösung
Ricore: Man hatte wegen ihrer Qualifikation Zweifel. Immerhin haben Sie 2003 das "3 Engel für Charlie"-Franchise gehörig in den Sand gesetzt.

McG: Ich habe bei dieser Fortsetzung versagt - und es hat mir das Herz gebrochen. Würde ich nicht in meiner Haut stecken, hätte ich vielleicht ähnlich gedacht wie Sie. Aber da ich mich selbst am besten kenne, wusste ich ganz genau, mit welcher Leidenschaft ich früher Filme realisiert habe. Dieses alte Gefühl der Überwältigung wollte ich bei diesem Teil neu erfinden und interpretieren.

Ricore: Wie kamen Sie mit Ihrem Ruf überhaupt an den Regieposten?

McG: Mit Durchsetzungsvermögen. Ich konnte den Verantwortlichen ganz genau schildern, wo ich mit dem Film hin möchte. Am Anfang sagten fast alle: bloß nicht dieser Typ. Allein schon sein Name klingt prätentiös!

Ricore: Und dann? Was waren Ihre ersten Amtshandlungen?

McG: Ich habe Christian Bale überzeugt, dass seine Zusage dem Film neue Glaubwürdigkeit verleihen wird. Dann heuerte ich Jonathan Nolan für das Drehbuch an und sicherte mich bei Stan Winston ab, dass er die alten Maschinen auf ein neues Level bringen würde. Außerdem kreierte ich mit Kodak eine völlig neue Art von Film, der fast dreimal so viel Silber enthält, als dies normalerweise der Fall ist. So entstand ein völlig neuer Look, ein neues Universum.
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Christian Bale in seinem ersten Terminator-Abenteuer
Ricore: Was haben Sie aus Ihren Fehlern gelernt?

McG: Dass die Geschichte immer im Vordergrund stehen und nie zugunsten von übertriebener Action oder überzogenem Humor vernachlässigt werden sollte. Im Falle von "Terminator" heißt dies: Die Action ist sehr wichtig, aber John Conners Suche nach der Erfüllung seines Schicksals muss sie vorantreiben.

Ricore: Der Film sorgte im Vorfeld für Negativschlagzeilen, etwa als Hauptdarsteller Christian Bale einen Kameramann minutenlang zusammenbrüllte, weil er ihn beim Austausch einer Lampe angeblich bei seinem Spielen unterbrach. Wie reagieren Sie als Regisseur in Momenten, die an Klaus Kinski erinnern?

McG: Ich habe mit solchen intensiven Momenten kein Problem und fordere sie sogar heraus. Normalerweise bin ich derjenige, der am Set schreit und brüllt. Ich bin ein sehr leidenschaftlicher Regisseur, der sein 200 Mann starkes Team mit maximalem Antrieb führen will. Natürlich darf man dabei nicht zu ausfallend werden, und wenn sie bei der Aufnahme genau hinhören, versuche ich im Hintergrund sogar zu schlichten. Aber ich kann schon verstehen, dass aufreibende Dreharbeiten solche Momente herbeiführen.

Ricore: Klingt fast so, als ob Sie Ihren Schützling jetzt verteidigen...

McG: Nein, aber ich bin der Meinung, dass Vorfälle am Set diskret behandelt werden sollten. Das Tonband hätte nie in der Öffentlichkeit gelangen sollen. Schauspieler können nämlich nur dann wirklich gut spielen und aus sich herausgehen, wenn sie sich bei ihrer Arbeit sicher fühlen. Wenn Lücken entstehen und die Öffentlichkeit bei jeder intensiveren Auseinandersetzung teilhaben kann, tötet dies schnell die Kreativität.
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McG mit seinen Darstellern Christian Bale und Anton Yelchin
Ricore: Wer zog denn den Kürzeren bei Auseinandersetzungen zwischen Ihnen und Christian Bale?

McG: Definitiv er. Ohne Frage.

Ricore: Und das hat er so ohne weiteres akzeptiert?

McG: Fragen Sie ihn, ich bitte Sie! Ich schätze ihn sehr, aber hier geht es nicht um die Positionierung von Christian Bale und McG. Es geht um unsere Funktion als Regisseur und Darsteller. Wäre er der Filmemacher, würde ich ihm das letzte Wort lassen, aber in diesem Fall zieht er den Kürzeren. Ich bin derjenige, der das Endprodukt im Auge haben muss. Ich bin derjenige, der den spezifischen Stil des Films erschafft. Darf ich nun Ihnen mal eine Frage stellen?

Ricore: Nur zu.

McG: An welche Filme hat Sie "Terminator - Die Erlösung" erinnert?

Ricore: Im ersten Moment schwer zu beantworten. Auf jeden Fall hat er nur wenige Ähnlichkeiten mit den ersten drei Teilen.

McG: Bingo, vielen Dank! Die Tatsache, dass Sie bei der Nachfrage nach einem Vergleich für einige Sekunden überlegen mussten, ist für mich das größte Kompliment, das Sie mir machen konnten. Ich meine das von tiefstem Herzen. Wenn Sie mir jetzt mit "X-Men" oder ähnlichen Filmen dahergekommen wären, hätte ich auf voller Linie versagt - schon wieder.
erschienen am 7. Juni 2009
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Das vierte "Terminator"-Abenteuer ist zugleich der Beginn einer neuen Trilogie und entstand unter der Regie von Regisseur McG ("Drei Engel für Charlie"). Dieser schickt statt Gouverneur Arnold Schwarzenegger "Dark Knight"-Star Christian Bale ins Rennen. Als John Connor muss er im postapokalyptischen Jahr 2018 gegen eine Armee von Terminatoren kämpfen, die von Skynet befehligt wird. Der Supercomputer plant die Vernichtung der Menschheit.
Joseph McGinty Nichol besteht darauf, stets mit seinem Künstlernamen McG angesprochen zu werden. Begonnen hat seine Karriere als Fotograf für Musikbands. Später drehte er Musikvideos für Rockgruppen wie "Korn" oder "The Offspring" und inszenierte Werbefilme für Coca Cola. Durch die Unterstützung von Drew Barrymore bekam er 2000 den Regieposten beim Remake von "Drei Engel für Charlie". Seither ist er als Regisseur von Kinofilmen, aber auch von Fernsehserien wie "O.C. California" tätig.
2024