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Gestiefelte Kater Antonio Banderas und Benno Fürmann
Kater Benno Fürmann
Interview: Der Spaß liegt in der Übertreibung
Benno Fürmann war bereits für den DreamWorks-Animationsfilm "Sinbad - Der Herr der sieben Meere" als Synchronsprecher tätig. Für das zweite Abenteuer des grünen Oger Shrek übernahm Fürmann die Rolle des gestiefelten Katers, den in der Originalfassung Latin Lover Antonio Banderas spricht. Im Interview erzählt Fürmann von seinen Spanischkenntnissen und der Arbeit als Synchronsprecher.
erschienen am 27. 06. 2004
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Benno Fürmann mit Esther Schweins in Cannes
Ricore: Sascha, die amerikanischen Sprecher Cameron Diaz und Eddie Murphy haben für "Shrek 2" zehn Millionen Dollar Gage bekommen - das ist einiges mehr, als für "Shrek". War das bei euch auch so?

Führmann: Ich find es ein wenig ungerecht, dass man ständig diese amerikanischen Summen nennt - und jeder weiß, dass sie weniger verdienen als wir. Da muss man doch nicht drauf rumreiten. Die können ja trotzdem ein ordentliches Leben haben, auch wenn sie nicht ganz so viel verdienen.

Ricore: Wenn man einer Trickfigur seine Stimme leiht, ist man nicht auf der Leinwand zu sehen, sondern nur im Hintergrund zu hören. Fühlst Du dich dabei weniger wichtig, als wenn du richtig vor der Kamera agierst?

Führmann: Die Rollenverteilung ist ja im Vorfeld klar. Ich weiß, worauf ich mich einlasse. Es kann ein großer Spaß sein, nur über die Stimme zu funktionieren - nicht dein Gesicht zur Verfügung zu haben, sondern einfach nur über die Stimme dem Ganzen das gleiche Leben einzuhauchen. Das finde ich auch die Herausforderung. Es ist ein Lernprozess. Als ich "Sinbad" gemacht habe, hab ich viel längere Anlaufzeiten gebraucht, auf den Punkt zu kommen, als jetzt beim zweiten Film, den ich synchronisiert habe. Da hat man auch die Technik ein bisschen besser drauf, so dass man den Spaß an der Sache viel mehr genießen kann. Der Spaß ist in diesem Fall die Übertreibung. Vor der Kamera kann man ja so gar nicht agieren. Das ist ja alles viel zu viel. Animation lebt von der Übertreibung. Wenn du dazu mein Gesicht filmen würdest - da würde jeder Regisseur sagen: "Hast Du nen Knall? Setz dich mal hin, trink einen Schluck Wasser, wir drehen das noch mal - und dann sprichst du einfach mal ganz normal." Das ist halt eine irre Freude.
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In Cannes: deutsche Katerstimme Benno Fürmann
Ricore: Wie war es denn für dich, Antonio Banderas nachzuahmen?

Führmann: Ich habe ihn ja nicht nachgemacht. Natürlich geben die Amerikaner vieles vor, weil sie mit den Produzenten die Sache entwickelt haben. Also muss ich mich schon danach richten. Aber ich finde, die Kunst liegt darin, den Charakter so zu treffen, wie er vom amerikanischen Mutterschiff entwickelt wurde - und trotzdem dein eigenes Herz, deine eigene Seele in die Sache zu geben. Ich habe eigentlich einen ziemlichen Schnellschuss geleistet, dadurch dass ich relativ kurzfristig besetzt wurde. Ich wurde von DreamWorks angefragt und habe ein paar Sätze mit spanischem Akzent gesprochen. Das wurde nach Amerika geschickt. Dann kam das OK und es hieß: "Du machst das."

Ricore: Hast Du vorher ein bisschen Spanisch trainiert?

Führmann: Ich war mit Antonio ein paar Mal auf Mallorca in Urlaub, und danach waren wir in der nähe von Madrid auf einer Rinderfarm und haben Angus-Steaks gegessen, literweise Sangria getrunken. Nein gar nicht. Ich habe das Glück gehabt, mich auf Spanisch durchmogeln zu können, weil ich Urlaub auf Cuba und in Ecuador gemacht habe, und als Kind acht Mal mit meinen Großeltern auf Mallorca war - wo ich allerdings nur deutsch gesprochen habe (lacht). Insofern hatte ich ein bisschen den spanischen, aber eher den südamerikanischen Slang im Ohr. Ich hatte aber dann einen Dialect Coach, mit der ich drei Tage vor den Aufnahmen telefoniert habe. Sie hat mir die Grundlagen erklärt: Das R wird gerollt, das S ist ein bisschen härter. Die Endungen werden explizit betont, aus dem W wird manchmal ein B. Du sagst dann also "Wusenbunder" statt "Busenwunder". Der Dialect Coach war da, um auf die Bremse zu drücken, wenn nötig. Mein Problem ist, dass ich irre schnell ins Türkische abrutsche, weil ich in Kreuzberg groß geworden bin (lacht). Dafür war sie sehr hilfreich, mir zu sagen: "Benno, das war wieder Türkisch - versuch doch mal Spanisch!"

Ricore: Sascha Hehn nennt die Synchronarbeit eine gute Schule für jeden Schauspieler. Hast du das auch so empfunden?

Führmann: Soweit würde ich nicht gehen. Ich glaube, ich habe eher den Spaß an der Freude an der Freude gelernt, explizit auf meine Stimme mehr zu achten beim Spielen. Und die hundert Prozent, die man sonst auf Mimik, Gestik und Stimme unterteilt, nur der Stimme zu geben, ist sehr interessant. Einfach einen Bereich mal gesondert zu trainieren.

Ricore: Habt ihr die Texte gemeinsam im Studio eingesprochen, wie das mittlerweile bei den Amerikanern üblich ist?

Führmann: Nein. Ich war ganz allein. Sascha Hehn hab ich gestern kennen gelernt.
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Auf PR-Mission
Ricore: Habt ihr in Cannes die amerikanischen Kollegen kennen gelernt und Zeit für Parties gehabt?

Führmann: Für Parties hat man nicht so viel Zeit, aber man lernt sich natürlich kennen. Dreamworks präsentiert ja in Cannes zwei Filme, und insofern gibt es Dinner Parties, wo du die internationalen Kollegen triffst. Am meisten Spaß hatten wir bisher mit den Norwegern. Das ist ein extrem lustiger Haufen. Lauter Stand-up-Comedians, die in Norwegen irre bekannt sind - alle vier Millionen Norweger kennen die (lacht). Die sind irre gut.

Ricore: Hört man sich vorher die Originalfiguren an?

Führmann: Ja, muss man. Letztendlich ist es eine amerikanische Produktion, und du musst dich immer der Ursprungsversion unterordnen. Du musst gucken: Was für einen Ton hat der Film, in welche Richtung geht es? Danach hast du dich zu richten - auch wenn ich jetzt nicht versuche, Antonio Banderas zu kopieren, sondern versuche, der Rolle meinen eigenen Stil zu geben. Trotzdem geben die Amerikaner vieles vor. Ich spreche die Katze mit einem spanischen Dialekt. Das ist eine süsssse ssspanische Katze.

Ricore: Was hältst du von der Botschaft des Films, dass nicht das Äußere, sondern die inneren Werte zählen?

Führmann: Ich finde, die Liebe hat mit Temperament, Sentiment und Sinnlichkeit zu tun. Wenn du das hast, ist es völlig egal, ob du dick, groß, klein, grün, oder blau bist.

Ricore: Was war bisher dein schönstes Erlebnis in Cannes?

Führmann: Jeder Tag mit Esther und Sascha.

Ricore: Ist es dir wichtig, noch einmal in Hollywood zu drehen?

Führmann: Ich würde irre gern was mit den Norwegern machen (lacht). Mir ist das egal. Ich hab für Amerikaner, Engländer und Deutsche gedreht. Mich interessieren gute Drehbücher und talentierte Leute. Wo gedreht wird, ist mir absolut egal.

Ricore: Ist es denn ein Unterschied in der Arbeitsweise?

Führmann: Die Arbeit eines Schauspielers ist die Arbeit eines Schauspielers. Wenn ich bei einer amerikanischen Produktion dabei bin, wo das Budget 38 Millionen Dollar beträgt, sind die Rahmenbedingungen anders. Das ändert aber nichts an der Arbeit, sondern nur am Drumherum. Der Wohnwagen wird größer, und auf einmal sind es nicht 40 Leute, sondern 140 Leute, die da rumstehen. Ich frage mich immer, was die eigentlich alle machen. Da lernst du dann den 18. Regie-Assistenten kennen, der dir auf Schritt und Tritt folgt (lacht).
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Gute Stimmung vor der Shrek 2-Premiere
Ricore: Beneidest du die Amerikaner, weil sie in ihren Rollen nicht so festgelegt sind wie die Deutschen?

Führmann: Aber Antonio Banderas hat doch in der Presse auch das Image des Latin Lover. Das wird bei Schauspielern allgemein so gemacht. In Amerika wird genauso gern in die gleiche Kerbe gehauen wie in Deutschland. Du spielst in deinem Reifungsprozess als Schauspieler dreimal den jungen Wilden - dann kannst Du davon ausgehen, dass die nächsten 15 Drehbücher, die du angeboten bekommst, und die unter Umständen sogar spannend sind, in die gleiche Richtung gehen. Das ist nicht deutschlandspezifisch.

Ricore: Mit welcher Rolle, die du gespielt hast, würdest du am liebsten identifiziert werden?

Führmann: Da würde ich mir ins Bein schießen, das zu beantworten. Mein Spaß als Schauspieler ist ja, dass ich in verschiedene Rollen schlüpfe. Ich habe doch keine Lust, dieser oder jener Typ zu sein, sonst müsste ich ja gar nicht anfangen zu spielen. Ich möchte nicht mit einer bestimmten Sache assoziiert werden. Ich musste immer dagegen arbeiten. Als ich damals "Und tschüss!" gedreht habe - was meinst du, was es für eine Anstrengung war, aus dieser Ecke rauszukommen. Das ist lange her, aber trotzdem. Was glaubst du, wie viele Bücher ich gelesene habe mit Figuren in engen T-Shirts und mit ein bisschen Wagenschmiere am Bizeps (lacht). Das ist eine echte Arbeit, als Schauspieler aus dieser Schiene wieder rauszukommen. Warum sollte ich also sagen, ich will in diese oder jene Richtung? Will ich ja gar nicht. Ich will verschiedene Rollen spielen, sonst wird es langweilig.

Ricore: Ist dir die Synchronarbeit leicht gefallen?

Führmann: Ich glaube, die richtigen Synchronsprecher sind einfach zehnmal so schnell wie ich. Das ist einfach nicht mein Metier. Man muss lernen, diesen technischen Prozess zu beherrschen, wo du nur über die Stimme funktionierst, wo du keine Anlaufzeit hast, wie normalerweise, wo du überlegst: Wie spiele ich meine Rolle, was zieh ich an? Hier guckst du den Film, gehst eine halbe Stunde später vors Mikro, pam pam pam, und dann wird Take für Take der Film eingetütet. Ich habe Respekt vor wirklichen Synchronsprechern, denn die machen das in einem Viertel der Zeit, die ich brauche.

Ricore: Ist dein Kind eigentlich schon alt genug, um "Shrek" zu gucken?

Führmann: Nein, Zoe ist jetzt anderthalb. Sie braucht noch. So ab drei, denke ich, kann man dann anfangen. Aber es freut mich irre für meine Tochter. "Pünktchen und Anton", "Sinbad", "Shrek 2" - es ist gutes Karma, Filme zu drehen, die Kindern Spaß machen.

Ricore: Ist es denn wirklich ein Kinderfilm?

Führmann: Nein, es ist ein Film für beide. Er funktioniert auf intelligente Art und Weise auf unterschiedlichen Ebenen, was irre toll ist.
Das Interview führten Frank Geissler und Andreas Pflieger
erschienen am 27. Juni 2004
Zum Thema
Benno Fürmann entwickelt sich binnen kurzer Zeit vom leichten Seriendarsteller zum ernstzunehmenden Schauspieler. Zunächst für Und tschüss!" im Einsatz, arbeitet er mittlerweile mit renommierten Regisseuren wie Christian Petzold ("Wolfsburg"), Lars Becker ("Kanak Attack") und Tom Tykwer ("Der Krieger und die Kaiserin") zusammen.Sin Eater - Die Seele des Bösen" und "The Mutant Chronicles" mit. Shrek"-Reihe. In der Naturdokumentation "Das grüne Wunder - Unser Wald" fungiert Fürmann als Erzähler...
Als im Jahr 2001 der Animationsfilm "Shrek - der tollkühne Held" in die Kinos kam, hätte wohl kaum einer erwartet, dass ein fetter, grüner, in Schlamm badender Oger die ganze Welt verzaubern würde. Drei Jahre später ist nun endgültig klar: Alle lieben Shrek! Das Sequel "Shrek 2 - Der tollkühne Held kehrt zurück" hat bereits fast alle Besucherrekorde gebrochen.
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