Constantin
Bully am Set mit Sky du Mont (die Nase ist der Hit)
Bully über Inspirationsquellen und Klischees
Interview: Nicht von dieser Welt
Vor drei Jahren füllte Michael "Bully" Herbig Deutschlands Kinokassen mit der Westernparodie "Der Schuh des Manitu". Um den 64-Millionen-Euro-Hit zu wiederholen, wurde die Wahl des Folgeprojekts dem Publikum überlassen, das sich per TV-Voting für "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1" entschied - eine homoerotische Persiflage auf alte Star Trek"-Filme, bestens bekannt aus der "Bullyparade". Doch auch in Hollywood blieb der Erfolg des Münchners nicht ohne Beachtung: Um nicht mit den schwulen Raumfahrern zu kollidieren, verlegte man vorsorglich den Deutschlandstart von "Spider-Man 2". Inwieweit Herbigs neuester Streich den hohen Erwartungen gerecht werden kann, verriet uns der 36-jährige Komiker in München.
erschienen am 20. 07. 2004
Constantin Film
Herbig ist vor und hinter der Kamera ein Profi
Ricore: Bully, hattest du nach "Der Schuh des Manitu" tatsächlich alle Freiheiten?

Michael Herbig: Es war irgendwie erschreckend. Einige Produzenten meinten zu mir, dass ich jetzt genauso gut das Telefonbuch verfilmen könnte. Ganz so entspannt war ich nicht, aber die neuen Möglichkeiten waren ein Luxus. Der Film war schon finanziert, bevor irgendjemand das Drehbuch zu lesen bekam. Egal, was ich wollte: es wurde ermöglicht. Natürlich muss man aufpassen, dass man bei all dem nicht den Blick fürs Wesentliche verliert.

Ricore: Design, Kostüm und Effekte sind auf Hollywoodniveau. Besteht die Gefahr, dass der Humor dadurch in den Hintergrund gerät?

Herbig: Schon, aber für mich war das nie eine wirkliche Konkurrenz. Für mich ist dies dasselbe wie die Westernlandschaft bei "Der Schuh des Manitu". Ein Film über die Zukunft muss realistisch aussehen, nur dann glaubt man der Geschichte und den Protagonisten. Denn die tapsen in dieser Welt mehr oder weniger hilflos umher.

Ricore: Wie konntest du sicher sein, dass Neuzugang Til Schweiger zu eurem doch sehr speziellen Humor passt?

Herbig: Ich war mir alles andere als sicher. Ich überlegte hin und her, welcher Schauspieler das richtige Aussehen, die nötigen Klischees und vor allem Selbstironie für die Rolle des Rock mitbringt. Plötzlich kam ich auf Til. Das Schöne ist, das Konzept geht auf. In diesem Film ist Til zum Niederknien komisch. Übrigens ist die ganze Besetzung die reinste Granate. Das sag ich jetzt nicht aus PR-Gründen.
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Herbig, Tramitz und Schweiger mit Mopsgeschwindigkeit


Ricore: Warum hast du bei neun Millionen Euro Budget auf Testvorführungen verzichtet?

Herbig: Zum einen aus Angst vor Raubkopien. Bei "Der Schuh des Manitu" ist es passiert, und das war, als ob man einem Maler sein unfertiges Bild unterm Arsch wegreißt. Das tut weh. Zum anderen waren sich alle beim Rohschnitt einig, dass der Humor gut funktionieren wird. Um die Spannung aufrechtzuerhalten, wollten wir eine Testvorführung nicht riskieren. Denn vor allem ab der Mitte passieren jede Menge kleine Überraschungen. Wenn die vor Filmstart bekannt würden, wäre es jammerschade.

Ricore: Durfte die Presse deswegen nicht an den Filmset? Oder lag es vielleicht daran, dass du nach dem Erfolg von "Der Schuh des Manitu" eine gewisse Übersättigung vermeiden wolltest?

Herbig: Beides. Irgendwann war so ein Punkt erreicht, an dem in jeder Zeitschrift, in jedem Fernsehkanal über uns berichtet wurde. Ich bin mir schon selber auf den Keks gegangen und fragte mich, wie es wohl dem Rest der Bevölkerung damit geht. Es war einfach an der Zeit, sich zurückzuziehen und wieder konzentriert zu arbeiten. Der Ausflug ins Showbiz war schön, aber auch ausreichend.

Ricore: Bittest du deine Frau oft um ihre Meinung?

Herbig: Absolut. Sie geht wahnsinnig gern ins Kino. Allein dafür liebe ich sie. Gut, sie entscheidet, welche Filme wir sehen, und am Sonntagnachmittag führt das vor dem heimischen DVD-Regal immer wieder zu Auseinandersetzungen. Aber sie hat ein enormes Gespür für Dramaturgie und weiß sehr schnell, was funktioniert und was nicht. Bei "Der Schuh des Manitu" wollte sie sich überraschen lassen, dieses Mal war sie von Anfang an involviert.

Ricore: Hast du deinen Humor vererbt bekommen?

Herbig: Ich weiß nicht genau, wo mein Humor herkommt. Meine Mutter lacht sehr viel, kann aber keine Witze erzählen. Ich übrigens auch nicht. Mit Witzen kann ich irgendwie nichts anfangen und werde immer ganz verlegen. Wenn auf einer Party jemand mit Witzen anfängt, muss ich meistens ganz schnell los.
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Regisseur Bully mit Anja Kling


Ricore: Was inspiriert dich? Das Normale oder das Ungewöhnliche?

Herbig: Immer das Normale! Meine Inspiration ist die Gegenwart, das, was ich sehe und erlebe. Alle Figuren aus der "Bullyparade" gab es wirklich. Einmal war ein Hausmeister aus Schlesien Vorlage, ein andermal der Fahrradkurier, der zu uns ins Büro gestolpert ist.

Ricore: Begegnen dir deine Figuren auch in der Realität wieder?

Herbig: Klar, neulich saß ich mit Rick in einer Bar, und uns bediente ein echt stranger Kellner, der wirklich alle Klischees erfüllte. Irgendwann flüsterte Rick mir zu: "Und der Typ denkt, wir sind die Freaks..." (lacht)

Ricore: Genau wir euer schwuler Maskenbildner, der angeblich bei "(T)Raumschiff" Modell gestanden hat.

Herbig: Ja, ohne ihn hätte es "(T)Raumschiff" vielleicht nie gegeben. Mit ihm hatten wir eine unfassbar komische Zeit. Sehr humorvoll und unheimlich nett. Jedes Mal, wenn er mit Schminken fertig war, hat er mit näselndem Tonfall gerufen: "Maske glücklich!" Eigentlich sind wir also nur gute Beobachter.

Ricore: Das heimliche Beobachten dürfte sich seit eurem enormen Erfolg aber sehr schwierig gestalten.

Herbig: Früher haben wir die Leute im Cafe beobachtet, heute beobachtet man uns. Es hat sich viel verändert, das stimmt. Neulich kam im Flieger ein gut aussehender Steward auf mich zu und fragten im selben Tonfall wie Mr. Spuck: "Meine Freunde sagen, ich red wie Sie. Stimmt des?" (lacht) Was will man darauf sagen? (lacht)
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Bully mit schwebenden Rick Kavanian
Ricore: Homosexuelle finden eure Parodien bekanntlich sehr witzig. Hast du schon Einladungen von Verbänden bekommen?

Herbig: So was kommt vor. Zum Beispiel haben wir eine Einladung zum "Christopher Street Day". Mal sehen, vielleicht haben wir bald unseren eigenen Wagen. (lacht)

Ricore: Erstklassige Spezialeffekte, eine Interviewtour, zahllose Fanartikel und jetzt auch noch ein zugehöriges Computerspiel mit Originalstimmen: Inwieweit fährst du das Marketing mittlerweile nach amerikanischem Vorbild?

Herbig: Ich gebe zu, dass man irgendwann anfängt, pragmatisch zu denken. Man merkt, welchen Einfluss man ausüben kann und beginnt genau zu planen. Auch wenn mich viele dabei für einen gewieften Fuchs halten: Das meiste entscheide ich trotzdem aus dem Bauch heraus. Das beste Beispiel ist die demokratische Abstimmung: Die war nicht von langer Hand geplant, sondern ein spontaner Einfall in einem Interview. Plötzlich war es in aller Munde, und ich dachte mir: Gute Idee.

Ricore: Du bezeichnest dich selbst als spießig. Bewahrt dich das vor übertriebener Arroganz?

Herbig: Auf alle Fälle. Mit diesem ganzen Hype tue ich mich immer noch etwas schwer. Ein Phänomen, das ich nicht ganz begreifen kann. Wenn ich ganz ehrlich bin, schaue ich mir den Filmpreis lieber von zu Hause an, da kann ich umschalten, einschlafen oder zum Kühlschrank gehen. Ich bin in dieser Welt nicht zu Hause. Ich bringe lieber in Jogginghosen und Schlappen den Müll runter.
erschienen am 20. Juli 2004
Zum Thema
Michael 'Bully' Herbig ist ein Multitalent der deutschen Comedy-Szene. Schon im Alter von zwölf Jahren ist ihm klar, dass er Filme machen will. Als er sich an der Münchner Filmhochschule bewirbt, wird er jedoch abgelehnt. Seine Karriere beginnt schließlich mit der Radio-Morgenshow "Langemann und die Morgencrew". Nach kleineren Auftritten in Werbespots und Fernseh-Specials wechselt er 1997 das Medium. Er produziert die Comedy-TV-Serie "Die Bullyparade", in der er Regie führt, Drehbuch schreibt..
Mit seiner Westernparodie "Der Schuh des Manitu" gelang Michael Herbig ein Überraschungshit, der stolze 64 Millionen Euro in die kränkelnden deutschen Kinokassen spülte. Um diesen Erfolg zu wiederholen, wurde die Wahl des Folgeprojekts dem Publikum überlassen, das sich per TV-Voting fuer "(T)Raumschiff Surprise - Periode 1" entschied - eine homoerotische Persiflage auf alte "Star Trek"-Filme, die Figuren sind aus der erfolgreichen "Bullyparade" bestens bekannt.
2024