Buena Vista
Die Coen-Regisseure bei der Arbeit
Wir sind keine Logiker!
Interview: Die Coen-Brüder: abstrakte Denker und Gewohnheitstiere
Tom Hanks kann sie nicht auseinander halten. Das Publikum auch nicht. Aber nachdem sich Joel (49) und Ethan Coen (46) ohnehin in allem einig sind, ist das auch nicht so wichtig. Ihre neue Südstaaten-Komödie "Ladykillers" stieß allerdings bei Fans und Kritikern auf Verwunderung. Die Coens und ein Remake? Sind den beiden Querdenken nach originellen Qualitätsbomben wie "Fargo", "The Big Lebowski" oder "O Brother, Where Art Thou?" etwa die Ideen ausgegangen? Wir baten das Regie-Gespann um Aufklärung.
erschienen am 29. 07. 2004
Ricore: Ethan, Joel, seit Jahren kennen und schätzen wir Sie als die Coen-Brüder. Können Sie nicht alleine arbeiten?

Ethan Coen: Nein, ernsthaft: Darüber denken wir nie nach, außer wenn wir gefragt werden. Wir sind Gewohnheitstiere und viel zu alt, um uns umzustellen.

Ricore: Wie arbeiten Sie? Methodisch, instinktiv?

Joel Coen: Wir analysieren nicht viel. Es ist sicher mehr instinktiv. Findest du nicht auch, Ethan?

Ethan Coen: Ja, wir sind nicht scharf auf Symbolik, wir sind keine abstrakten Denker, auch keine Logiker. Wir stolpern eher gefühlsmäßig durch die Story.

Ricore: Die Drehbücher Ihrer letzten drei Filme schienen auf die jeweiligen Hauptdarsteller zugeschnitten zu sein: Billy Bob Thornton, George Clooney und jetzt Tom Hanks. Hatten Sie diese drei Schauspieler schon bei der Drehbuchentwicklung im Kopf?

Joel Coen: Gerade bei diesen drei Filmen war dem nicht so! (lacht) Klare Vorstellungen hatten wir eher für die jeweiligen Nebenrollen. Da wollen wir meistens ganz bestimmte Typen.
Ricore: Ihre Arbeit steht für Originalität. Warum aber nun am Remake einer Gangsterkomödie aus dem Jahr 1955?

Ethan Coen: Keiner von uns wäre je auf die Idee gekommen, ein Remake von "Ladykillers" zu drehen, ehrlich. Regisseur Barry Sonnenfeld ist schuld, er wollte uns als Drehbuchautoren. Als er dann auch noch beschlossen hat, den Film nur zu produzieren, war der Regiestuhl auf einmal frei. Sich draufzusetzen war in dem Moment keine schwere Entscheidung. Im Normalfall sind Remakes keine gute Idee, das ist völlig klar. Aber in dieses Projekt sind wir regelrecht reingeschlittert. Eine andere Ausrede haben wir nicht.

Ricore: Die Messlatte liegt hoch: Im Original wurde der näselnde Professor von Sir Alec Guinness gespielt.

Ethan Coen: Natürlich war uns klar, dass das Original alles andere als stinkt! Wir mögen das Original, genauso wie die meisten Briten. Jeder, dem wir von unserem Remake erzählt haben, war entsetzt. Allein deswegen mussten wir zusagen!

Ricore: "Ladykillers" spielt wie die meisten Ihrer Filme in den Südstaaten. Was macht diese Region so faszinierend?

Ethan Coen: Da gibt es wenigstens noch Vielfalt! Bei jeder Location-Suche kehren wir wieder dorthin zurück. Die Südstaaten sind die interessanteste Gegend in ganz Amerika.
erschienen am 29. Juli 2004
Zum Thema
Ladykillers (Kinofilm)
Ein exzentrischer Gauner mietet sich im Haus einer alten Dame ein, um einen gewagten Coup durchzuführen: Gemeinsam mit ein paar Komplizen will er vom Keller des Hauses einen Tunnel bis zum Geldtresor eines Kasinos graben und diesen plündern. Als die alte Dame Verdacht schöpft, wollen die Ganoven sie umlegen - doch das ist leichter gedacht als getan. Schwarzhumoriges Komödien-Remake von den Coen-Brüdern, das - wie viele Neuinszenierungen auch - an das Original aus den 50er Jahren nicht..
Der ältere Bruder von Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Cutter Ethan Coen wurde in Minneapolis geboren. Seit ihrer Studentenzeit sind die Brüder äußerst erfolgreich in der Filmbranche tätig und als 'zweiköpfiger Regisseur' bekannt. Im Kindesalter kaufte sich Joel von seinem beim Rasenmähen verdienten Geld eine Super-8-Kamera. Gemeinsam mit seinem Bruder und einem Nachbarsjungen drehte er seinen ersten Film. Nach seinem Abschluss am Simon's Rock Early College ging Joel für vier Jahre an..
Ethan Coen erblickte wie sein Bruder Joel in Minneapolis das Licht der Welt. Als Jugendlicher stellte er gemeinsam mit seinem Bruder Filme nach, welche die Geschwister zuvor im Fernsehen gesehen hatten. Im Anschluss an das Simon's Rock Early College, schrieb sich Ethan an der Princeton University ein, um Philosophie zu studieren. Mit dem Thriller "Blood Simple - Eine mörderische Nacht" aus dem Jahr 1984 arbeiteten die Coen-Brüder das erste Mal als Regisseure und Drehbuchautoren zusammen...
2024