Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Florian Stetter
Reinhold Messner kein Eigenbrötler?
Interview: Florian Stetters Extrem-Erfahrung am Berg
Florian Stetter spielt in der Verfilmung einer Nanga-Parbat-Besteigung Reinhold Messner. Allein schon diese Rolle bedeutet eine große Herausforderung. Aber das reichte noch nicht. Das Filmteam um Regisseur Joseph Vilsmaier drehte an Originalschauplätzen. Alle Beteiligten waren somit Extrem-Situationen ausgesetzt. Stetter spricht mit uns über diese schauspielerischen Herausforderungen aber auch über seine erste Begegnung mit Messner und seinen sexy Muckis.
erschienen am 13. 01. 2010
Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Florian Stetter
Ricore: Herr Stetter, haben Sie die gefährlichen Szenen bei "Nanga Parbat" selbst gespielt?

Florian Stetter: Nein, die ganz gefährlichen Sachen wurden mit Stuntmännern gedreht. Aber wir sind relativ weit gegangen und waren auf 4.000 Metern Höhe. Es ist toll, als Schauspieler an seine Grenzen zu gehen.

Ricore: Waren Sie vorher schon einmal so weit oben? Gab es keine Komplikationen?

Stetter: Klar merkt man, dass die Luft dort oben dünner wird. Alles wird anstrengender. Man fängt an zu hecheln wie ein Hund. Wenn man sich vorstellt, dass die Jungs in 8.000 Metern Höhe waren... Jeder Schritt ist eine Qual, und das hat wenig mit Bergromantik zu tun. Wie schon Reinhold Messner sagt, besteht die Hauptschwierigkeit darin, wieder hinunterzukommen.

Ricore: Haben Sie Blut geleckt? Möchten Sie auch so hoch hinaus wie Messner?

Stetter: Ich glaube, dass ich das nicht könnte. Aber Blut geleckt habe ich auf jeden Fall. Es kann sogar sein, dass ich mit Reinhold Messner eine Exkursion unternehmen werde. Ich möchte auf jeden Fall dran bleiben und bin froh über den freundschaftlichen Umgang mit ihm. Dennoch - den Weg, den er gegangen ist, könnte ich nicht gehen. Seine Stiefel sind mir definitiv zu groß.

Ricore: Hat es nicht etwas Wahnsinniges, wenn man sich sechs Zehen abfriert und so viele Risiken eingeht? Ist neben Bewunderung auch Unverständnis dabei?

Stetter: Unverständnis nicht, aber eine Art von Verblüffung. Als er zum ersten Mal 8.000 Meter Höhe bestieg, fror er sich sieben Zehen ab und war mehr tot als lebendig, als er unten ankam. Das war aber bloß der Auftakt: Danach hat er noch 13 weitere Achttausender bestiegen. Das ist Wahnsinn! Wie kann man so etwas machen? Ich weiß es nicht. Bei mir ist Bewunderung und Respekt da, aber natürlich auch etwas, das mir sagt: spuky.
Karolina Zebrowski/Ricore Text
Florian Stetter spielt in "Nanga Parbat" Reinhold Messner
Ricore: Meinen Sie, dass Bergsteigen gut bei Frauen ankommt? Ist es sexy?

Stetter: Ich denke schon. Die Muckis, die man davon bekommt, sehen doch schön aus.

Ricore: Wie war der erste Eindruck, als das Rollenangebot kam? Haben Sie nicht gedacht: "Schaffe ich das überhaupt"?

Stetter: Es war Glück und Freude mit im Spiel. Ich habe gedacht: Wow, ich darf Messner spielen! Und gleichzeitig hatte ich Respekt, eine solche Legende zu verkörpern darf. Wie soll ich dem Publikum diesen Mythos greifbar machen? Aber genau das ist meine schauspielerische Arbeit, einen Weg in die Figur zu finden.

Ricore: Reinhard Messner wird kontrovers aufgenommen. Wenige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens polarisieren wie er. Wie war das für Sie?

Stetter: Das ist gerade das Spannende und spricht für ihn als Person. Gerade weil es mehrere Lager gibt, war das für mich eine Herausforderung.

Ricore: Wie war Ihre erste Begegnung mit Reinhold Messner?

Stetter: Ich hatte Angst. Schließlich spiele ich ihn und habe mich gefragt, wie sieht er mich? Aber die Begrüßung war freundlich. Immerhin war er bei meinem Casting mit dabei. Sein Wort zählte bei der Rollenverteilung und er hat sich gefreut, dass ich ihn spielen werde. Das fand ich wunderbar!
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Nanga Parbat
Ricore: Lastet auch ein Druck auf Sie, ihn zu spielen?

Stetter: Natürlich, aber es ist eher ein Kick. Ich möchte alles geben und sogar noch etwas mehr.

Ricore: Wie stehen Sie selbst zur Person Reinhold Messner? Was haben Sie über ihn gedacht, bevor Sie ihn spielen sollten?

Stetter: Mit zehn Jahren wusste ich, wer Reinhold Messner ist. Ich hatte gehört, dass er ohne Sauerstoffgerät den Mount Everest bestiegen hat und dass er permanent die Berge hoch rennt und nicht hinunter, so ungefähr. Das fand ich toll! Aber ich kannte natürlich nur die Schlagzeilen.

Ricore: Hat es Sie überrascht, ihn so zu erleben, wie er jetzt ist?

Stetter: Ja, klar! Ich hätte nie gedacht, dass er so normal und auf dem Teppich ist. Man hört ja immer wieder, dass Messner ein schwieriger Eigenbrötler ist. So erlebe ich ihn überhaupt nicht. Ich sehe ihn als Teamarbeiter, der sich für diesen Film zur Verfügung stellt.

Ricore: Befanden Sie sich in Grenz-Situationen?

Stetter: Schon. Wir haben drei Wochen bei minus 15 Grad gedreht. Alles war vereist, sogar der Mund, und man konnte nicht mehr sprechen. Wir hatten auch Szenen in 8.000 Metern Höhe, wo die Jungs übernachtet haben. Du sitzt da und denkst: Wo bin ich gerade? Ich bin sehr dankbar für die Erfahrung, da ich als Schauspieler gerne körperlich arbeite. Außerdem finde ich, dass es authentischer wird, wenn ich mich selbst in Extrem-Situationen befinde und nicht alles nur gefälscht ist.
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Florian Stetter
Ricore: Haben Sie Beziehungen zum Alpinismus?

Stetter: Ja, ich bin schon relativ früh mit meinen Eltern in die Berge gefahren. Ich habe einiges erlebt, aber nicht das extreme Hochalpine mit Seil, sondern harmlose Berg-Touren. Daher habe ich auch eine Beziehung zu den Bergen.

Ricore: Wie ist die Beziehung zu Reinhold Messner?

Stetter: Sehr freundschaftlich. Es macht Spaß, ihn zu treffen.

Ricore: Da Sie selbst stets erwähnen, wie extrem das Ganze war: Haben Sie keine Angst, dass die Kinobilder solch eine Situation verklären?

Stetter: Unsere Absicht ist nicht, das Ganze zu verfälschen. Wir bleiben genau bei den Fakten. Das ist keine Kitsch-Geschichte, sondern es geht hart zur Sache. Deswegen befürchte ich das nicht.

Ricore: Die ersten Bilder wirken unheimlich und gewaltig. Dadurch wird eine gewisse Verklärung provoziert, so dass sich die Leute denken: Genial, diese Berge! Viele vergessen vielleicht, was da oben wirklich los ist..

Stetter: Möglich, aber das ist ein Teil des Ganzen. Die Extrem-Situationen waren noch nicht abgedreht. Der Zuschauer wird im Film Mühe haben, sich gemütlich zurückzulehnen und Popcorn zu essen. Die romantischen Bergbilder weichen einem undurchdringlichen Weiß, in dem nur zwei verlorene Gestalten sichtbar sind. Dann geht es nur noch ums Überleben.

Ricore: Warum sollte man sich den Film anschauen?

Stetter: Ich glaube, er spricht jeden Menschen an. Erstens geht es um eine ganz besondere Beziehung zwischen Geschwistern, zwischen zwei Brüdern. Zweitens ist die Begeisterung, etwas unbedingt tun zu wollen. Dann ist natürlich die Tour etwas Besonderes. Messner hat zum ersten Mal mit seinem Bruder den Achttausender bestiegen: Dahinter steckt eine außergewöhnliche Passion. Genau richtig fürs Kino!

Ricore: Herr Stetter, ich bedanke mich für dieses Gespräch.
erschienen am 13. Januar 2010
Zum Thema
Nach dem Abschluss der Otto-Falckenberg-Schule in München nimmt Florian Stetter mehrere Theaterengagements an. Schnell schafft er den Sprung ins Filmfach und erhält bereits 2001 den Max Ophüls Preis als bester Nachwuchsdarsteller in "L' amour". Die größte Herausforderung seiner noch jungen Schauspielkarriere liegt da noch vor ihm. 2008 engagiert ihn Joseph Vilsmaier für die Rolle des Extrembergsteigers Reinhold Messner in der Biografie "Nanga Parbat".
Nanga Parbat (Kinofilm)
Die Erstbesteigung eines der gefährlichsten Achttausender war schon immer der Traum von Reinhold (Florian Stetter) und Günther Messner (Andreas Tobias). Am 27. Juni 1970 wurde er wahr. Das Brüderpaar zog vom Basislager aus los und eroberte den Gipfel. Der Rückweg wurde für einen von ihnen allerdings zur tödlichen Falle. Regisseur Joseph Vilsmaier versucht mit dem Mammutprojekt "Nanga Parbat" die Ereignisse um den tragischen Tod von Günther Messner nachzustellen. Als Berater und Unterstützer..
2024