Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Andreas Tobias
"Es war eine Abenteuerreise"
Interview: Grenzgänger Andreas Tobias
Im Jahre 1970 erfüllen sich die Brüder Reinhold und Günther Messner einen Kindheitstraum: Sie besteigen den sogenannten "nackten Berg", den über 8.000 Meter hohen Nanga Parbat im Himalaya. Für Günther ein tödliches Unterfangen. Joseph Vilsmaier hat die Tragödie mit Florian Stetter und Andreas Tobias verfilmt. Bei den Dreharbeiten stand Reinhold beratend zur Seite. Tobias verrät uns im Interview, was für ein Gefühl es war, dessen verstorbenen jüngeren Bruder zu verkörpern. Dass an Originalschauplätzen gedreht wurde, empfand der 25jährige als ein besonderes Abenteuer.
erschienen am 14. 01. 2010
Senator Film Verleih
Nanga Parbat
Ricore: Haben Sie bei den Dreharbeiten Grenzbereiche für sich selbst erfahren, wo Sie sich gesagt haben: Jetzt geht es nicht mehr und was mache ich hier eigentlich?

Andreas Tobias: Nein, ich habe gar nicht so viel darüber nachgedacht. Ich bin in den Berg hineingegangen und habs einfach gemacht. In Grenzbereiche bin ich eher bezogen auf die Rolle geraten, als ich mich in die Lage des Bruders hineinversetzen musste. In physischer Hinsicht war es keine große Grenzüberschreitung.

Ricore: Das Verhalten Reinhold Messers wurde sehr kritisch betrachtet. Sie haben sich im Vorfeld sicherlich auch mit dem Thema beschäftigt. Kam Ihnen dabei der Gedanke, dass Messner seinen Bruder wirklich zurückgelassen hat?

Tobias: Nee, eigentlich nicht. Die Geschichte hat feste Säulen, wie eine griechische Tragödie. Das macht sie auch so spannend. Es gibt außerdem handfeste Beweise und es ist schwer daran zu kratzen. Klar, es gibt ein paar Details die man kritisieren kann. Aber mal ehrlich, auf 8.000 m Höhe ist es schwierig jede Einzelheit zu klären. Das soll jetzt keine Rechtfertigung sein, aber die wichtigsten Punkte sind belegt. Für mich gibt es da keine Frage. Wir haben uns viel mit Reinhold Messner unterhalten und er ist einfach glaubwürdig.

Ricore: Wie sehen Sie Reinhold Messner als Mensch? Er ist in der Medienwelt umstritten und gilt als jemand, der seine Interessen stets knallhart durchsetzen will.

Tobias: Sie meinen, dass er uns beim Dreh etwas aufzwingen wollte? Das war überhaupt nicht der Fall. Er hat sich zwar eingemischt, aber im Sinne von Fachberatung. Wenn es zum Beispiel darum ging, wie wir einen Eispickel halten müssen, dann hat er uns das gezeigt. Spielerisch hat er sich dagegen nicht eingemischt. Das war eine Sache zwischen uns Darstellern und Joseph Vilsmeier.

Ricore: Jetzt drehen Sie gerade hier in München die Abfahrt. Denken Sie, dass das damals eine richtig harte Zeit gewesen sein muss?

Tobias: Ja, total. Es wurde auch alles äußerlich so aufgebaut wie es wirklich war. Es war bestimmt hart, aber ich glaube, die Jungs hatten oben auf dem Berg auch eine Menge Spaß, weil es einfach ein Abenteuer war.
Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Andreas Tobias
Ricore: Wäre so etwas auch was für Sie - Haben Sie sich im Zuge des Films schon für eine Expedition angemeldet?

Tobias: Ehrlich gesagt, ja. Wir haben bei den Dreharbeiten auch eine Menge Profi-Bergsteiger kennengelernt. Diese haben uns angeboten, mal so eine richtige Expedition zu mitzumachen. Und das werden wir auch noch machen, der Florian und ich.

Ricore: Also werden Sie dieser Herausforderung nicht aus dem Weg gehen?

Tobias: Es geht ja nicht auf den Nanga Parbat. Wir fangen erst einmal etwas kleiner an, mit dem Ortler in Südtirol.

Ricore: Wie war es den Bruder Reinhold Messners zu spielen, während dieser dabei war?

Tobias: Man arbeitet natürlich mit dem Drehbuch, also einer fiktionalen Vorlage und da hält man sich in erster Linie dran. Dabei hatten wir aber einen regen Austausch mit ihm und es war interessant, aus erster Quelle mehr zu erfahren.
Gudrun Schmiesing/Ricore Text
Andreas Tobias
Ricore: Aber ist es nicht ein anderes Gefühl, eine Figur zu spielen, die tatsächlich existiert hat und dabei von deren Bruder genau beobachtet zu werden?

Tobias: Ich hatte nie das Gefühl, dass er jeden Schritt von mir beobachtet. Im Prinzip war es wie jede Rolle. Man bereitet sich ganz normal darauf vor. Die Figur hat ihre Säulen, ihre Höhen und ihre Tiefen. In der Herangehensweise hat sich diese Rolle anderen nicht unterschieden.

Ricore: Hatte es für Sie im Nachhinein betrachtet etwas Tragisches, dieses Schicksal nachzuspielen?

Tobias: Ja, sicherlich. Es ist ja wirklich ein großes Drama und eine echte Herausforderung.

Ricore: Wie waren Ihre Eindrücke von Pakistan?

Tobias: Beeindruckend. Es war toll, sich das anzuschauen. Ein echtes Geschenk, wie eine Abenteuerreise.

Ricore: Wie haben Sie reagiert, als Sie das Rollenangebot bekamen?

Tobias: Ich habe mich riesig gefreut.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 14. Januar 2010
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Zu Schulzeiten riss er an der Kinokasse Karten ab und träumte davon, selbst auf die Leinwand zu kommen. Andreas Tobias hat sich seinen Traum erfüllt. Nach einem kleinen Part in "Der Baader Meinhof Komplex", spielt er in "Nanga Parbat" seine erste Hauptrolle. An der Seite von Florian Stetter ist er in Joseph Vilsmaiers Verfilmung des Bergsteigerdramas um die Messner-Brüder als Günther Messner zu sehen. Neben Kino- und Fernsehproduktionen steht er regelmäßig im Münchner Volkstheater auf der Bühne.
Nanga Parbat (Kinofilm)
Die Erstbesteigung eines der gefährlichsten Achttausender war schon immer der Traum von Reinhold (Florian Stetter) und Günther Messner (Andreas Tobias). Am 27. Juni 1970 wurde er wahr. Das Brüderpaar zog vom Basislager aus los und eroberte den Gipfel. Der Rückweg wurde für einen von ihnen allerdings zur tödlichen Falle. Regisseur Joseph Vilsmaier versucht mit dem Mammutprojekt "Nanga Parbat" die Ereignisse um den tragischen Tod von Günther Messner nachzustellen. Als Berater und Unterstützer..
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