20th Century Fox
Max Riemelt
"Ich liebe meinen Beruf"
Interview: Überzeugungstäter Max Riemelt
Nachwuchsschauspieler Max Riemelt ist Autodidakt. Er schmeißt die Schule noch vor dem Abitur und verzichtet auch auf den Besuch einer Schauspielakademie. Spätestens seit "Die Welle" (2008) kann er sich jedoch über mangelnde Engagements nicht beklagen. In Frieder Wittichs Komödie "13 Semester" macht er Bekanntschaft mit dem aufreibenden Studentenalltag an einer deutschen Universität. Mit uns spricht Riemelt über kuriose Verwechslungen, filmische Stimulation und wichtige Begegnungen.
erschienen am 10. 01. 2010
20th Century Fox
Max Riemelt
Ricore: Was haben Sie von den Dreharbeiten zu "13 Semester" noch in Erinnerung? Max

Riemelt: Stress, Schlaflosigkeit und Spaß. Ich war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten viel mit mir selbst beschäftigt. Meine Tochter kam auf die Welt. Ich habe jeden Tag gearbeitet und musste immer zwischen Berlin und Darmstadt pendeln. Oft war es so, dass ich bis Samstagmorgen gearbeitet habe, dann nach Berlin geflogen bin und am Sonntagabend wieder zurück. Tatsächlich bin ich einmal vor der Kamera eingeschlafen. Wir haben für "13 Semester" sehr akribisch gearbeitet und hatten im Vorfeld Probewochen gemacht, um auf einen Nenner zu kommen. Die Arbeit hat sich gelohnt. Unbewusst fällt dem Zuschauer die Präzision in Spiel und Schnitt ins Auge.

Ricore: Erkennen Sie sich in Ihrer Rollenfigur Momo wieder?

Riemelt: Teilweise erkenne ich mich in ihm schon wieder. In jeder meiner Rollen gibt es einen Teil, der mit Max Riemelt zu tun hat. Ich denke auch, dass ich es schwer gehabt hätte, mich während des Studiums nicht von Party, Freundschaft und Halligalli ablenken zu lassen, dafür wäre ich anfällig gewesen - genau wie Momo.

Ricore: Sind Sie nicht auf den Geschmack gekommen, ein Studium anzugehen?

Riemelt: Ich habe aktuell so viel Arbeit, dass ich nicht auf solche Gedanken komme. Allerdings will ich mein Abitur noch mal nachholen, um dann eventuell später noch zu studieren.

Ricore: Sind Sie Streber oder Rebell?

Riemelt: Wenn ich mich zwischen den beiden Extremen entscheiden muss, dann bin ich eher Streber.
20th Century Fox
Gruppenfoto des "13 Semester"-Teams
Ricore: Glauben Sie, dass Sie für andere ein verlässlicher Freund sind?

Riemelt: Ja, das denke ich schon.

Ricore: Wie ist Ihr Verhältnis zum Rampenlicht?

Riemelt: Ein notwendiges Übel. Ich nutze die Schauspielerei als Plattform um mich selber zu verwirklichen, aber das ganze Drumherum macht mir schon zu schaffen. Die Leute können irgendwann nicht mehr differenzieren, warum sie einen überhaupt so toll finden. Zudem ist es schwierig erkannt zu werden, ohne das die Leute einen zuordnen können. Die Arbeit an sich gefällt mir jedoch sehr.

Ricore: Gibt es Momente, in denen Sie Ihren Prominentenstatus genießen?

Riemelt: Ab und zu gibt es diese Momente auf jeden Fall. Man lernt Leute kennen, die man sonst nicht treffen würde. Das kann eine Chance zur Weiterentwicklung sein.

Ricore: Werden Sie auf der Straße erkannt?

Riemelt: Die Leute erkennen einen, aber es fällt ihnen oft schwer mich einzuordnen. Manche verwechseln mich auch mit Matthias Schweighöfer.

Ricore: Dominik Graf gilt als Regisseur, der ihre künstlerische Entwicklung maßgeblich beeinflusst hat. Inwieweit haben Sie von ihm profitiert?

Riemelt: In vielerlei Hinsicht. Bei ihm soll man aus Fehlern lernen. Er ist ehrlich, arbeitet ohne Eitelkeiten. Dominik will es pur haben. Für ihn gibt es mehrere Wege etwas Richtiges zu erschaffen. Es tut gut den Perfektionismus abzulegen und das Projekt in den Vordergrund zu stellen. Ich könnte stundenlang darüber erzählen was ich von ihm gelernt habe.
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Max Riemelt
Ricore: Ist das Leben die beste Schauspielschule?

Riemelt: Für manche mag das stimmen. Jeder funktioniert anders, um ans Ziel zu gelangen. Die Lebenserfahrung ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht Gefühle als Schauspieler hervor zu holen. Situationen die man selber erlebt hat helfen einem. Zudem sollte man als Schauspieler ein normales Leben führen und nicht die Bodenhaftung verlieren, um Dinge besser nachvollziehen zu können und wieder Energie zu sammeln.

Ricore: Haben Sie sich den Schauspielberuf so vorgestellt, wie Sie ihn jetzt kennen lernen?

Riemelt: Ich hatte nie eine konkrete Vorstellung, weil ich schon so früh mit der Schauspielerei angefangen habe. Natürlich habe ich das dankbar angenommen und den Berufswunsch auch perfektionistisch verfolgt, aber wirklich bewusst macht man sich das nicht. Irgendwann hatte ich eine gewisse Sicherheit und mir wurde von bestimmten Leuten der Rücken gestärkt. Vertrauen ist sehr wichtig in dem Beruf, gerade in jungen Jahren.

Ricore: Mögen Sie Ihren Beruf?

Riemelt: Ich liebe meinen Beruf.

Ricore: Sie sind als Jungschauspieler schon mehrfach ausgezeichnet worden. Erhöht das den Druck oder macht Sie das gelassener?

Riemelt: Ich vergesse das eigentlich ganz gerne. Die Leute haben ihre ganz eigene Interpretation von den Dingen die ich mache. Sie bewerten das anders als ich das tue. Ich weiß genau was ich will und was ich noch erreichen will.
Constantin
Die Welle
Ricore: Was wollen Sie denn noch erreichen?

Riemelt: Vielleicht eine Sache, die ich nicht von mir gedacht hätte. Das Größte wäre es, wenn ich mich selber überraschen könnte. Konkreter kann ich diesbezüglich nicht werden.

Ricore: Welche Filme sehen Sie sich an?

Riemelt: Ich gucke mir gerne Sachen an, um zu sehen, wie sie gemacht sind. Das ist unabhängig von meinen Lieblingsgenres. Zuletzt habe ich "Inglourious Basterds" gesehen und fand den ziemlich gut. Heute sehe ich Filme ganz anders als früher. Ich achte mittlerweile viel mehr auf die Machart. Aufbau, Rhythmus und Mittel eines Filmes interessieren mich. Ich bin auch Themen gegenüber offener, die mich früher überhaupt nicht interessiert haben. Stimulation und Inspiration sind mir wichtig beim Filmgucken.

Ricore: Gibt es Regisseure, die Sie in der Zusammenarbeit präferieren?

Riemelt: Mit Dennis Gansel habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Natürlich Dominik Graf, auch wenn es anstrengend ist, aber es bleibt eine tolle Erfahrung. Frieder Wittich wird in Zukunft auch jemand sein, bei dem ich nie nein sagen werde, wenn er mich anfragt. Der hat es einfach drauf.

Ricore: Was wäre aus Ihnen geworden, wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?

Riemelt: Das weiß ich nicht. Ich hoffe ich hätte dann soviel wie möglich ausprobiert, um ganz sicher zu sein, dass es das Richtige ist was ich mache. Das ist zugleich die Essenz von "13 Semester": lass dich nie in eine Mühle stecken und verändere von Zeit zu Zeit deine Richtung!

Ricore: Wie sehen Ihre nächsten Projekte aus?

Riemelt: Als nächstes bin ich in der TV-Serie "Im Angesicht des Verbrechens" von Dominik Graf zu sehen. Das ist ein Zehnteiler der sich mit der Russen-Mafia in Berlin beschäftigt. Vor ein paar Wochen habe ich außerdem den englischsprachigen Horrorfilm "Urban Explorer" abgedreht.

Ricore: Herr Riemelt, vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 10. Januar 2010
Zum Thema
Max Riemelt wird 1984 in Berlin geboren. Schon mit 11 Jahren spielt er in der Kindertheatergruppe seiner Schule. Sein Filmdebüt feiert er 1997 in einer Nebenrolle des TV-Zweiteilers "Eine Familie zum Küssen". Mit Kinoproduktionen wie "Mädchen Mädchen!", "Napola - Elite für den Führer" oder "Die Welle" wird er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Riemelt lebt in Berlin-Mitte.
13 Semester (Kinofilm)
Der ereignisreiche Studentenalltag eines angehenden Jungakademikers. Moritz (Max Riemelt) fühlt sich von Lernstress, Wohnungssuche und unerfüllter Liebe geplagt. Zusammen mit Kerstin (Claudia Eisinger), Dirk (Robert Gwisdek) und Bernd (Alexander Fehling) stellt er sich dem Leben. Mit Situationskomik und überzeugender Schauspielleistung gelingt Regisseur Frieder Wittich ein gelungenes Spielfilmdebüt.
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