Delphi Filmverleih
Detlev Buck
Spaß statt Cannes?
Interview: Detlev Buck ist neugierig
Für "Same Same But Different" ist Detlev Buck mit seinem Team nach Kambodscha gereist. Dort verliebt sich sein Protagonist, ein junger Rucksacktourist, in eine Prostituierte. Die Geschichte basiert auf der wahren Geschichte von Benjamin Prüfer. Buck reizte die Verbindung von Liebesgeschichte und Abenteuerreise. Buck ist dankbar, durch seinen Beruf fremde Länder kennen lernen zu können. Im Sommer arbeitet der gelernte Landwirt hingegen immer noch gerne auf dem heimischen Feld, wie er im Gespräch mit uns verrät. Eine nette Abwechslung zu Filmbällen und Gala-Abenden.
erschienen am 20. 01. 2010
Delphi Filmverleih
Same Same But Different
Ricore: Welche Eindrücke haben Sie aus Kambodscha mitgebracht?

Detlev Buck: Ganz schwer zu beantworten, weil man das Erlebte nicht in Worte fassen kann. Die Tigerstaaten unterscheiden sich stark voneinander. Kambodscha ist eine ganz eigene Welt. Beim Filmedrehen steigt man ganz anders in eine Kultur ein, als man es als Tourist vermag. Das war schon ein Abenteuer im besten Sinne, ich hoffe das spiegelt sich im Film.

Ricore: Wie lange waren Sie insgesamt in Kambodscha?

Buck: Für die Dreharbeiten waren wir drei Monate drüben, davor bin ich bereits viermal dort gewesen. Das ist heute alles nicht mehr so kompliziert, Air Berlin fliegt beispielsweise jeden Tag von Berlin nach Bangkok und dann weiter nach Phnom Penh.

Ricore: Wie sind Sie mit der Geschichte von Benjamin Prüfer in Berührung gekommen?

Buck: Lesen, lesen, lesen. Ich habe sein Buch gelesen, während ich in Vietnam war, deshalb konnte ich mir die Geschichte sehr gut vorstellen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand, ob ich den Film überhaupt mache. Danach war ich mir sicher, dass es sich um eine globale Liebesgeschichte handelt, die ich gerne in Szene setzen wollte.

Ricore: Was hat Sie gereizt?

Buck: Die Hindernisse innerhalb dieser Liebesgeschichte sind so groß, dass sie unüberwindbar scheinen. Jeder verliebt sich zunächst immer in ein Geheimnis und begibt sich mit jeder neuen Liebe auf eine Abenteuerreise. Das hat mir sehr gefallen, auch weil meine Tochter damals gerade in einer Situation war, in der sie nicht genau wusste was sie machen soll, Weltreise oder nicht?
Ricore Text
Berlinale 2006: Detlev Buck
Ricore: Wie sind Sie mit dem Thema Prostitution vor Ort konfrontiert worden?

Buck: In Kambodscha hat die Prostitution ein anderes Gesicht als in Thailand. Die Mädchen bekommen als Reisbauern einen Dollar am Tag und natürlich haben sie die Möglichkeit als Prostituierte mehr und einfacher Geld zu verdienen. Ich moralisiere dies nicht, sondern verstehe das. Das Blöde ist nur, dass die Mädchen dann als schwarze Mädchen gelten und keinen Platz mehr in der kambodschanischen Gesellschaft haben. Auch aus diesem Grund versuchen sie einen Touristen zu ergattern, aber natürlich treffen sie nicht oft auf jemanden, der ihretwegen sein Leben umbaut.

Ricore: Prostitution verändert also die gesamte Gesellschaftsstruktur vor Ort.

Buck: Prostitution ist eines der ältesten Gewerbe überhaupt. In Kambodscha hat es mit den UN-Soldaten angefangen. Die Frauen sind nicht nur Opfer, sondern wissen ganz genau, was Sache ist. Man darf nicht den Fehler machen zu sagen: "Ach Gott, ist das alles tragisch!" Es geht um eine fantastische Liebe, die außerhalb jeglicher moralisierenden Analyse stattfindet. Holly Golightly in "Frühstück bei Tiffany" war übrigens auch ein leichtes Mädchen.

Ricore: Was schätzen Sie an David Kross?

Buck: Bei "Knallhart" war es bezeichnend, dass David die Knarre nicht wie in einem Tarantino-Film gehalten hat. Das fiel mir auf. Er versucht eben nicht, so cool wie möglich weg zukommen, sondern er geht mit einer großen Ernsthaftigkeit an die Aufgabe. Mit seinem Blick wollte ich in "Same Same But Different" das Land einfangen, obwohl der Protagonist selber mit den dortigen Umständen überfordert ist. David war für mich von Anfang an eine Bank, es war schwieriger, eine geeignete Schauspielerin zu finden.

Ricore: Der österreichische Regisseur Michael Glawogger hat eine kleine Nebenrolle in "Same Same But Different". Wie kam es dazu?

Buck: Er ist oft vor Ort, weil er in Bangkok eine Wohnung hat. Seit unserer Zusammenarbeit in "Contact High" gibt es eine Verbindung. Ich schätze seine Arbeit sehr und wir tauschen uns regelmäßig aus.
Warner Bros. Pictures
Detlev Buck in "12 Meter ohne Kopf"
Ricore: Ist "Same Same But Different" eine reine Liebesgeschichte oder handelt es sich dabei auch um ein Sozialdrama?

Buck: Jede gute Liebesgeschichte ist zugleich ein Sozialdrama, weil die Liebe immer gesellschaftliche Hindernisse überwinden muss. Sei es Familie, Herkunft, Sozialstatus, Ethnie etc. Ben ist ja kein Kolonialist, sondern guckt sich das zunächst interessiert an. Die soziale Komponente im Film wurde von mir idealisiert und ist eher nachgebaut, als dass sie sich tatsächlich so dargestellt hat. Die Szenen im Club in Phnom Penh sind beispielsweise nicht dokumentarisch. Liebe muss soziale Differenzen überwinden.

Ricore: Was unterscheidet "Same Same But Different" von Ihren vorigen Filmen? Ist Ihnen Deutschland zu klein geworden?

Buck: Würde ich so nicht sagen. Ich bin von Haus aus neugierig. Zudem wäre ich vorher nicht reif gewesen für einen Film wie "Same Same But Different". Das ist Unterhaltung mit Inhalt und nicht ihrer selbst wegen. Eine Liebesgeschichte muss man immer auch ernst nehmen, selbst eine Romanze wie "Notting Hill" hat diesen Anspruch.

Ricore: Sind Sie selber Backpacker?

Buck: Ich hab das in meiner Jugend nie gemacht, komme aber so langsam auf den Geschmack. Die Community ist schon sehr lustig und mir sehr sympathisch, weil es ihnen nicht darum geht, Dinge zu besitzen. Sie hängen viel mit Einheimischen ab, um das Land wirklich zu erleben. Es gibt eigentlich keinen reinen Backpacker-Film der mir bekannt ist. Ich bin zwar getrampt und dies und das, aber ich bin nicht nach der Schulzeit mal geographisch ausgebrochen, um die Nase in den Wind zu halten. Ich kompensiere dies Versäumnis mittlerweile durch meinen Job.

Ricore: Ihre Kinofilme spielen zumeist in Deutschland. In welchen Momenten kommen Sie mit dem Ausland in Berührung?

Buck: Ich drehe viele Werbefilme im Ausland. Von Hongkong, über die Ukraine bis nach Südafrika, weiter bis nach Süd- und Nordamerika. Das mag ich auch besonders an meinem Beruf.
Concorde Film
Detlev Buck in "Die Geschichte vom Brandner Kaspar"
Ricore: Sie entstammen einer Bauernfamilie aus Schleswig-Holstein. Warum sind Sie Regisseur und nicht Landwirt geworden?

Buck: Ich bin gelernter Landwirt, allerdings mittlerweile nur noch ein reiner Erntebauer. Im Winter langweile ich mich. Wenn die Ernte im Sommer losgeht, dann kribbelt es mir in den Fingern. Das ist der ideale Ausgleich zum Filmgeschäft. Die Ernte kannst du anfassen und siehst, was los ist.

Ricore: Detlev Buck findet sich nicht in der Boulevardpresse. Absicht oder sind Sie nicht interessant?

Buck: Ich hab meiner Freundin schon gesagt, dass ich mir demnächst eine jüngere Freundin suche und wir dann alle gemeinsam das nächste Weihnachtsfest feiern, weil es sich ja mittlerweile so gehört. Sie sagt: "Dann mal los!" Ich bin hinter der Kamera und nur Teilzeitprominent, zudem beobachte ich lieber, als beobachtet zu werden. Es gibt Leute in unserem Geschäft, die damit bewusst umgehen. Nach "Männerpension" gab es eine Phase, in der ich dachte ich müsse jetzt unbedingt nachlegen, der Gedanke kann zur Sucht werden. Ich denke, dass man das Verkehrte in den Vordergrund stellt und zu jedem Ding was sagen muss, obwohl man nur über Halbwissen verfügt. Ich verurteile jedoch keinen Kollegen, der das Blitzlicht sucht.

Ricore: Inwiefern hat sich das Filmgeschäft diesbezüglich verändert?

Buck: Alles fing mit der Wende an, danach gab es erst eine richtige deutsche Filmszene, aber auch hier nur ein Dutzend Schauspieler, die wirklich von Interesse waren und sind. Til Schweiger nimmt dort wohl die Spitzenposition ein und er macht das auch gut. Es geht schließlich nicht ohne Aufmerksamkeit. Auch David Kross erzeugt mittlerweile eine Aufmerksamkeit und muss mehr Interviews führen als ich.

Ricore: Davon ausgehend, dass sich die deutsche Filmlandschaft auf die beiden Pole Berlin und München fokussiert, wo sehen Sie dort Ihren Platz?

Buck: Ich fahre gerne mit der Bahn hin und her. Auf den Bayerischen Filmball möchte ich nicht verzichten, weil es lustig ist. Diese gediegene Filmwirtschaft ist einzigartig. In Berlin gibt es so etwas nicht und ich würde manch einem Regisseur der sogenannten Berliner Schule empfehlen, mal dort hinzufahren. Crossover finde ich reizvoll, ich will mich nicht entscheiden müssen, das würde mich einfach langweilen. Das Filmfest in Hof finde ich genauso interessant wie die Berlinale. Es geht mir um Vielschichtigkeit.
Delphi Filmverleih
Detlev Buck am Set von "Knallhart"
Ricore: Warum ist es so schwer, andere Standorte zu manifestieren? Beispielsweise sieht sich der Hamburger Regisseur Fatih Akin als Außenseiter in der Branche.

Buck: Dann ist jeder Regisseur ein Außenseiter.

Ricore: Was ist Ihre Handschrift als Regisseur?

Buck: Ich mache in meinen Filmen immer eine Reise, es ist immer eine Bewegung, die meine Hauptcharaktere eine Entwicklung durchlaufen lässt. Egal, welches Genre ich bediene, wird dies immer durch Außenseiterfiguren untermauert. Manchmal sind sie skurril und es entsteht Humor, oder es kommt eben ganz anders. Mir hat mal ein Regisseur bei einer Vorabvorführung zu einem meiner Filme gesagt: "Lass die Lacher hier weg, dann bist du sicher in Cannes!" Ich ließ sie drinnen, weil für mich auch ein Leben ohne Cannes denkbar ist.

Ricore: Welche Regisseure beeindrucken Sie?

Buck: Schlöndorff und Wenders finde ich immer noch spannend. Zudem habe ich mich letztens mit Danny Boyle unterhalten, mit dem ich gerne mal arbeiten würde. Boyle ist jemand, der in seine Stoffe und in unterschiedliche Genres hineinspringt, auch auf die Gefahr hin, dass er danebenhaut. "Slumdog Millionär" wurde vergleichbar kostengünstig produziert und sollte eigentlich nur als Video herausgebracht werden, als Kracher war das nicht geplant.

Ricore: Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?

Buck: Wir versuchen seit längerem die Verfilmung von Daniel Kehlmanns "Die Vermessung der Welt" auf die Beine zu stellen. Das ist nicht so einfach, weil die Finanzkrise jetzt auch die Filmbranche erreicht hat.

Ricore: Her Buck, wir bedanken uns für das Gespräch.
erschienen am 20. Januar 2010
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2024