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Heiner Lauterbach
"Jeder will geliebt werden"
Interview: Heiner Lauterbach bereut nicht
Heiner Lauterbach gehört zu den viel beschäftigten deutschen Schauspielern. In der zweiteiligen Verfilmung von Ken Folletts Roman "Eisfieber" ist seine Figur Stanley an Heiligabend aufgrund eines starken Schneesturms zu Hause eingesperrt. Dabei kommt es nicht nur zu Streitereien innerhalb der Familie, es haben sich außerdem noch Gangster auf seinem Landgut eingenistet. Privat lässt Lauterbach es inzwischen ruhiger angehen, sein wildes Partyleben hat er hinter sich gelassen. Im Interview mit Filmreporter.de verrät er, wie er versucht, seinen Kindern ein Vorbild zu sein und ob er mit Macho-Gehabe etwas anfangen kann.
erschienen am 25. 01. 2010
ZDF/Graeme Hunter
Heiner Lauterbach in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: In "Eisfieber" feiern Sie als Stanley Oxenford mit Ihrer Familie das Weihnachtsfest. Wie verbringen Sie meist die Feiertage?

Heiner Lauterbach: Ich verbringe sie auch zu Hause mit meiner Familie.

Ricore: Wie feiern Sie Weihnachten - gibt es bei Ihnen besondere Traditionen?

Lauterbach: Nein, keine besonderen. Wir essen zusammen, meine Frau kocht, ich weiß noch gar nicht was es diesmal gibt. Manchmal machen wir Fondue oder eine Gans. Die Mutter meiner Frau, ihre Geschwister, meine Eltern und mein ältester Sohn aus Berlin kommen zu Besuch. Meine Kinder sind natürlich dabei. Dann machen wir Bescherung und danach gibt es was zu Essen.

Ricore: Was hat Sie an Ihrer Figur Oxenford besonders gereizt?

Lauterbach: Es kommen immer verschiedene Faktoren zusammen, die eine Rolle reizvoll werden lassen. Zum einen das Drehbuch. In diesem Fall war es nach der Vorlage eines Bestseller-Romans, was ja immer ganz günstig ist. Auch wer Regie führt, wer sonst noch mitwirkt, wo das Ganze stattfindet und der Ruf der Produktionsfirma spielen eine Rolle.

Ricore: Was war in diesem Fall das Ausschlaggebende?

Lauterbach: Die Mischung aus allem.
ZDF/Graeme Hunter
Heiner Lauterbach in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: Um auf das Thema Familie zurückzukommen - Früher hatten Sie den Ruf, dass Sie gerne um die Häuser ziehen. Heute werden Sie aber auch in den Medien gerne als Familienmensch dargestellt, wie kam dieser Wandel zustande?

Lauterbach: Man steht irgendwann vor der Frage, ob man so weitermachen möchte, und dann nur noch eine begrenzte Lebenserwartung hat. Oder, ob man noch ein bisschen mehr Zeit haben will. Es war ein fließender Prozess, der dazu führte, dass ich mich für die zweite Variante entschied. Hinzu kam, dass ich eine neue Frau kennenlernte, mit ihr eine Familie gründete und für sie und die Kinder da sein wollte.

Ricore: Fehlt Ihnen der frühere Lebenswandel manchmal?

Lauterbach: Nein, überhaupt nicht.

Ricore: Gibt es Dinge aus dieser Zeit, die Sie bereuen und gerne ungeschehen machen würden?

Lauterbach: Ich glaube, man macht jeden Tag zehn bis zweihundert Dinge, die man am nächsten Tag anders machen würde, angefangen beim Ankreuzen der falschen Lottozahlen bis was weiß ich was. Aber es gibt kein einschneidendes Erlebnis, von dem ich sagen würde, dass ich es heute komplett anders machen würde. Ich denke, es hat schon alles seinen Sinn so. Letztlich hat die Summe der Dinge, die ich gemacht habe, mich ja auch dahin geführt, wo ich jetzt bin. Und damit bin ich im Moment ganz glücklich. Wenn ich alles ganz anders gemacht hätte, wäre ich jetzt in dieser Situation vielleicht ein ganz Anderer.

Ricore: Inzwischen achten Sie sehr auf Gesundheit, Ernährung und Ihre körperliche Fitness. Was machen Sie, um fit zu bleiben?

Lauterbach: Fünf Mal pro Woche treibe ich Sport, anderthalb Stunden am Tag. Dazu gehört eine Stunde Ausdauertraining. Ich habe einen kleinen Gym zu Hause, ein Fitness-Studio mit Cross-Trainer und Laufband. Nach dem Ausdauertraining mache ich Stretching, Gymnastik und Sit-ups, Liegestütze und ähnliches.
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Heiner Lauterbach in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: Welche Rolle spielt Ernährung dabei?

Lauterbach: Wir ernähren uns sehr bewusst. Was nicht heißt, dass ich nicht zwischendurch auch mal eine Tafel Schokolade esse oder etwas Fetthaltiges oder vermeintlich Ungesundes. Wir folgen keinem strengem Diätplan. Aber wir achten im allgemeinen schon auf gesunde Ernährung, kaufen Bio-Produkte und leben auf dem Land. Wir sehen auch zu, dass wir unseren Kindern da ein Vorbild sind.

Ricore: Sie engagieren sich für die Initiative ANAD, die sich um die Ernährung Kinder und Jugendlicher kümmert. Wie sind Sie dazu kommen?

Lauterbach: Meine Frau und ich waren auf vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen bzw. Charity Events, wie man das heute nennt. Da haben wir irgendwann beschlossen, dass wir etwas mehr Einfluss darauf nehmen wollen, für was wir uns engagieren. Parallel dazu kamen die Leute von der "Aktion Mahlzeit", einer untergeordneten Gruppe von ANAD, auf uns zu und fragten, ob wir bereit wären, dort die Schirmherrschaft zu übernehmen. Das passte uns ganz gut und wir sagten zu. Viele Leute, die sich in dieser Richtung engagieren, kümmern sich in erster Linie um die Armen in der Welt, die nichts zu essen haben. Das ist auch gut und richtig. Aber dadurch gerät die Gruppe, die Probleme mit dem Essen hat, ein wenig ins Hintertreffen. Also beschlossen wir, uns dieser Gruppe anzunehmen.

Ricore: Wie versuchen Sie selbst, ein Vorbild für ihre Kinder zu sein, nicht nur bezogen auf Ernährung?

Lauterbach: Man kann Kindern das Vorbild nur vorleben, denn das, was man macht, schauen sie sich ja ab. Man kann ihnen in Gesprächen vermitteln, dass sie verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen sollen. Man sollte ihnen bewusst machen, dass sie großes Glück haben, dass sie immer genug zu Essen und zu Trinken bekommen. Dass sie ein schönes, sorgenfreies Leben führen können. Sie sollen dadurch merken, dass es Menschen gibt, denen es nicht so gut geht. Denen es schon an den grundlegendsten Dingen mangelt, wie Wasser, Nahrung und Hygiene. Denn sonst nehmen die Kinder es als selbstverständlich hin, dass das Wasser aus der Wand kommt und der Strom aus der Steckdose. Sie machen sich keine Gedanken, woher das alles kommt und in welchen Teilen der Erde es sowas nicht gibt. Dafür muss man ihnen ein Empfinden schaffen.
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Heiner Lauterbach in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: Wie schwierig ist es für Sie, Ihren Kindern Werte zu vermitteln, während die Boulevardpresse negative Dinge über Sie verbreitet?

Lauterbach: Ich werde gegenüber meinen Kindern, auch wenn sie noch nichts über mich gelesen haben, natürlich nicht behaupten, dass ich immer alles richtig gemacht habe. Wie alle Menschen habe ich Fehler gemacht. Künstler haben ein extremes Leben und leben das meistens auch aus. Ich habe aber keiner Oma die Handtasche weggenommen, jemandem auf den Kopf gehauen oder vergleichbare schlimme Dinge gemacht. Ich war in der Regel nie ungerade oder unaufrichtig. Wenn meine Kinder bestimmte Sachen über mich lesen, kann ich ihnen ja sagen, dass man auf solche Dinge verzichten kann. Wenn über jeden Schauspieler seine Geschichten in der Zeitung stünden, dann wäre sie wahrscheinlich so dick, dass sie von hier bis nach Nepal reichte.

Ricore: Hatten Sie anfangs Probleme, mit der Boulevardpresse umzugehen, sowohl als Mensch als auch als Schauspieler?

Lauterbach: Das sind Dinge, die man natürlich lernen muss. Am nächsten Tag irgendwelche negative Schlagzeilen über sich in der Zeitung zu lesen, ist eine Sache, die natürlich nicht angenehm ist. Andererseits ist das halt die Kehrseite der Medaille. Der Beruf hat aber auch viele schöne Seiten.

Ricore: Stört es Sie, dass Sie oft weniger als Künstler, sondern als der Privatmensch Heiner Lauterbach wahrgenommen werden?

Lauterbach: Das ist heutzutage nun mal so. Egal, ob man Politiker, Sportler oder Schauspieler ist. Für die Medien ist oft das interessanter, was man neben seiner Arbeit macht. Wie zum Beispiel Frauen- oder Alkoholgeschichten. Das ist auch ein Zeugnis unserer Gesellschaft. Offensichtlich interessiert die Menschen so etwas mehr. Keine schöne Sache, wie ich finde, aber eben eine menschliche.

Ricore: Sie haben 2006 mit "Nichts ausgelassen" eine Autobiografie veröffentlicht. Bedienen Sie dadurch nicht auch das Interesse Ihren Privatleben?

Lauterbach: Wenn, dann bediene ich damit eine Richtigstellung dessen, was die Medien berichten. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass, wenn es die Veröffentlichungen in der Presse nicht gegeben hätte, ich die Biografie gar nicht geschrieben hätte.
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Eisfieber
Ricore: Also war es eine Antwort auf die Schlagzeilen?

Lauterbach: Unter anderem. Denn man fühlt sich eben oft missverstanden und missinterpretiert. Durch so einen Schritt hat man die Möglichkeit, etwas richtig zu stellen.

Ricore: Sollte man also Ihrer Meinung nach als Künstler offensiv mit Gerüchten und Negativpresse umgehen?

Lauterbach: Ja, schon (überlegt). Wenn ich nochmal ganz von vorne anfangen könnte, würde ich eventuell dahin gehen, dass ich von Anfang an keine Interviews geben würde. Denn, wenn man erst mal damit angefangen hat, kann man da so ohne weiteres nicht mehr raus. In diesem Rahmen wird es ja schon fast von einem verlangt. Nämlich, dass man seine Filme publiziert und in dem Zusammenhang auch zu Fernsehsendungen geht und Interviews gibt. Und da ist es dann sehr schwer, eine Mischung zu finden. Wie jetzt in diesem Interview, wir unterhalten uns ja auch nicht ausschließlich über den Film, obwohl mir das natürlich lieber wäre. Aber das interessiert die Leute weniger und es würde auch nicht gedruckt werden. Das ZDF hat dann nicht diese werbewirksamen Maßnahmen und das ist dann so ein Kreislauf. Also setzt man sich in irgendeiner Form damit auseinander. Mal abgesehen davon muss man auch ein Gefühl entwickeln, dass das alles nicht so wahnsinnig wichtig ist. Es steht dann in der Zeitung und am nächsten Tag ist es wieder weg.

Ricore: Apropos nicht so wichtig. Ihr Zitat "Saufen, Zocken und Fußball" sind Männersache wurde von den Medien ziemlich ausgeweitet. Überlegen Sie sich inzwischen genau, was Sie in einem Interview sagen, damit Sie nicht auf eine solche Aussage festgelegt werden?

Lauterbach: Etwas genauer überlege ich schon. Dieses Zitat habe ich exakt einmal gesagt, ich glaube das war 1983. Seitdem habe ich es mindestens 1.000 Mal wieder gelesen. Nun bin ich natürlich schon vorsichtiger mit der Verwendung solcher Schlagworte, weil es mich schon langweilt. Den Leser muss es eigentlich doch erst recht langweilen, wenn er immer denselben Käse serviert bekommt.

Ricore: Was halten Sie generell von Macho-Allüren?

Lauterbach: Mit diesem Wort kann ich mittlerweile auch gar nichts mehr anfangen, weil es so inflationär eingesetzt wird. Es gibt ja schon Abstufungen, wie den "Soft-Macho".
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Heiner Lauterbach in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Lauterbach: Als ganz normalen Menschen. Der Menschen nicht nach ihrem Geschlecht beurteilt, sondern nach dem, was sie von sich geben, und wie sie sich verhalten. Da gibt es nette Frauen und nette Männer. Und es gibt dusselige Frauen und dusselige Männer. So ist das im Leben.

Ricore: Wie wichtig ist es Ihnen, was die Leute über Sie denken?

Lauterbach: (Seufzt) Ach ja, ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, es wäre mir scheißegal. Ich glaube, die meisten von uns sind so veranlagt, dass sie es ganz gerne haben, wenn die Menschen sie mögen. Und bei Schauspielern ist das vielleicht noch ein bisschen stärker so. Wir leben schließlich von der Gunst unseres Publikums und das hat viel mit Sympathie zu tun. Insofern ist es mir nicht unwichtig, was man von mir hält. Aber ich würde auch nicht alles tun, um everybodys darling zu sein.

Ricore: Hätten Sie zu Beginn Ihrer Karriere gedacht, dass Sie einer der bekanntesten deutschen Schauspieler werden würden?

Lauterbach: Nein. Denn die Wahrscheinlichkeit dazu ist ziemlich gering, wenn man bedenkt, wie viele Schauspieler es hierzulande gibt.

Ricore: Was hätten Sie gemacht, wenn es mit der Schauspielerei nicht geklappt hätte?

Lauterbach: Das ist eine gute Frage. Ich habe ja verhältnismäßig lange als erfolgloser oder mittelmäßig erfolgreicher Schauspieler gearbeitet. Aber zu der Zeit war ich noch jung. Wenn man jung ist, stört einen das nicht so, weil man glaubt, dass einem die Welt offen steht. Ich interessierte mich damals sehr für Fußball. Wenn ich nichts zu tun hatte, habe ich tagsüber Fußball gespielt. Das war mir wurscht, im Gegenteil, ich war froh, wenn ich nichts zu tun hatte. Aber mit zunehmendem Alter stelle ich es mir nicht mehr so schön vor, wenn man immer mit einer Hand am Telefonhörer klebt und darauf wartet, dass man ein Engagement bekommt. Insofern hätte ich mit Sicherheit irgendwas anderes versucht.
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Heiner Lauterbach und Kollege Tom Schilling in Ken Folletts "Eisfieber"
Ricore: Bei der TV-Komödie "Andersrum" haben Sie Regie geführt - könnten Sie sich vorstellen, das in Zukunft öfters zu machen?

Lauterbach: Ja, immer mal wieder. Ich finde es sehr sinnvoll, sich ab und zu auf die andere Seite zu begeben. Schon alleine, um einfach mal die Nöte der Regisseure kennenzulernen, was für einen auch als Schauspieler hilfreich ist. Man lernt dabei, dass Schauspieler ein Völkchen sind, mit dem schwer umzugehen ist. Deswegen möchte ich es nicht ausschließlich machen. Außerdem, wie Robert Mitchum sagte, dann muss man noch früher aufstehen.

Ricore: Welche Ziele würden Sie gerne erreichen?

Lauterbach: ich möchte gerne mit "Doppelzimmer" ein schönes, erfolgreiches Theaterstück hinlegen. Es wird im Renaissance-Theater in Berlin aufgeführt. Dann sind noch Filmprojekte in Arbeit. Im nächsten Jahr spiele ich ja den Bernhard Grzimek. Heutzutage kann man nur hoffen, dass man gesund bleibt und Arbeit hat.

Ricore: Worum geht es in "Doppelzimmer"?

Lauterbach: Es ist eine Krankenhaussatire, eine Art Screwball-Komödie. Ich bin darin der Leiter einer Privatklinik. Es geht ziemlich rasant zu.

Ricore: Was bevorzugen Sie, Theater zu spielen oder vor der Kamera zu stehen?

Lauterbach: Beides gefällt mir, die Abwechslung macht’s. Beides hat vor- und Nachteile, die natürlich auf der Hand liegen. Das Theater hat den Vorteil, dass man chronologisch arbeiten kann, was man beim Film ja nie macht. Beim Theater hat man eine lange Probenzeit. Der Film hat den Vorteil, dass du Dinge wiederholen kannst. Ich finde es einfach sinnvoll, beides zu machen.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 25. Januar 2010
Zum Thema
Geboren am 10. April 1953 in Köln als Sohn eines Sanitärunternehmers, weiß Heiner Lauterbach bereits als 17-jähriger, dass er Schauspieler werden will. So geht er nach Abschluss der Mittleren Reife 1970 an die Roland Suso Richters preisgekröntem Drama "Kolp" gibt. Doris Dörries Komödie "Männer". Seither kann er sich über mangelnde Angebote nicht beschweren, noch dazu sind viele Produktionen auch an den Kinokassen sehr erfolgreich, so auch "Hera Linds Das Superweib" und Sönke Wortmanns "Der..
Eisfieber (Kinofilm)
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2024