Concorde
Nicolas Cage
Freibrief von Werner Herzog
Interview: Nicolas Cage extrem
Nicolas Cage war nicht immer des Filmkritikers Liebling. Zuletzt geriet er weniger durch seine Schauspielkunst in die Klatschspalten, sondern vielmehr durch seine finanziellen Schwierigkeiten. Dies zwingt ihn wohl auch, seine Filmkarriere voran zu treiben. Zu Beginn des Jahres 2010 scheint er omnipräsent zu sein. Mit uns sprach der seit seinem 15 Lebensjahr als Schauspieler arbeitende Cage über den beruflichen Erfolg, seine Motivation als Schauspieler und natürlich über seinen neuen Film, Werner Herzogs "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen".
erschienen am 26. 02. 2010
20th Century Fox
Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen
Ricore: Haben Sie der Figur des Bad Lieutenant Ihren eigenen Stempel aufgedrückt?

Nicolas Cage: Ich wusste natürlich, in welche Richtung hin ich meine Figur entwickeln wollte. Durch all die Drogen, die er nahm - Crack, Heroin, Kokain - befand er sich in einer Art abstrakten Welt, was mir wiederum erlaubte, extreme Dinge zu tun. Das hat Spaß gemacht. Vor allem wenn man eine Freikarte vom Regisseur bekommt. Diese extreme Art zu schauspielern war aufregend und spannend.

Ricore: Gab es auch Spielraum für Improvisationen?

Cage: Nun ja, einige Dialoge, die im Altenheim spielen, habe ich geschrieben, als ich in Australien für einen anderen Film gearbeitet habe. Aber tatsächlich entstanden viele Szenen erst am Set. Wie beispielsweise jene im Drogenversteck oder im Auto, in dem ich mit Gangstern sitze. Solche Dinge entstanden aus der Improvisation heraus.

Ricore: Gibt es etwas Schöneres als Schauspieler, zwischen Blockbustern und Independent-Filmen wählen zu können?

Cage: Ich versuche, immer etwas Neues in meiner Figur zu finden, wenn ich einen Film drehe - ob es nun ein Blockbuster oder ein Independent-Movie ist. So habe ich das Gefühl, dass sich meine Filme, meine Figuren, untereinander beeinflussen. Ich suche mir beispielsweise das Filetstück aus einem Independent-Film heraus und versuche dies bei kommerzielleren Projekten einfließen zu lassen.

Ricore: Was war der ausschlaggebende Punkt bei "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen" für Ihre Teilnahme? War es, dass Werner Herzog die Regie führte?

Cage: Ich muss schon zugeben, der Gedanke, mit Werner Herzog zu arbeiten, faszinierte mich. Ich bin immerhin mit seinen Filmen groß geworden. Aber ich glaube, es war eher die Dreistigkeit des Projekts, das mich angesprochen hat. Ich wollte etwas außerhalb des Normalen, etwas Extremes machen. Ich meine, niemand wagt es eigentlich, ein Remake von "Bad Lieutenant" zu machen. Das war Grund genug, mitzumachen.
Splendid Film
Eva Mendes und Nicolas Cage in "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen!
Ricore: Sehen Sie ihre Version als klassisches Remake? Ich finde, dass beide Filme recht unabhängig voneinander sind.

Cage: Ja, das stimmt. Als ich zuerst von den Plänen hörte, schien es wie ein Remake. Doch als ich den Namen Werner Herzog hörte, wusste ich, dass wir mehr daraus machen werden. Beide Versionen sind in ihrem Sinne Originale, da sie sehr unterschiedlich sind. In meinen Augen ist Abel Ferraras "Bad Lieutenant" eine Art religiöses Programm, in dem Harvey durch jede mögliche katholische Schuld geht. In unserem Fall dreht es sich um existentiellere Fragen als Schuld.

Ricore: Gibt es eine Möglichkeit der Erlösung für den Charakter?

Cage: Falls es so ist, liegt es an Ihnen, dies herauszufinden.

Ricore: Sie sind ein Schwerarbeiter. Was treibt Sie an?

Cage: Bei "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen" hatte ich ein großes Bedürfnis, den Film zu machen. Ich wollte neue Wege erkunden, mich auszudrücken. Ich wollte produktiv sein. Das ist mit ein Grund, warum ich Schauspieler geworden bin. Diese Arbeit hilft mir, meine Energien zu kanalisieren, sie in die Arbeit zu stecken, sodass ich nicht implodiere.

Ricore: Sie schauspielern nun ja schon seit beinahe drei Jahrzehnten…

Cage: Seit ich 15 bin. Seit 30 Jahren.

Ricore: Ist ihre Leidenschaft für die Schauspielerei heute noch so groß wie damals?

Cage: Ja, aber heute sehe ich neue Möglichkeiten, meinen Weg zu gehen. Das ist normal, da man mit zunehmendem Alter mehr Erfahrungen macht, mehr von der Welt kennenlernt und man immer wieder neue Erfahrungen in der Arbeit macht.

Ricore: Ist es nach wie vor eine Herausforderung für Sie, neue Charaktere zu finden oder zu formen?

Cage: Ja, auf jeden Fall. Ich bin immer wieder etwas ängstlich vor einer neuen Aufgabe. Aber das hilft mir, meine ganze Energie hinein zu stecken. Sehen Sie, bei mir ist es so: Immer wenn ich mich etwas unwohl oder nervös gegenüber einer Rolle fühle, bedeutet es, dass ich es machen will. Sonst wäre es zu einfach.
Disney
Das Vermächtnis der Tempelritter
Ricore: Wird es einen weitere Fortsetzung der "National Treasure"-Reihe ("Das Vermächtnis der Tempelritter") geben?

Cage: Wenn es einen weiteren Teil gibt, bin ich auf jeden Fall wieder dabei. Ich finde, diese Filme erfüllen einen ganz besonderen Zweck. Sie verbinden Eltern mit ihren Kindern und führen auf diese Weise Familien zusammen. Sie sind außerdem unterhaltsam und machen Spaß. Es ist gut, dass man auf diese Weise Familien etwas gibt, worauf sie sich freuen können.

Ricore: Zwischenzeitlich haben sie den Actionfilm "Duell der Magier" abgedreht. Wie nah an der Originalquelle ist der Film?

Cage: Der Film ist ziemlich ausgedehnt und erweitert worden, da es ja nur eine Sequenz von ungefähr drei oder vier Minuten aus Fantasia ist. Und es ist ziemlich schwer, aus drei Minuten einen zweistündigen Film zu drehen. Daher wurde einiges getan, um die Handlung aufzupeppen und eine richtige Geschichte draus zu machen.

Ricore: Ist der Film düster geraten?

Cage: Düster? Nein. Klar gibt es gruselige Momente, aber das soll doch auch so sein, nicht? Insgesamt ist der Film aber so konstruiert, dass die ganze Familie Spaß hat.

Ricore: Wenn sie über Nacht mit dem Schauspiel aufhören müssten, welcher kreativen Ader würden Sie dann folgen?

Cage: Ich würde meine Zeit mit einem guten Buch verbringen, und wahrscheinlich historische Orte erkunden. Das interessiert mich derzeit am meisten.

Ricore: Welche Art von historischen Stätten?

Cage: England, Italien und Deutschland beispielsweise. Orte, Städte und Länder, die historische Wurzeln und eine Geschichte haben. Mein Vater ist Italiener, meine Mutter Deutsche, England ist interessant, aufgrund der Römer und der Sachsen. Das ist also der perfekte Mix für mich, bezüglich meiner Vorfahren.

Ricore: Interessiert Sie die gesamte britische Geschichte?

Cage: Nein, eher das altertümliche Großbritannien. Aber es gibt natürlich auch zeitgenössische Facetten, die mich interessieren, wie Lord Nelson.
Paramount Pictures
Nicolas Cage in "Next"
Ricore: Gibt es einen historischen Charakter, den Sie gerne mal verkörpern möchten?

Cage: Einen zu spielen?

Ricore: Oder Regie zu führen...

Cage: Ich habe, ehrlich gesagt, noch nicht so oft darüber nachgedacht. Tatsächlich bekomme ich immer wieder Angebote, historische Charaktere zu spielen, habe es bisher aber noch nie gemacht. Ich sollte aber darüber nachdenken, denn das wäre wieder etwas Neues.

Ricore: Das wäre doch perfekt für Sie!

Cage: Ja, ich muss nur noch eine Figur in unserer langen Geschichte finden, die zu mir passt.

Ricore: Sie haben 2002 bei "Sonny" die Regie geführt. Könnten Sie sich vorstellen, das nochmal zu machen?

Cage: Klar, es geht nur darum, die Zeit dafür zu finden. Führt man bei einem Film die Regie, kostet dich das ein Jahr deines Lebens. Im Moment könnte ich mir das nicht erlauben. Aber vielleicht kommt irgendwann wieder der Zeitpunkt. Man weiß nie.

Ricore: Abgesehen von "Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen", was hat Sie zuletzt an Ihrer Arbeit am meisten fasziniert?

Cage: "Duell der Magier" natürlich. Und alle anderen Filme auch. Ich habe weder "Kick-Ass" noch "Duell der Magier" gesehen. "Season of the Witch" hat mir gefallen. Ja, man kann sagen, ich bin glücklich, was mit meiner Arbeit geschieht.

Ricore: "Kick-Ass" scheint eine schräge Sicht auf das Genre des Superhelden-Kinos zu sein. Was denken Sie?

Cage: Nun ja, ich habe den Film noch nicht gesehen. Aber ich denke auch, dass er recht unüblich ist. Er hat bisher auch ein großes Echo hervorgerufen. Leute diskutieren darüber in allen möglichen Blogs und Foren. BR>
Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 26. Februar 2010
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