ARD Degeto/Barbara Bauriedl
Anja Schüte
"Ich habe gerne Menschen um mich"
Interview: Anja Schüte mag Gesellschaft
Ihren Durchbruch feierte Anja Schüte mit dem Erotikfilm "Zärtliche Cousinen". Mit expliziten Nacktszenen erhitzte die damals 16-Jährige die Gemüter. Den Film gemacht zu haben, bereut sie nicht. Aus heutiger Sicht war der Film ein Sprungbrett für ihre Karriere. Unter der Regie von David Hamilton stand Schüte ein Jahr davor in "Die Geschichte der Laura M" vor der Kamera und erneut 1984 für die Romanze "Erste Sehnsucht". Seither ist die Schauspielerin meist im Fernsehen zu sehen. Sie spielte in den Serien "Der Trotzkopf", "Forsthaus Falkenau" und "Das Traumschiff" mit. In "Gräfliches Roulette" spielt Schüte einmal mehr an der Seite von Fritz Wepper, mit dem sie zuletzt für "Um Himmels Willen" vor der Kamera stand.
erschienen am 23. 05. 2010
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Anja Schüte und Karin Thalter in "Gräfliches Roulette"
Ricore: "Gräfliches Roulette" spielt in der Welt des Adels. Sind Sie selbst eigentlich adelsaffin?

Anja Schüte: Also, ich habe keinen Titel. Ich habe aber im Freundeskreis seit vielen Jahren einige adelige Menschen. Insofern gehört der Umgang mit dem Adel für mich zum Alltag. Ich spreche sie jetzt aber nicht mit Graf oder königliche Hoheit an. Vielmehr begegnen wir uns auf menschlicher Ebene. Es sind für mich einfach Freunde, Menschen wie du und ich.

Ricore: Was reizte Sie an der Rolle der Gräfin Beatrice?

Schüte: Zum einen reizte mich die erneute Zusammenarbeit mit Herrn Wepper. Das war ausschlaggebend. Wir drehten letztes Jahr miteinander. Das war eine so schöne Erfahrung, dass wir unbedingt wieder etwas gemeinsam machen wollten. Das haben wir nun hinbekommen. Wir spielen wieder ein heimliches Liebespaar, was die Sache sehr reizvoll macht. Es war schön, diese etwas überzogene Gräfin darzustellen. Überhaupt habe ich mich auf alle Kollegen sehr gefreut. Ich kenne den Regisseur, wir hatten wunderschöne Locations. Die Dreharbeiten waren einfach ganz besonders. Und ich denke, das sieht man auch.

Ricore: Was könnte den Film zum Erfolg verhelfen? Die Welt der Reichen und Schönen?

Schüte: Der Film spricht sicher einen Zuschauer an, der ein ganz normales, durchschnittliches bürgerliches Leben führt. Er bekommt einen Film zu sehen, in dem es um Geld geht und in dem andere gesellschaftliche Regeln herrschen. Es ist eine Art Abtauchen in eine andere Welt. Zum anderen ist es die Kombination zweier gesellschaftlicher Schichten. Auf der einen Seite die niveaulose Familie, die lernen muss, sich in anderen gesellschaftlichen Kreisen zu bewegen. Auf der anderen Seite der Graf, der in seiner heilen Welt etwas festgefahren ist und feststellen muss, dass es im Leben doch lockerer zugehen kann. Dieses Zueinander-Finden haben wir versucht, darzustellen. Das macht es auch irrsinnig komisch.
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Anja Schüte
Ricore: Die Figuren des Films kommen sehr lebendig rüber. Für den Zuschauer eine Möglichkeit der Identifikation.

Schüte: Ja, wir versuchten, die Figuren so bunt wie möglich zu zeichnen und jeder Figur eine eigene Gewichtigkeit zu geben. Ich denke, das ist gelungen.

Ricore: Ist der Film eher was für Männer oder für Frauen?

Schüte: Gute Frage. Ich denke, es ist eher ein Film für Frauen. Aber ich kann das nicht beurteilen, ich habe den Film noch nicht gesehen.

Ricore: Sehen Sie Bezüge zwischen "Gräfliches Roulette" und der heutigen Situation des Adels? Graf Emanuel ist verarmt und adoptiert zwecks finanziller Gesundung die reichen Meiers. Ist es nicht das, was der echte Adel auch tut?

Schüte: Ja, ich könnte mir vorstellen, dass das für einige Adelshäuser nicht unwichtig ist. Alle müssen ja von irgendwelchen Einnahmen leben, und da gehört sicher auch eine gewisse Marketing-Strategie dazu. Sicher werden da auch einige Dinge von Profis erarbeitet, die um diese Leute herum sind und für die Medienpräsenz des Adels sorgen. Aber ich glaube nicht, dass es einen Bezug zwischen dem Film und irgendeinem Beispiel gibt. Zumindest ist mir nicht bekannt, ob Regisseur Ulrich König das geplant hat oder nur seine Fantasie walten ließ.

Ricore: Die Beziehung zwischen Graf Emanuel und Gräfin Beatrice ist auch von ihrer Freundschaft geprägt. Wie wichtig ist für sie Freundschaft?

Schüte: Sehr wichtig. Es gibt Menschen, die eher Einzelgänger sind. Ich habe gerne Menschen um mich herum. Ich habe auch einen gefestigten Freundeskreis, den ich nicht missen möchte. Die Schauspielerei ist dort zwar auch Thema, aber das ist normal. Ich bin die einzige, die aus dieser Branche kommt, aber ich bin deswegen nicht anders und werde auch nicht anders gesehen.
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Anja Schüte
Ricore: Hat man als Schauspielerin Zeit für Freundschaften oder leiden ihre persönliche Beziehungen unter den beruflichen Verpflichtungen?

Schüte: Ja, Freundschaften können sehr darunter leiden. Aber in der heutigen Zeit der Handys und E-Mails ist das weniger kompliziert als früher. Außerdem ist es oft so, dass man während der Arbeit von Freunden auch besucht wird. Oft wird ja auch an schönen Orten gedreht und das lässt sich nicht jeder entgehen. Andernfalls würde der Beruf auch ein bisschen einsam machen. Letztendlich ist unsere Branche auch unsere Familie. Man kennt sich untereinander. Egal, was man macht, man trifft immer Leute, die man schon kennt. Insofern hat dieser Beruf eine familiäre und geborgene Atmosphäre.

Ricore: Kommt es zu Freundschaften zwischen Schauspielkollegen oder läuft alles eher kollegial ab?

Schüte: Doch, auf jeden Fall gibt es Freundschaften. Nur sind wir alle sehr viel unterwegs. Auch wenn man plant, in Kontakt zu bleiben, verläuft es sich oft im Sande. Ich bin seit Jahren mit Karin Thaler und Fritz Wepper befreundet. Wenn man sich sieht, dann freut man sich immer wieder aufeinander. Das ist eine schöne Verbindung und ich denke, sie wird ein Leben lang bestehen.

Ricore: "Gräfliches Roulette" lässt Rückschlüsse auf die Stimmung während der Dreharbeiten zu. Waren die so harmonisch, wie es sich im Film den Anschein hat?

Schüte: Wenn der Film das ausstrahlt, dann ist das genau das, was wir auch erreichen wollten. Wir hatten eine außergewöhnlich gute Atmosphäre bei der Arbeit. Wir hatten ein besonderes Team mit äußerst liebenswerten Kollegen. Wir konnten locker und doch stramm und professionell miteinander arbeiten. Von morgens bis abends haben wir eigentlich immer nur gelacht. Ich muss sagen, das war eine der schönsten Produktionen, an denen ich jemals beteiligt gewesen bin.

Ricore: In "Gräfliches Roulette" spielen Sie zusammen mit erfahrenen Kollegen wie Fritz Wepper und Leonard Lansink. Ist diese Zusammenarbeit ein Prozess des Gebens und Nehmens?

Schüte: Ja, das kann man sich wie ein gutes Tennismatch vorstellen. Man spielt sich den Ball zu. Je besser das geht, umso bereichernder ist die Arbeit.
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Anja Schüte, Karin Thaler, Daniela D. König in "Gräfliches Roulette"
Ricore: Golf spielt im Film eine große Rolle. Spielen Sie selbst Golf?

Schüte: Ich habe mal Golf gespielt, aber das ist lange her. Man muss dafür Zeit haben, und die habe ich lange nicht gehabt. Das ist eine schöne Sache, aber ich war nie wirklich gut darin. Ich hatte gerade mal ein Handicap von 36. Irgendwann ging es nicht weiter und ich verlor die Lust. Außerdem bin ich kein Vereinsmensch. Viel lieber bin ich in einer kleinen Gruppe oder mit einem Partner zusammen.

Ricore: Sie haben Ihre Karriere früh begonnen. Einer ihrer ersten Filme, "Zärtliche Cousinen", provozierten Anfang der 1980er Jahre wegen expliziter Nacktszenen einen öffentlichen Skandal. Bereuen Sie, den Film gemacht zu haben?

Schüte: Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil, wenn ich das alles nicht gemacht hätte, dann würde ich wahrscheinlich heute nicht hier sitzen. Das sollte offensichtlich alles so sein. Ich bin sehr froh, dass ich das alles gemacht habe. Im Grunde genommen war "Zärtliche Cousinen" nicht skandalös. Skandalös wurde er von der Presse gemacht. Ich war darin einmal für wenige Sekunden nackt zu sehen. Mehr auch nicht. So viel zum Thema Skandal.

Ricore: War Ihnen bewusst, dass der Film solch einen Wirbel verursachen würde?

Schüte: Nein, aber mir war klar, mit wem ich arbeite. David Hamilton war zu dem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Ich wusste, dass ich mich auf der internationalen Bühne befinde.

Ricore: Werden Sie in Interviews öfters auf diese Rolle angesprochen?

Schüte: Ja, aber das gehört einfach dazu.

Ricore: Können Sie uns heute schon etwas über ihre nächsten Projekte sagen?

Schüte: Würde ich gerne machen, aber es steht noch nichts fest. Es befindet sich im Moment noch alles in der Vorbereitungsphase.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 23. Mai 2010
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2024