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Veronica Ferres
Sport ist Mord
Interview: Veronica Ferres' Töchter
Als gebürtige Karneval-Spezialistin aus Solingen findet die kleine Veronica Ferres schon im Alter von fünf Jahren Gefallen am Unterhaltungsgeschäft. Eine Schauspielschule besucht sie nicht. Ihren Durchbruch schafft sie mit "Schtonk!" trotzdem im Jahr 1992 unter der Regie von Helmut Dietl. Trotz Knieverletzung nahm sich Ferres die Zeit für ein Interview. Zum Fernsehstart von "Rosannas Tochter" spricht die Tochter konservativ-katholischer Eltern mit uns über ihr Kind, wie es ist, den Erwartungen der eigenen Eltern nicht zu genügen und wie sie den Ausgleich zum Erziehungs- und Drehstress findet.
erschienen am 24. 11. 2010
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Veronica Ferres in "Das Leben ist zu lang"
Ricore: Was hat Sie an Ihrer Rolle in "Rosannas Tochter" gereizt?

Veronica Ferres: Die Tatsache, dass es meine erste Rolle dieser Art war. Da ist eine Frau, die die Familie als Lebensmodell und ihre Rolle als Mutter ablehnt. Sie findet ihre Erfüllung im Beruf und hat sich mit ihrem Mann entsprechend arrangiert. Es gibt keine Geborgenheit in dieser Familie, weil sie selbst nie welche erfahren durfte. Ihre Mutter war schwer alkoholkrank und die Heranwachsende musste zusehen, wie ihre Mutter sich systematisch selbst zerstört. Durch Rosannas Tochter bekommt sie eine neue Chance.

Ricore: Welche Schlagwörter beschreiben den Film am besten?

Ferres: Tod, Liebe und Eifersucht. Der Tod Rosannas, die Liebe zwischen Mutter und Tochter, zwischen Mann und Frau sowie die Eifersucht. Es geht um das Lolita-Prinzip: die Stieftochter versucht, mir meinen Mann abspenstig zu machen und es wird gezeigt, wie ich damit umgehe.

Ricore: Ist es nicht so, dass die Gesellschaft immer noch sehr kritisch mit Frauen umgeht, die das traditionelle Familienmodell ablehnen?

Ferres: Ja, es wird durchaus noch etwas kritisch betrachtet. In einer sehr leistungsorientierten Gesellschaft wie der unseren steht bei vielen jungen Frauen die Karriere im Vordergrund. Irgendwann kommt aber meines Erachtens der Moment, in dem man sich mehr auf die familiären Werte besinnt und eine Familie gründet. Das war bei mir ähnlich. Das größtes Geschenk und die schönste Herausforderung in meinem Leben ist meine Tochter.

Ricore: Rosannas Tochter geht wegen dem Tod der Mutter durch eine sehr schwierige Phase. Hatten Sie in Ihrer Jugend vergleichbare Erlebnisse?

Ferres: Ich wurde streng katholisch erzogen und habe mit zwölf oder 13 Jahre festgestellt, dass meine Träume und Sehnsüchte nicht unbedingt den eher konservativen Wertvorstellungen meiner Eltern entsprechen. Das hat mich eine Zeit lang etwas orientierungslos gemacht.
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Rosannas Tochter
Ricore: Wie haben Sie es trotzdem bis hierher geschafft?

Ferres: Wichtig ist, dass man sich jeden Tag neuen Herausforderungen stellt. Ich habe hier an der LMU München ein Studium begonnen. Aber einen Generalplan gibt es natürlich nicht und es kommt oft alles anders, als man es sich vorstellt. Wenn ich mein Leben Revue passieren lasse, glaube ich es selber kaum. Ich bin sehr dankbar, dass ich beruflich meinen Traum leben darf.

Ricore: Wie haben Sie die Liebe zur Schauspielerei entdeckt?

Ferres: Schon sehr früh, mit vier oder fünf Jahren. Es gab in Solingen eine Karnevalsveranstaltung und ich habe mich als jüngste der Familie gemeldet. Ich wollte auf der Bühne einen Witz erzählen. Der Witz war wirklich schlecht, aber ich muss ihn gut erzählt haben, denn die Menschen lagen lachend am Boden. Das war immerhin ein Raum, in dem fast 800 Menschen saßen. Ich habe erkannt, dass ich dieser Gabe folgen muss, denn sie ist eine göttliche Gnade. Meine Eltern hätten mich gerne in einer Banklehre gesehen.

Ricore: Sie spielen meist starke Charaktere. Nach welchen Kriterien suchen sie sich ihre Rollen aus?

Ferres: Finden Sie, meine Rolle in "Rosannas Tochter" ist eine starke Frauenrolle?

Ricore: Es ist eine komplexe Frauenrolle und damit eine starke - das meine ich damit.

Ferres: Grundsätzlich wähle ich meine Rollen nach meinem Bauchgefühl aus.
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Veronica Ferres als Marga Spiegel in "Unter Bauern - Retter in der Nacht"
Ricore: Es gibt also keine Kriterien?

Ferres: Wenn mich das Drehbuch packt und fasziniert, dann bin ich dazu bereit, drei Monate meines Lebens zu investieren und nur dafür zu leben. Mitunter kommt man während dieser Zeit nicht einmal dazu, eine Tageszeitung zu lesen. Da gibt es für mich nur noch meine Tochter und das Drehen. Meine Tochter hat dabei natürlich absolute Priorität. Aber ich fälle die Entscheidung letztendlich beim Lesen des Drehbuchs.

Ricore: Waren die Dreharbeiten anstrengend?

Ferres: Ja, es war sehr anstrengend, die Regisseurin hat uns viel abverlangt. Aber ich hatte wunderbare Kollegen, wie Fritz Karl, Mathilde Bundschuh und Hans-Michael Rehberg. Mit Rehberg habe ich bereits bei den Salzburger Festspielen in "Jedermann" gespielt. Er verkörperte den Tod. Monika Baumgartner kannte ich noch von der "Die Hausmeisterin" - ich verehre sie. Karl kannte ich von Afrika - er ist wirklich ein ganz feiner, lieber Kerl. Obwohl wir lange und anstrengende Drehtage hatten, war jeden Tag ein Geschenk.

Ricore: Wie schalten Sie nach stressigen Dreharbeiten ab?

Ferres: Stress baue ich durch Bewegung ab. In meinem Garten steht ein großes Trampolin und im Keller habe ich ein paar Foltergeräte, wie beispielsweise einen Cross-Trainer. So powere ich mich nach einem anstrengenden Drehtag aus. Zeitlich ist das natürlich manchmal etwas schwierig, aber ich bemühe mich trotzdem jeden Tag zwei Stunden zu trainieren.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 24. November 2010
Zum Thema
Veronika Maria Cäcilia Ferres wird 1965 als jüngste Tochter eines Kohlen- und Kartoffelhändlers in Solingen geboren. Nach dem Abitur studiert sie Germanistik und Theaterwissenschaft in München, bricht aber ohne Abschluss ab. An diversen Schauspielschulen wird sie abgelehnt. Über kleinere Nebenrollen in TV-Filmen und Serien schafft die damalige Freundin von Regisseur Helmut Dietl dennoch den Durchbruch. Hera Linds Das Superweib", "Schtonk!" oder "Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit..
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