Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Michael Mittermeier
"Bürojob macht keinen Sinn"
Interview: Michael Mittermeier in Babel
Michael Mittermeier ist einer der bekanntesten deutschen Komiker. In "Hexe Lilli - Der Drache und das magische Buch" hat er 2008 seine Stimme dem kleinen grünen Drachen Hektor geliehen. Für die Fortsetzung "Hexe Lilli - Die Reise nach Mandolan" brachte er sich auch als Autor ein. Eines ist dem 44-jährigen Vater dabei besonders bewusst geworden: Kinder lassen sich nicht an der Nase herumführen, sie decken jeden Schwindel auf.
erschienen am 17. 02. 2011
Walt Disney Studios
Hexe Lilli - Die Reise nach Mandolan
Ricore: Sie waren beim zweiten Teil auch als Autor tätig. Wie konnten Sie sich einbringen?

Michael Mittermeier: Beim zweiten Teil haben wir noch mehr versucht, mit Hektors Sprache zu arbeiten. Wir haben überlegt, wie er sprechen würde. Die anderen Schauspieler sprechen so, wie sie es normalerweise tun. Aber Hektor hat nur uns. Der ist ja nicht wirklich da. Es ist eine Herausforderung, ihn glaubhaft zu machen. Kinder merken, wenn dies nicht stimmig ist. Davon bin ich überzeugt. Wenn ich als Comedian Mittermeier Sätze auf der Bühne sagen würde, die ich eigentlich nie verwenden würde, dann würden die Zuschauer sagen: "Heute ist er komisch drauf, der Alte."

Ricore: Man muss sich also auf die Kinder einstellen?

Mittermeier: Man muss die Kinder ernst nehmen. Wenn die Figur Hektor nicht stimmig ist, also die Animation und die Stimme nicht zueinander passen, fällt das auf. Die Kinder spüren das. Sie würden es vielleicht anders ausdrücken, aber sie merken es. Ich glaube wir haben das ganz gut gemacht. Wir waren alle sehr zufrieden. Wenn ich sogar ein Jahr nach der letzten Aufnahme immer noch über die Figur lachen kann, dann muss es ganz gut gewesen sein.

Ricore: Wie selbstkritisch sind Sie?

Mittermeier: Ich bin erstens selbstkritisch und zweitens kein Höflichkeitslacher. Ich lache gerne, aber wenn etwas nicht gut ist, dann lache ich auch nicht.

Ricore: Was bringt Sie zum Lachen?

Mittermeier: Wenn ich merke, dass Leidenschaft und Herz dahinter steckt und es einfach stimmt, was derjenige macht. Dann lache ich. Aber wenn Irgendeiner ankommt, sich eine Figur ausdenkt und irgendwelche Texte von sich gibt, langweilt mich das zu Tode. Ich will sehen, wie einer auf der Bühne brennt, lebt, schwitzt und leidet.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Michael Mittermeier
Ricore: Versuchen andere Sie mit Witzen zu beeindrucken?

Mittermeier: Das passiert mir oft, aber das ist nicht mein Problem. Ich bin immer höflich zu den Menschen da draußen, obwohl es oft nicht so interpretiert wird. Wenn vor mir einer eine riesen Show abzieht, bleibe ich trotzdem höflich. Aber er kann nicht erwarten, dass ich bei der Show mitmache. Damit muss er dann leben, denn die Leute um ihn herum werden natürlich merken, dass da etwas nicht stimmt.

Ricore: Ist Ihnen das Synchronsprechen schwergefallen?

Mittermeier: Das war von Szene zu Szene verschieden. Manche Szenen sind einfach rausgeplobbt. Die Kung Fu-, Sing- oder Deliriums-Szenen fielen mir überhaupt nicht schwer, obwohl sie es eigentlich sind. Es ist eine meiner Fähigkeiten, spontan das richtige Lied zu finden. Es gab mehr Lieder, die sehr lustig waren. Aber man muss sich irgendwann leider beschränken. Ich hätte gerne eine Stunde lang gesungen. Schwieriger wird es natürlich, wenn es ganz klein und ernst wird und mehr Herz gefordert ist. Das muss genau auf den Punkt kommen.

Ricore: Sind Sie ein Märchen-Fan?

Mittermeier: Ich glaube in meiner Generation wird man keinen finden, der kein Disney-Liebhaber ist. Wir sind mit dieser Welt aufgewachsen. Als ich die ersten Male ins Kino ging, haben wir noch all diese Filme gesehen, wie "Das Dschungelbuch". Sogar "Bambi" habe ich im Kino gesehen und habe Rotz und Wasser geheult. Heutzutage gibt es mehr, wie die Animationsfilme. Das ist toll. Ohne Donald Duck und Mickey Mouse wäre die Welt wahrscheinlich nur halb so lebenswert gewesen. Damit wir Looser dann doch noch was im Leben erreichen können...
Tobias Röhring/Ricore Text
Michael Mittermeier bei der Premiere von "Hexe Lilli - Die Reise nach Mandolan"
Ricore: Lesen Sie Ihrer Tochter Märchen vor?

Mittermeier: Ja, wir haben daheim witzigerweise ein Buch, in dem Disney-Zeichnungen adaptiert und die Märchen nochmal in Kurzform umgeschrieben sind. Das findet meine Tochter ganz toll. Aber wenn man ein Märchenbuch der Gebrüder Grimm vorliest, muss man eigentlich jeden vierten Satz ändern. Ich kann meiner Tochter schlecht vorlesen: "...dann wurde dem Wolf der Bauch aufgeschlitzt, Steine hinein getan und wieder zugenäht..." Das kann ich nicht machen. Die flippt mir aus. Eigentlich darf sie auch noch keine Filme gucken, aber neulich haben wir es mal versucht. Nach zwei Minuten war es vorbei, weil sie dann schon derart angespannt war und mitgefiebert hat. Da musst du als Eltern wirklich aufpassen. Du darfst die Kids in so einem Alter nicht alleine vor dem Fernseher sitzen lassen. Das darfst du einfach nicht tun. Auch nicht vor "Biene Maja".

Ricore: Die Kinder nehmen viele Dinge anders wahr.

Mittermeier: Ja, die Kinder sehen die Dinge von einem anderen Standpunkt. Wenn der Bösewicht auftaucht, haben sie eine völlig andere Wahrnehmung als wir Erwachsenen. Manchmal weißt du nicht, warum die Kinder plötzlich angespannt sind. Das ist eben die Herausforderung auch bei einem Film wie "Hexe Lilli". Du solltest die Kinder nicht erschrecken, aber trotzdem eine Unterhaltung schaffen, die auch Mutter und Vater erreicht. Ich habe mich sehr unterhalten gefühlt beim ersten Teil. Und es ist immer schön zu hören, wenn die Erwachsenen sagen: "Hey danke, der Film war ja auch für uns ganz gut!"

Ricore: Sehen Sie sich die Endfassung des Films im Kino an?

Mittermeier: Auf jeden Fall. Aber bis der im Kino läuft, habe ich ihn schon so oft gesehen, dass ich ihn in jeder Synchronisations-Fassung kenne. Trotzdem schaue ich ihn mir bei der Premiere gerne nochmal an. Es ist einfach was anderes, wenn du dir den Film auf DVD anschaust, egal welche Soundanlage du daheim hast. Kino ist Kino, da kann man sagen was man will. Ich gehöre zur Kinogeneration. Wir hatten früher einen Fernseher Zuhause, da versuchte man zwischen dem Flimmern zu erkennen, ob schon Menschen auf der Scheibe zu sehen sind. Aber ich erlebe es jetzt auch bei den Kindern von Freunden, dass für sie das Kino eine ebenso tolle Erfahrung ist.
Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
Alina Freund und Michael Mittermeier
Ricore: Sie sind sehr viel unterwegs. Kommen Sie überhaupt noch dazu, ins Kino zu gehen?

Mittermeier: Ich komme leider nur sehr selten dazu. Ich würde gerne öfters gehen, aber das ist wirklich eine reine Zeitfrage. Wenn ich mal Zuhause bin, sag ich auch nicht: "Schatz, lass uns ins Kino gehen." Wir sitzen dann eher daheim und unterhalten uns.

Ricore: Wie viel Zeit bleibt Ihnen für die Familie?

Mittermeier: Ich toure nie lange und bin daher nicht lange weg. Ich spiele höchstens fünf Tage und fahre dann nach Hause. Es gibt immer wieder Zeiten, in denen verschiedene Projekte zusammenkommen, aber die restliche Zeit ist für die Family. Ich habe zum Glück das Privileg, dass wenn ich mal eine Woche daheim bin, auch die Zeit mit meiner Tochter verbringen kann. Ich kann sie zum Kindergarten bringen und den ganzen Abend mit ihr erleben. Das sind sehr schöne Momente.

Ricore: Gibt Ihnen die Familie neue Energie?

Mittermeier: Schon auch. Was die Energie angeht, habe ich eine Art Grundding in mir. Ich kann auch manisch sein als Künstler und kann dieser Welt entschwinden. Bei Live-Auftritten kann man das nicht immer komplett kontrollieren. Das Schöne an einer Familie und einem Kind ist, dass sie dich in einem Moment sofort wieder runter holen. Denn das Kind will jetzt und sofort. Es will Liebe und gibt dir Liebe. Da kommst du nach einer Woche Tour nach Hause, bist völlig am Ende, hast vielleicht nicht geschlafen und dann bist du beim Lego spielen und baust den Turm von Babel. Letztens musste ich einen Fernseher bauen. Keine Ahnung warum gerade einen Fernseher, aber vielleicht liegt das daran, dass sie nicht fernsehen darf. Aber das ist das Tolle an Kindern, die haben unglaublich viel Energie. Die ziehen, geben dir aber auch was zurück.

Ricore: Könnten Sie sich einen normalen Bürojob vorstellen?

Mittermeier: Die Frage stellt sich nicht, weil das bei mir überhaupt nicht funktioniert. Ich hatte ein Erweckungserlebnis, das war Ende der 1980er. Du bist Künstler oder nicht. Es gibt kein Dazwischen. Es gibt nur eine Form das zu tun und wenn es nicht erfolgreich ist, gibt es immer eine Form, in der du irgendwie überleben kannst - wenn du genügend Kraft hast. Das habe ich in Jahren gemacht, in denen es bei mir nicht gut lief. Ich habe es mal mit einem Bürojob versucht, aber das macht bei mir keinen Sinn.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 17. Februar 2011
Zum Thema
Michael Mittermeier wird am 3. April 1966 in Oberbayern geboren. Der Durchbruch als Comedian gelingt ihm 1996 mit seinem Programm "Zapped", in dem er populäre TV-Sendungen und Werbeclips parodiert. Es folgen die Programme "Back to Life" (2002), "Paranoid" (2004) und "Safari" (2007). Mit "Achtung Baby Live" thematisiert Mittermeier seine Erfahrungen als Vater. Dazu veröffentlicht er das Buch "Achtung Baby". This Prison Where I Live". Das Projekt thematisiert das Schicksal seines burmesischen..
Hexe Lilli (Alina Freund) soll im fernen Mandolan Großwesir Guliman (Jürgen Tarrach) bei der Thronbesteigung helfen. Dass er nicht der rechtmäßige Herrscher ist, durchschauen Lilli und ihr Begleiter Drache Hektor ziemlich schnell. Daher durchforstet die Hexe erst einmal den Palast nach Beweisen. Ein Straßenjunge behauptet nämlich, dass der totgesagte Herrscher Nandi (Michael Mendl) noch lebe. Lilli wird bei der Suche erwischt und muss mit Hektor aus dem Palast fliehen. Michael Mittermeier..
2024