Willy Flemmer/Ricore Text
Mark Zak blickt finster drein
Die Macht der Zufälle
Interview: Bösewicht Mark Zak in Venedig
Der sympathische Russe Mark Zak kam als 15-jähriger nach Deutschland. Als Schauspieler beschreibt er sich selbst als vielseitig einsetzbar. Sowohl Komödien als auch ernste Rollen machen ihm Spaß, Voraussetzung sei ein gutes Drehbuch. Ein karrierebedingter Umzug nach Hollywood käme für Zak nicht in Frage, zu gut geht es ihm in seiner Wahlheimat Köln mit Frau und Tochter. Wir sprachen über "The Tourist" Zufälle im Leben und heiße Nachtdrehs mit Angelina Jolie in Venedig.
erschienen am 16. 12. 2010
Kinowelt Filmverleih
The Tourist
Ricore: Welche Rolle spielen Sie in "The Tourist"?

Mark Zak: Es ist eine kleinere Rolle, ein Bösewicht (lacht). Die braucht es ja immer, wenn es die Guten gibt.

Ricore: Die Guten sind Angelina Jolie und Johnny Depp?

Zak: Ja, genau. Ich stelle mich Ihnen sozusagen in den Weg.

Ricore: Wie gehen Sie damit um, im Schatten dieser zwei Hollywoodstars zu stehen?

Zak: Weder bei diesem, noch bei anderen Filmen stehe ich im Schatten. Ich mache meinen Job und stehe dabei meistens im Licht, es sei denn ich verfehle die Markierung.

Ricore: Vor Drehbeginn gab es Differenzen zwischen Florian Henckel von Donnersmarck und Sam Worthington, der eigentlich für die Rolle von Johnny Depp vorgesehen war. Was war da los?

Zak: Dazu kann ich leider nichts sagen. Ich war zu dem Zeitpunkt noch nicht vor Ort.

Ricore: "The Tourist" ist ein Remake. Haben Sie sich das Original angesehen?

Zak: Nein, ich habe das Original nicht gesehen.
Willy Flemmer/Ricore Text
Mark Zak hat gut lachen
Ricore: Wäre das nicht hilfreich gewesen, um sich auf ihre Rolle vorzubereiten?

Zak: Zum einen weiß ich gar nicht, ob es auch im Original russische Gangster gab, so einen spiele ich ja. Zum anderen musste ich sehr kurzfristig nach Venedig fahren. Und drittens halte ich es grundsätzlich für wenig empfehlenswert, sich das Original eines Films anzusehen. Selbst wenn ich eine größere Rolle gespielt hätte, wäre das für mich nicht in Frage gekommen. Schließlich lässt man sich unbewusst vom Original beeinflussen und würde dann einfach nur eine Kopie des Ganzen machen. Viel besser ist es sich auf sich selbst zu konzentrieren. Sonst wird das Gesehene nur nachgeahmt und man meint, man müsse dem Original gerecht werden.

Ricore: Haben Sie Szenen mit Angelina Jolie und Johnny Depp gedreht?

Zak: Oh ja. Ich drehte mit beiden, wobei es mehrere Szenen mit Angelina Jolie gibt. Wir haben mehrere heiße Nächte zusammen verbracht (lacht). Heiß war es wegen den Scheinwerfern für den Nachtdreh und außerdem musste ich einen Anzug und einen Wollmantel tragen.

Ricore: Sie arbeiten mit großen Hollywoodstars zusammen. Betrachten Sie das Projekt für sich als Sprungbrett nach Hollywood?

Zak: Nein, überhaupt nicht. Erstens ist die Rolle dafür nicht groß genug. Und zweitens habe ich auch nicht vor, nach Hollywood zu gehen. Selbst wenn ich die Möglichkeit hätte, dort zu spielen, würde ich das nicht wollen. Das wäre dann wie bei Til Schweiger. Der musste die bösen Deutschen spielen und ist dann doch wieder zurück nach Deutschland gekommen. Bei mir wären das die bösen Russen, welche ich auch zu genüge hier spielen kann. Dafür muss ich nicht nach Hollywood gehen. Ich bin hier ganz glücklich mit den Sachen die ich mache. Ich glaube allerdings, dass es für Florian Henckel von Donnersmarck was anderes ist. Er hat einen einzigen Film gemacht und damit den Oscar gewonnen. Er hat Deutschland also umgangen und die ganzen mühsamen Finanzierungswege gar nicht betreten müssen. Nach nur drei, vier Jahren macht er seinen ersten richtig großen Hollywoodfilm mit großartigen Darstellern.

Ricore: Ist das ein Kompliment an Florian Henckel von Donnersmarck oder sind Sie neidisch?

Zak: Er hat es auf alle Fälle klasse gemacht. Ich finde man erkennt auch den Unterschied zwischen Hollywoodproduktionen und deutschen Produktionen sehr gut. In Hollywood ist der Erfolg entscheidend. Es wird Geld investiert und auch sonst werden keine Mühen gescheut, eben weil es um den Erfolg geht. In Deutschland ist das natürlich ein bisschen anders. Ob es Low-Budget-Projekte sind oder nicht, es hat immer irgendeine Filmstiftung oder ein Fernsehsender mitzureden. Es gibt einfach unzählige Leute, denen man gerecht werden muss. Auch mich wollten schon oft Regisseure holen, was dann aber nicht ging, weil ich in einem anderen Bundesland wohne. Aufgrund solcher Tatsachen ist der Regisseur eben nicht imstande, seinen Film optimal zu machen. Es gibt einfach sehr viele Zwänge, die durch dieses System entstehen.
Walt Disney Studios
Das Leben der Anderen
Ricore: Was ist mit dem Kompliment?

Zak: Klar, er hat es für sich sicherlich ganz richtig gemacht. Er ist ein großartiger Regisseur, ein absoluter Perfektionist, der sich sanft aber beharrlich durchzusetzen weiß.

Ricore: Welche Rolle spielt der Oscar für "Das Leben der Anderen" hierbei?

Zak: Ein Regisseur wird durch den Oscar in eine Position katapultiert, in der er sich aussuchen kann, mit wem er dreht und was er dreht. Trotzdem darf man aber nicht vergessen, dass er den Oscar für einen ausländischen Film gewonnen hat. Zudem hätte wohl auch nicht jeder deutsche Regisseur mit Oscar die gleichen Möglichkeiten gehabt wie von Donnersmarcks "Das Leben der Anderen" ist einfach hervorragend.

Ricore: Kommen wir zu Ihrer Person und Ihren Rollen zurück. Haben Sie eine Vorliebe für ernste Rollen?

Zak: Komödien liegen mir auch, die spiele ich auch sehr gerne. Ich habe schon mehrmals mit Atze Schröder gedreht oder mit Anke Engelke. Ich würde sagen, die Breite meines schauspielerischen Könnens ist groß genug, um mich nicht festlegen zu müssen.

Ricore: Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Arbeit?

Zak: Die Abwechslung. Es geht um gute Texte und gute Produktionen. Ich spiele gern Bösewichte und Zuhälter, vor allem, wenn Dominik Graf Regie führt. Ich mag aber auch historische oder lustige Sachen.

Ricore: Welche Parallelen gibt es zwischen Ihren Rollen und Ihrer Person, auch in Bezug auf den aktuellen Film?

Zak: Ich versuche immer, mich in die Situation des Menschen hineinzuversetzen, den ich spiele. Ich frage mich, wie ich in den jeweiligen Situationen reagieren würde. Und wenn ich dann eben einen Gangster spiele, stelle ich mir vor, das ist jetzt mein Job. Ich versuche mir also vorzustellen, wie ich als Gangster leben würde. Wenn es notwendig ist, verändere ich die Texte ein wenig, damit das Ganze authentischer wird. Die Veränderungen werden auch meistens angenommen. Aber klar sucht man auch nach bösen Seiten an sich.
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Mark Zak
Ricore: Was haben Sie dabei gefunden?

Zak: Das Lustige ist ja, dass man in bösen Rollen eher nach dem Guten in seiner Person sucht und in guten Rollen nach etwas Bösem, um die Rolle brüchiger zu machen. Das verhindert, dass Rollen eindimensional und seicht werden.

Ricore: Welche persönlichen Eingeständnisse mussten Sie bisher bei Suche nach dem Bösen in sich machen?

Zak: Grundsätzlich glaube ich, dass jeder von uns das Zeug sowohl zum Bösen wie zum Guten hat. Wichtig ist sich im wirklichen Leben darüber bewusst zu werden, womit wir bei Glaubensfragen wären. Man muss sich einfach vor Augen führen, was man tun darf und was nicht.

Ricore: Woran glauben Sie denn?

Zak: Ich glaube, dass all die schlechten Energien, die man weitergibt, irgendwann über Umwege auf einen zurückfallen. Schauspieler sind auch nur Menschen, die entsprechend reagieren. Man fragt sich immer wieder, wo man mit einem anderen Schicksal gelandet wäre. Wenn ich zum Beispiel 1975 nicht aus der damaligen Sowjetunion ausgewandert wäre, hätte ich höchstwahrscheinlich im Afghanistankrieg kämpfen müssen. Dann wäre ich vielleicht in einer Situation zum Mörder geworden. Man weiß im Leben einfach nichts im Vorhinein.

Ricore: War der drohende Einzug in die Armee Grund für ihre Übersiedlung?

Zak: Es gab damals noch den Eisernen Vorhang. Es waren eher politische Gründe ausschlaggebend.

Ricore: Wird Ihr Leben eher durch eigene Entscheidungen gelenkt oder gibt es eine höhere Macht, die vieles beeinflusst?

Zak: Wenn ich jetzt auf mein Leben zurückblicke, gab es viele Dinge, die ich immer für Zufälle gehalten habe. Heute glaube ich allerdings, dass dort schon so einige Gesetzmäßigkeiten mit hineingespielt haben. Leider merkt man es immer erst hinterher.
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Mark Zak
Ricore: Sprechen Sie von Schicksal?

Zak: Vielleicht. Es ist ja immer so, dass man feststellt, wenn eine Sache nicht gewesen wäre, dann wäre das und das auch nicht passiert. Wären Dinge anders gelaufen, wäre ich vielleicht nicht da, wo ich jetzt bin. Klar ist das auch eine Frage nach dem freien Willen, denn vielleicht ist der ja auch schon vorgegeben. Zwar bin ich nicht religiös, man kann das Ganze auch Gott nennen. Ich glaube schon, dass es eine Art übergeordnete Energie gibt, die im Universum vorhanden ist.

Ricore: Inwiefern spüren Sie diese Energie bei der Arbeit?

Zak: Es gibt schon Momente, in denen ich mich frage, wie ich jetzt irgendwo hingekommen bin. Das Beispiel wie ich Schauspieler wurde, kommt mir oft in den Sinn. Das war eine Verkettung von Zufällen. Schließlich hatte keiner in meiner Familie etwas mit dem Schauspiel zu tun.

Ricore: Was waren das denn für Zufälle?

Zak: Zuerst war da mein Russisch-Lehrer am Kölner Gymnasium, der mich aufforderte, mich zu integrieren und in der Theatergruppe mitzuspielen. Ich hatte die Rolle eines jüdischen Diamantenhändlers in Aladin und die Wunderlampe. Ich war ziemlich erfolgreich, zumindest hatte ich die meisten Lacher und Szenenapplaus. Ab diesem Moment war mir klar, dass ich Schauspieler werden will. Ein Jahr vor dem Abitur bin ich dann von der Schule abgegangen, weil ich die Aufnahme an der Schauspielschule bestanden habe. Nach zweieinhalb Jahren wurde die Schule geschlossen. Eigentlich war mir das aber auch ganz recht, ich hatte damals das Gefühl, dass ich mehr Lebenserfahrung bräuchte. Ich habe in New York als Möbelpacker gearbeitet und als Bademeister in Spanien. Insgesamt hab ich an die sechs oder sieben Jahre weltweit gejobbt. Am Ende lebte ich dann aussteigermäßig in einem kleinen Haus an der Algarve. Als das zu langweilig wurde habe ich angefangen, Gedichte zu schreiben. Der Hintergedanke war, damit auf die Bühne zu gehen.

Ricore: Hat's geklappt?

Zak: Ich bin dann tatsächlich zu einigen Theatern gegangen, unter anderem zum Kölner Theater "Der Keller". Der damalige Intendant Trautwein meinte, dass ihn das Programm zwar nicht interessiere, ich aber eine Rolle in einem Stück übernehmen könnte. Und plötzlich war ich also nach vielen Jahren wieder im Schauspielerberuf. Zur Premiere ist dann Caster Horst Scheel gekommen und hat mich ein Jahr später für "Follow Me", meinen ersten Spielfilm vorgeschlagen. Maria Knilli führte damals Regie. Über diese ganze Anhäufung an Zufällen bin ich zum Film gekommen. 1997 habe ich dann in München bei einem Hochschulprojekt von Peter Thorwarth mitgespielt. Zu diesem Zeitpunkt suchte Dominik Graf für "Sperling und der brennende Arm" noch einen Darsteller für die Rolle eines arabischen Türstehers. Den hat er nicht gefunden, mich aber als Mafiaboss einer Schutzgelderpresserbande besetzt.
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Mark Zak hat gute Laune
Ricore: Kommen wir zu Ihrer Rolle in Marcel Reich-Ranickis Biografie. Konnten Sie Ihre russische Herkunft einbringen?

Zak: Sehr sogar. Das war auch schon wieder so ein unglaublicher Zufall. Ich bin ja russisch-jüdischer Herkunft, der Offizier, den ich im Film spiele und der Reich-Ranicki rettet heißt 'Fischmann'. So hieß meine Großmutter väterlicherseits. Möglicherweise war es tatsächlich ein entfernter Verwandter von mir, der Reich-Ranicki gerettet hat.

Ricore: Fand mit Reich-Ranicki ein Austausch statt?

Zak: Leider nicht, auf der Premiere in Köln haben wir uns knapp verpasst. Ich habe aber gehört, wie gerührt und zufrieden er mit dem Film war. Er ist wirklich sehr gelungen. So ein schwieriges Thema so bescheiden zu realisieren, ohne auf die Tränendrüse zu drücken, verdient ein riesiges Kompliment, genau wie die beiden Hauptdarsteller.

Ricore: Was halten Sie von Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds"?

Zak: Ich habe darüber schon so viele Diskussionen gehört, es wäre mir lieb, wenn wir diese Frage umgehen könnten.

Ricore: Keine Meinung?

Zak: Diese ewige Diskussion ist einfach anstrengend. Also, Christoph Waltz halte ich wirklich für einen hervorragenden Schauspieler und gönne ihm auch den Oscar. Natürlich braucht man für einen Oscargewinn auch das Glück, zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Produktion zu sein.

Ricore: Mit der Inszenierung können Sie sich also weniger anfreunden?

Zak: Ich halte mich da wirklich lieber zurück. Es gibt so viele Pros und Contras, da muss man nicht zu jedem Ding seine eigene Meinung kundtun.
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Mark Zak mit ernster Miene
Ricore: Sie werden demnächst einen eigenen Film produzieren. Worum geht es?

Zak: Ich werde ihn mit produzieren. Es geht um einen russischen Ex-Geheimdienstler, der sich als Privatdetektiv über Wasser hält. Den spiele ich natürlich selbst. Er hat eine Affäre mit einer deutschen Kriminalkommissarin. Sie ermitteln miteinander, dann wieder gegeneinander. Und dann passiert eine Sache, die die ganze Situation auf den Kopf stellt. Es ist eine Liebes-Krimi-Komödie mit einem philosophischen Hintergrund. Letztlich geht es auch um die Beziehung zwischen Ost und West.

Ricore: Ist ein Happy-End zu erwarten?

Zak: Das kann ich jetzt nicht sagen. Eigentlich war die Geschichte als Fernsehreihe gedacht. Aber all die Regisseure, denen ich das Projekt gezeigt habe, waren der Überzeugung, man müsse einen 90-minütigen Film daraus machen.

Ricore: Steht die Besetzung?

Zak: Zum Teil, zum Beispiel Max Herbrechter, ein hervorragender Schauspieler und Freund. Die weibliche Hauptrolle ist noch nicht besetzt. Zur Zeit bin ich mit Annette Frier im Gespräch.

Ricore: Wie lautet der Titel?

Zak: "Jesus und seine Jünger". Im Film findet ein Theaterstück statt, das den gleichen Namen trägt. Es geht um Jesus, der seine zwölf schwulen Jünger zum Abendmahl einlädt. Die Theatervorstellung wird von einem Mord überschattet, den es aufzuklären gilt.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 16. Dezember 2010
Zum Thema
Einen Namen machte sich der gebürtige Russe Mark Zak in Filmen wie "Fräulein Stinnes fährt um die Welt" (2009), "Der gelbe Satin" (2009), oder "Bang Boom Bang - Ein todsicheres Ding" (1999). Zak ist überzeugt davon, dass es höhere Energien gibt, die sein Leben in eine bestimmte Richtung lenken. So wäre er heute wahrscheinlich kein Schauspieler, wenn er nicht zufällig Regisseur Dominik Graf getroffen hätte.
The Tourist (Kinofilm)
Amerikaner Frank (Johnny Depp) ist auf Europareise. Im Zug von Paris nach Venedig begegnet er Elise (Angelina Jolie) und verliebt sich in sie. Doch die Begegnung mit der fremden Schönen ist kein Zufall. Nachdem sie eine gemeinsame Nacht verbracht haben, verschwindet Elise, während Frank zwischen die Fronten von russischen Killern und der Polizei gerät. "The Tourist" ist das Hollywood-Debüt von Florian Henckel von Donnersmarck, der damit an den Erfolg von "Das Leben der Anderen" anknüpfen will.
2024