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Bettina Zimmermann auf der Premiere von "Kung Fu Panda 2" in Berlin
Kämpfende Raubkatze
Interview: Schlagkräftig: Bettina Zimmermann
Wenn Bettina Zimmermann im Synchronstudio steht, fliegen die Fetzen. Was bei der Vertonung des Animationsfilmes "Kung Fu Panda 2" in die Brüche ging, schildert die 36-jährige gebürtige Niedersächsin im Interview mit Filmreporter.de. Zudem spricht die Schauspielerin über Erziehung sowie die Besonderheiten ihres Berufes und verrät, warum die chinesischen Zuschauer ganz heiß auf sie sind.
erschienen am 24. 06. 2011
Paramount Pictures
Kung Fu Panda 2
Schwächen und Gefühle zeigen
Ricore: Was können Sie Tigress abgewinnen?

Bettina Zimmermann: Da wir ja auch schon den ersten Teil von "Kung Fu Panda" synchronisiert hatten, begegnet man einer Figur wieder, die man schon kannte und die sich positiv weiterentwickelt hat. Im ersten Teil war sie innerlich gekränkt, dass sie nicht der Drachenkrieger geworden ist, obwohl alles dafür sprach, bis Po im wahrsten Sinne des Wortes dazwischen geplumpst ist. Nun ist es schön zu sehen, dass sie für ihre Verhältnisse auch Schwächen und Gefühle zeigt. Bei den Furiosen Fünf akzeptiert jeder die Schwächen der anderen und das finde ich toll.

Ricore: Wie erklären Sie sich, dass in den Animationsfilmen der letzten Jahre überwiegend Tierfiguren zu sehen sind?

Zimmermann: Menschen zu animieren, ist ja eher etwas langweilig. In unserer Generation gab es ja auch "Tom und Jerry und Entenhausen. Das waren auch Tierfiguren. Vielleicht hängt das auch mit der Sehnsucht nach der Kommunikation mit seinem liebsten Vierbeiner zusammen. Tiere haben etwas Pures, etwas Süßes, aber auch Bedrohliches. Bei "Kung Fu Panda" finde ich die Skurrilität der Tiere klasse.

Ricore: Es ist auffallend, dass sich nicht nur Kinder, sondern auch vermehrt Erwachsene für Animationsfilme interessieren.

Zimmermann: Ja, ich schaue sie selbst gerne an. Das liegt auch daran, dass sie immer intensiver, geballter werden. Im Durchschnitt kommen pro Jahr etwa drei oder vier Animationsfilme heraus, deren Geschichten für Alt und Jung sind.
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Bettina Zimmermann
Boah, kannst du Kung Fu?
Ricore: Denken Sie nicht, dass Kinder von manchen dieser Animationsfilme überfordert werden?

Zimmermann: Man kann nicht einfach einen Film mit seinem Kind schauen, ohne dass es weiß, worum es geht. Das muss man schon im Vorfeld zu Hause besprechen. Sonst wäre es so, als ob man dem Kind einfach die Fernbedienung in die Hand gibt, damit es sich irgendwie selber beschäftigt. Das hat sicherlich manchmal auch damit zu tun, dass eher die Eltern den Film sehen wollen. Aber ich kenne auch viele Fünfjährige, die wissen, dass ich Tigress gesprochen habe und mich fragen: "Boah, kannst du Kung Fu? Mach mal!" [lacht] Die können das schon sehr gut abstrahieren und verarbeiten. Aber jedes Kind ist anders, jeder Mensch ist ein Individuum und man muss einfach schauen, ob das Kind schon so weit ist. FSK 0 heißt ja nicht, dass man einen Einjährigen in den Film schicken soll. Aber es ist auch nicht so, dass in dem Film Mord und Totschlag gezeigt wird und Blut fließt.

Ricore: Sie hätten als Mutter also keine Bedenken?

Zimmermann: Nein, ich würde es nur ganz anders angehen. Wenn ich in diesem Fall zum Beispiel den ersten Teil nicht gesehen hätte, würde ich ihn mit meinem Kind vorher zu Hause anschauen und es so langsam heranführen. Es gibt ja auch immer Bücher zu dem Film oder Zeitschriften, in denen die Geschichte nachzulesen ist.

Ricore: Welche Strategien haben Sie bei der Medienerziehung Ihres eigenen Kindes entwickelt?

Zimmermann: Er darf nicht viel sehen, denn er ist zweieinhalb und gehört nicht vor den Fernseher. Das einzige, was er sehen darf ist das "Das Sandmännchen". Das ist ein Klassiker, der völlig okay ist. Aber der Fernseher ist kein Babysitter-Ersatz. Da achte ich schon drauf. Man darf seine Kinder vor den neuen technologischen Errungenschaften aber auch nicht komplett verschließen. Wenn man alles verbietet, kommen sie später damit nicht klar und wenn man alles zulässt, wird es maßlos. Man muss das Mittelmaß finden.
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Bettina Zimmermann auf der Premiere von "Kung Fu Panda 2" in Berlin
Andere Rollen kommen automatisch
Ricore: Hat sich Ihre Rollenauswahl durch Ihre Mutterschaft verändert?

Zimmermann: Nein, gar nicht. Andere Rollen kommen durch das Alter automatisch. Als ich angefangen habe, war ich 25. Zu der Zeit konnte ich noch die junge Studentin spielen. Jetzt würde ich wohl eher die Langzeitstudentin spielen. Natürlich hat man jetzt vielleicht ein anderes Verständnis für eine Mutterrolle, aber das war auch vorher der Fall. Ich war ja auch schon Tante. Als ich früher Mutterrollen spielte, wusste ich auch, was zu tun ist.

Ricore: Suchen Sie eher nach Charakteren, die Ihnen ähneln oder die sich unterschieden?

Zimmermann: Mich selbst dauernd darzustellen wäre ja eher eine Reality-Geschichte. Das Tolle und Herausfordernde in unserem Beruf ist ja gerade, anderen Charakteren Leben einzuhauchen. Mimik, Stimme und Gestik sind unsere Werkzeuge, um einer Figur die verschiedenen Nuancen einzuhauchen. Es wäre ja langweilig, wenn ich mich immer selbst spielen würde. Ich liebe diesen Beruf, weil ich mich immer wieder neu austoben kann. Man selbst lebt nur ein oder zwei Persönlichkeiten aus, sonst hat man eine Persönlichkeitsspaltung. Aber tausende Anlagen schlummern in einem. Es wäre ja auch langweilig, wenn ich immer nur ein Genre spielen würde. Wobei es auch ganz tolle Schauspielkollegen gibt, die ein bestimmtes Genre machen. Aber in diesem sind sie sehr gut. Das ist auch legitim. Ich mag an dem Beruf, dass man eben unterschiedliche Möglichkeiten hat.

Ricore: Inwiefern ist man bei der Synchronarbeit als Schauspieler gefordert?

Zimmermann: In ähnlicher Weise genauso, nur hat man hier weniger Werkzeuge zur Verfügung: nämlich nur die Stimme. Gestik und Mimik sind schon vorgezeichnet, aber dennoch muss das Gefühl rüberkommen. Aber nur still stehen und sprechen etwa in Kampfszenen geht auch nicht, das würde man in der Stimme hören, das man nicht wirklich "außer Puste" ist oder sich gerade nicht bewegt. Bei den Kung Fu-Szenen z.B. muss man immer wieder schreien und Laute von sich geben. Damit man diese körperliche Anspannung auch in der Stimme hört, mache ich während des Synchrons 'Schattenboxen'. So würde das - denke ich - für Außenstehende aussehen! Ich kann natürlich nicht fünf Meter hoch springen, einen Salto machen, den Gegner außer Gefecht setzen und mit einem Bein auf dem Dach landen. Aber ich kann zumindest einen kleinen Seitentritt geben und dabei den Aufsteller zertrümmern, der hinter mir stand. [lacht]

Ricore: Was steht bei Ihnen als nächstes an?

Zimmermann: Ich drehe den dritten Teil eines Abenteuerfilms, ein Genre, das es in Deutschland so gar nicht gibt. Der erste Teil hieß "Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" und der zweite "Die Jagd nach der heiligen Lanze". Die Filme sind auch im Ausland sehr erfolgreich. In China waren wir auf Platz sechs der Kino-Charts. Die sind schon ganz heiß auf den dritten, der "Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer" heißt. Da darf sich das Kind in mir wieder austoben.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 24. Juni 2011
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Als geschätzter Drachenkrieger gehört es zu den Aufgaben von Panda Po, das Tal des Friedens zu beschützen. Dieses gerät in Aufruhr, als sich ein mächtiger Gegner ankündigt und mit einer geheimen Waffe China erobern will. Po muss sich der Herausforderung stellen und all sein Können zur Verteidigung des Landes aufbringen. In "Kung Fu Panda 2" leihen in der englischsprachigen Originalfassung unter anderem Angelina Jolie, Jackie Chan sowie Dustin Hoffman den Figuren ihre Stimmen.
Bettina Zimmermann arbeitet nach Ende ihrer Schulzeit als Model, um ihre Schauspielausbildung zu finanzieren. Schnell hat die gebürtige Niedersächsin das Geld zusammen und kann so ihren Wunsch in Hamburg verwirklichen. 2000 hat sie ihren ersten Kinoauftritt in "Schule". Bekanntheit erlangt sie durch ihre Beziehung zu Iris Berbens Sohn Oliver. Von 2002 bis 2006 sind die beiden ein Paar. Vladimir Subotic liiert. 2008 kommt ihr gemeinsamer Sohn Dylan zur Welt. Privat treibt die Schauspielerin..
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