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Paul Feig bei der Los Angeles-Premiere von "Brautalarm"
Der Hochzeitsplaner
Interview: Paul Feig unter Bräuten
Paul Feig musste im Laufe seiner Karriere einige Rückschläge einstecken. Als Schauspieler blieb der große Erfolg aus. Die von ihm geschaffene Serie "Freaks and Geeks" wurde trotz begeisterter Kritiken bereits nach wenigen Folgen eingestellt. Als Regisseur von "Brautalarm" hat er nun in den USA einen Überraschungserfolg gelandet. In der Komödie werden Kristen Wiig und Rose Byrne zu Rivalinnen, die sich einen verbissenen Schlagabtausch liefern. Im Interview mit Filmreporter.de spricht Feig über die Entstehung des Films, die Absetzung seiner Serie sowie die kreativen Unterschiede zwischen dem Fernsehen und dem Kino.
erschienen am 20. 07. 2011
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Brautalarm
Ricore: Welche Unterschiede gibt es bei der Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Autor beim Kino und dem Fernsehen?

Paul Feig: Das Fernsehen ist definitiv ein Autoren-Medium. Wenn ich als Regisseur für das Fernsehen arbeite, stehe ich eindeutig im Dienste der Autoren. Im Fall von "Brautalarm" verlief die Zusammenarbeit mit den Autorinnen ziemlich unkompliziert. Kristen Wiig und Annie Mumolo hatten Verständnis dafür, dass wir bestimmte Aspekte im Film haben wollten, die nicht im Buch vorkamen. Wir haben sie mit einigen Herausforderungen konfrontiert und vor einigen Veränderungen hatten sie auch Angst. Aber sie standen immer hundertprozentig hinter dem Projekt. Letztlich ging es bei den Dreharbeiten sehr demokratisch zu.

Ricore: Welche Szenen fehlten im Buch?

Feig: Starke, lustige Szenen. Die Flugzeugszene ist ein gutes Beispiel dafür. Im ursprünglichen Drehbuch sollten alle Beteiligten nach Las Vegas fliegen. Aber wir dachten, dass "Hangover" die Stadt schon auf großartige Weise als Schauplatz genutzt hat, so dass wir davon absahen. Im fertigen Film kommen sie nie in Las Vegas an.

Ricore: "Brautalarm" ist sehr erfolgreich. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Feig: Vielleicht liegt es daran, dass Frauenthemen in letzter Zeit ein wenig zu kurz gekommen sind. Oft werden Frauen von ihren Männern in Filme geschleppt, in denen Männer verrücktspielen. Nicht, dass sie das nicht auch witzig finden. Aber es ist für sie sicher lustiger, wenn das aus weiblicher Perspektive dargestellt wird. Als wir uns an die Arbeit machten, wussten wir noch nicht, ob der Film eine Altersfreigabe bekommen wird. Also sind wir den sicheren Weg gegangen und haben jede Szene in einer sauberen Version gefilmt. Wir befürchteten auch, dass Frauen es ungern sehen würden, wenn viel geflucht wird. Als wir Testvorführungen veranstalteten, bekamen wir aber tolle Reaktionen vom weiblichen Publikum.
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Paul Feig und Kristen Wiig in "Brautalarm"
Ricore: Ein weiterer Grund für den Erfolg könnte sein, dass der Film keine weltfremden Models vorführt, sondern Frauen zeigt, mit denen sich das weibliche Publikum identifizieren kann.

Feig: Ja, ich denke auch, dass das eine Rolle spielt. Das ist manchmal ein Problem in Hollywood. Man will tolle Filme machen und besetzt diese dann mit hübschen Starlets. So gut sie als Schauspielerinnen auch sein mögen, oft sind sie einfach nicht so lustig, wie professionelle Komödiantinnen. Bei der Besetzung von "Brautalarm" haben wir uns für die Frauen entschieden, die am talentiertesten waren und am besten miteinander harmonierten. Die Ironie an der Sache war, dass sie zudem alle sehr gut aussahen. Aber sie strahlen eine natürliche Schönheit aus.

Ricore: Sie hatten mit dem Film also eine neue Zielgruppe im Visier?

Feig: Ehrlich gesagt dachte ich, dass es diese Zielgruppe schon immer gegeben hat. Es gibt viele Frauen, die sich kaum romantische Komödien anschauen. Sie sehen sich lieber Filme wie "Hangover" an und sind dann enttäuscht, wenn Frauen unglaubwürdig dargestellt werden. In "Brautalarm" war es unser Ziel, eine echte Geschichte über echte Menschen zu erzählen.

Ricore: Glauben Sie, dass heute im Fernsehen lebensechtere Charaktere gezeigt werden, als im Kino?

Feig: Ja, das denke ich. Das Kino erzählt eine Geschichte in zwei Stunden. Es geht dabei meistens darum, dass sich zwei Menschen treffen, sich ineinander verlieben und nach vielen Hindernissen zusammenkommen. Im Fernsehen kann man sich viel mehr Zeit für die Geschichten und Charaktere nehmen. Deswegen arbeite ich gerne fürs Fernsehen, wie beispielsweise bei der Serie "Freaks and Geeks". Da kann man langsamer und entspannter arbeiten. Im Kino ist das selten möglich, auch wenn in letzter Zeit versucht wurde, längere Filme zu machen. "Brautalarm" ist ein Spielfilm. Er dauert über zwei Stunden. Das liegt daran, dass wir einer klaren Linie folgen wollten. Wenn in einer Komödie ein Witz nach dem anderen folgt, können diese zwar zündend sein, aber der Film wird nicht unbedingt realistisch. Unser Bestreben war es, einen realistischen Film mit lebensnahen Dialogen zu machen. In "Brautalarm" gibt es eine Dialogszene, die vier Minuten dauert. Das ist für einen Spielfilm lang.
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Paul Feig beim Celebrity Girls Night Out zu "Brautalarm"
Ricore: Arbeiten Sie demnach lieber für das Fernsehen oder für das Kino?

Feig: Ich arbeite für beide Medien gerne. Im Fernsehen habe ich oft als Regisseur gearbeitet. Abgesehen von einigen Ausnahmen bin ich damit wohl durch. Der Grund ist, dass ich einfach mehr kreativen Freiraum brauche, um eigene Ideen in ein Projekt einzubringen. Das ist als Regisseur im Fernsehen selten möglich, weil man hier im Dienste der Autoren und anderer Kreativen steht. Am Konzept des Spielfilms reizt mich die Herausforderung, eine Geschichte in zwei Stunden zu erzählen. Das ist die schwierigste Art, Geschichten zu erzählen. Daher möchte ich mich in Zukunft mehr auf das Kino konzentrieren.

Ricore: Was haben Sie empfunden, als "Freaks and Geeks" nach nur wenigen Episoden abgesetzt wurde?

Feig: Das war sehr traurig und eine harte Zeit für mich. Wir waren fest davon überzeugt, dass die Serie erfolgreich sein wird. Sie kam zwar bei der Kritik gut an, aber wir hatten einfach nicht genug Zuschauer. Aber so ist das nun mal im Fernsehgeschäft. Der Sender hatte durch die Serie eben viel Geld verloren. Heute verdient er durch die DVD-Auswertung ein Vermögen daran. Die Serie war auf jeden Fall eine Herzensangelegenheit für mich. Es steckte viel von meiner Kindheit in der Serie und ich bin sehr stolz auf sie. Immerhin brachten wir es auf 18 Episoden. Es ist mein persönliches "Berlin Alexanderplatz". [lacht]

Ricore: Wäre aus der Serie vielleicht etwas geworden, wenn Sie andere Schauspieler besetzt hätten, Schauspieler, die einen größeren Namen oder größeren Starfaktor haben?

Feig: Als sich die Show schon im Abwärtstrend befand, gab es tatsächlich Vorschläge, sie personell aufzuwerten. Man wollte sogar Britney Spears für eine Rolle besetzen. Das konnten wir aber nicht tun. Wir wollten lieber untergehen, als solche Kompromisse zu machen. Natürlich war das ein selbstzerstörerischer Impuls, aber wir konnten nicht nach jedem Strohhalm greifen.
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Paul Feig in "Brautalarm"
Ricore: Vielleicht war die Serie ihrer Zeit voraus. Derzeit ist etwa "Glee" sehr erfolgreich, eine Serie, die durchaus Parallelen zu "Freaks and Geeks" hat.

Feig: Ja, heute käme sie sicher besser an. Die Menschen sind für diesen Stil empfänglicher als früher. Damals gab es noch nicht sehr viele komödiantische Dramen im Fernsehen. "Glee" ist im Grunde die übertriebene Version von dem, was wir damals im Sinn hatten. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist eine großartige Show und ich bin glücklich, dass es sie gibt.

Ricore: Haben Sie eine neue Serie in Planung?

Feig: Ich möchte definitiv eine weitere Serie machen. Es gibt verschiedene Ideen, die ich im Kopf habe. Die Serie muss aber persönlich genug sein, damit sie über mehrere Staffeln hinweg sendefähig bleibt.

Ricore: Das heißt, es gibt noch nichts, das grünes Licht hat?

Feig: Nein, nicht für das Fernsehen. Aber es gibt ein neues Filmprojekt, das Judd Apatow produzieren wird. Ich habe eine Weile daran geschrieben und hoffe, dass etwas daraus wird.

Ricore: Handelt es sich auch um eine Komödie?

Feig: Ja, vom Stil her ähnelt das Konzept dem von "Brautalarm". Der Film erzählt eine unkonventionelle Liebesgeschichte und einige Darsteller aus dem aktuellen Film wirken auch darin mit. Mehr darf ich nicht erzählen. Vielleicht noch so viel, dass der Film eine andere zu kurz gekommene Zielgruppe bedient.
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Paul Feig und Judd Apatow am Set von "Brautalarm"
Ricore: Sie haben auch mal ein Drama mit dem Titel "I Am David" inszeniert. Das sticht aus ihrem übrigen Werk heraus. Wie kam dieses Projekt zustande?

Feig: Nachdem "Freaks and Geeks" abgesetzt wurde, kamen viele Fernsehstudios wegen anderen Serien auf mich zu. Ich legte einige Ideen auf den Tisch, doch keine davon wurde je realisiert. Am Ende war ich ausgebrannt und wollte dem Fernsehgeschäft den Rücken kehren. Zu der Zeit war das Fernsehen voller Reality- und Spielshows und niemand kümmerte sich mehr um fiktionale Stoffe. Als ich das Drehbuch zu "I Am David" zu lesen bekam, war das wohl der richtige Zeitpunkt. Ich sah viele Gemeinsamkeiten mit "Freaks and Geeks". Außerdem starb meine Mutter unmittelbar zuvor und der Film handelte von einem jungen Mann, der auf der Suche nach seiner Mutter ist. Mit "I Am David" waren also auch viele emotionale Momente verbunden. Durch die Beschäftigung mit dem Film habe ich viel gelernt, doch er hat auch ganze drei Jahre meines Lebens geraubt. Als er dann herauskam, ist er ganz schnell wieder untergegangen. Seine Zuschauer hat er aber dann auf DVD gefunden. Letztlich bin ich froh, dass ich den Film gemacht habe. Ich wünschte nur, dass ich durch ihn weniger Zeit verloren hätte.

Ricore: Wie ist die Atmosphäre auf einem Set, wenn man eine unangenehme und peinliche Szene dreht?

Feig: Die meisten Schauspielerinnen im Film waren es gewohnt, in Komödien mitzuspielen. Sie haben schon viele verrückte Szenen gedreht und gingen sehr routiniert zu Werke. Die einzige, die mir etwas leid tat, war Wendi McLendon-Covey. In einer Szene musste sie ihren Kopf in die Toilette halten, während ihr Gesicht mit Erbrochenem beschmiert war. Aber sie hat sich nicht beschwert und hat ihren Job sehr gut gemacht.

Ricore: Als Schauspieler haben Sie unter anderem in "That Thing You Do!" mitgespielt. Was können Sie uns über Tom Hanks sagen, der damit sein Filmdebüt als Regisseur vorlegte?

Feig: Die Zusammenarbeit mit Tom war großartig. Ich bin ein großer Fan von dem, was er macht. Er war sehr nett. Ich bekam die Rolle lange vor Beginn der Dreharbeiten. Bis dahin wurden mir ständig Änderungen am Drehbuch zugeschickt. Am ersten Drehtag war ich sehr nervös, aber Tom beruhigte mich. Ich mag den Film sehr und bin stolz darauf, darin mitgewirkt zu haben.
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Paul Feig beim Celebrity Girls Night Out zu "Brautalarm"
Ricore: Werden Sie weiter als Schauspieler, Regisseur und Autor arbeiten?

Feig: Ja, auch wenn ich mich in Zukunft vor allem auf die Arbeit hinter der Kamera konzentrieren werde. Ich habe eine lange Schauspielkarriere hinter mir, die nicht sehr erfolgreich war. Im Fernsehen habe ich mit großem Vergnügen an einigen Serien mitgearbeitet. Am meisten liebe ich es aber, hinter der Kamera zu stehen. Es ist sehr befriedigend, talentierte Menschen um sich zu versammeln, sie ins Rampenlicht zu rücken, sie aber auch zu beschützen. Ich kenne viele Schauspieler, die sehr gut in ihrem Job sind, die von den jeweiligen Regisseuren jedoch nicht richtig ins Licht gerückt wurden. Es gibt mir eine große Genugtuung, wenn ich es schaffe, das Talent der Schauspieler richtig zur Geltung zu bringen.

Ricore: Gab es in Ihrem Leben einen Schlüsselmoment, an dem Sie sich entschieden haben, Regisseur zu werden?

Feig: Ich studierte Film an der USC School of Cinematic Arts. Damals wollte ich wie Woody Allen meine eigenen Projekte schreiben, inszenieren und in ihnen auch mitspielen. Irgendwann habe ich im Fernsehen an einigen Serien mitgemacht, die aber meistens nach einem Jahr abgesetzt wurden. Schließlich landete ich als Schauspieler bei "Sabrina - total verhext". Irgendwann nahm ich all das Geld, das ich bei der Serie verdient hatte und investierte es in einen Low-Budget-Film. Nachdem mir bei "Sabrina" gekündigt wurde, wusste ich, dass ich Filmemacher werden will. Ich liebe es, Regie zu führen. Es ist schön, die Verantwortung für ein Projekt zu haben.

Ricore: Wird es eine Fortsetzung von "Brautalarm" geben?

Feig: Vielleicht. Es gibt Leute, die bereits darüber gesprochen haben. Es ist aber noch nichts offiziell. Wenn wir die Fortsetzung besser machen könnten, wäre ich auch gerne dabei. Aber zunächst muss eine tolle Idee vorgelegt werden.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 20. Juli 2011
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Wie sein Vorbild Woody Allen will Paul Feig Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor werden. Diesen Traum kann er sich nach dem Studium an der Sabrina - total verhext" und Spielfilmen wie "That Thing You Do!" von Tom Hanks mit.Freaks and Geeks" konzipiert Feig zudem eine kurzlebige, von der Kritik gelobte Fernsehserie, die auch nach ihrer Absetzung viele Bewunderer hat. Nach der Mitarbeit an Fernsehserien wie "Das Büro" und "Nurse Jackie" inszeniert er 2003 das kommerziell gescheiterte Drama..
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