ARD/Jacqueline Krause-Burberg
Janina Hartwig in "Um Himmels Willen"
Konfessionsfreie Nonne
Interview: Was glaubt Janina Hartwig?
Janina Hartwig spielt in der DDR politisches Theater und ist in zahlreichen Fernsehproduktionen zu sehen. Für die Serie "Um Himmels Willen" streift sie sich als Schwester Hanna seit 2006 die Nonnentracht über. Im Streit mit dem Bürgermeister zeigt sie ihren Sturkopf. Im Interview mit Filmreporter.de spricht die Schauspielerin am Set über ihre Gemeinsamkeiten mit Schwester Hanna und ihren eigenen Glauben.
erschienen am 10. 01. 2012
ARD/Jacqueline Krause-Burberg
Fritz Wepper in "Um Himmels Willen"
Ricore: Welche Szene drehen Sie gerade?

Janina Hartwig: Wir drehen in der Bavaria-Filmstadt. Hanna hat natürlich wieder einen Konflikt mit dem Bürgermeister.

Ricore: Wie viel Hanna steckt in Janina Hartwig?

Hartwig: Die Frage ist eher: wie viel kann Janina Hartwig in die Rolle der Hanna einbringen? Ich habe mir natürlich viele Gedanken gemacht, als ich die Rolle angenommen habe. Schwester Hanna ist ein positiv denkender Mensch und das ist Janina Hartwig auch. Für sie ist das Glas immer halb voll. Hanna ist ein Sturkopf, das ist Janina Hartwig weniger. Sie ist zupackend und gibt nicht auf, da kann sich Janina Hartwig eine Scheibe abschneiden.

Ricore: Ist die Nonnentracht eine Uniform? Wie fühlt sich das an, sie zu tragen?

Hartwig: Es ist ja eine fiktive Tracht, diesen Orden gibt es in der Realität nicht. Die Kostümbildnerin hat sich eine Tracht ausgedacht, in der man sich bewegen kann und die der Figur und dem Gesicht schmeichelt. Für mich als Schauspielerin ist ein Kostüm natürlich immer hilfreich, um eine Rolle zu finden. Auch am Theater hat man das ganz oft. Ich habe ja lange am Theater gespielt und da sind Kostüme sehr wichtig, um sich der Rolle anzunähern. Und so ist es bei Hanna auch. Die Nonnentracht gibt mir eine gewisse Körperhaltung. Das hilft, um die richtige Gestik zu finden.
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Ingo Naujoks und Janina Hartwig in "Um Himmels Willen"
Ricore: Worin unterscheiden sich echte Nonnentrachten?

Hartwig: Die weltlich orientierteren Orden tragen eine Tracht, die unserer sehr ähnlich ist. Aber es gibt aber auch abgeschlossenere Orden, wo von den Nonnen nur das Gesicht zu sehen ist. Wenn man genau hinguckt, erkennt man da große Unterschiede.

Ricore: Sind Sie selbst gläubig?

Hartwig: Ich bin konfessionslos erzogen, weil ich in der DDR groß geworden bin. Aber ich bin schon überzeugt davon, dass es zwischen Himmel und Erde bestimmte Dinge gibt, die wir uns nicht mit unserem Verstand erklären können. Ich nenne das Energie oder Schicksal.

Ricore: Beten Sie?

Hartwig: Da ich keinem Glauben angehöre, bete ich zu keinem konkretem Gott. Trotzdem sammle ich mich natürlich in bestimmten Momenten oder meditiere.

Ricore: Wo finden Sie ihre Unterstützung, wenn es privat mal nicht so läuft oder Sie einen schlechten Tag haben?

Hartwig: Das ist sehr unterschiedlich. Wenn ich es nicht mehr schaffe, positiv zu sein, dann habe ich Freunde und Familie, die mich auffangen. Über Gespräche mit diesen Menschen finde ich immer wieder zu mir selbst zurück und entdecke meine eigene Kraft wieder.
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Horst Sachtleben und Janina Hartwig in "Um Himmels Willen"
Ricore: Wie weit fassen Sie ihren Familienbegriff?

Hartwig: Sehr weit. Meine besten Freunde zähle ich auch dazu.

Ricore: Sie haben sowohl in der DDR als auch im wiedervereinigten Deutschland gedreht. Gibt es Unterschiede?

Hartwig: Nein, was das Drehtechnische angeht, ist es dasselbe. Gekocht wurde und wird mit Wasser. Ich glaube, in der DDR hat man sich ein bisschen mehr Zeit genommen. Heute ist der Druck viel größer. Da dreht man vier bis sechs Szenen am Tag, statt nur zwei. Bei anderen Produktionen ist das Arbeitstempo sogar noch höher. Zeit ist Geld.

Ricore: Wie haben Sie das Leben in der ehemaligen DDR empfunden?

Hartwig: Ich bin 1961 geboren und in Berlin in der Nähe der Grenze aufgewachsen. Ich kannte also nur das geteilte Deutschland. Ich hatte das Glück nach meiner Schauspielausbildung an das Staatsschauspiel in Dresden engagiert zu werden. Da war ich zehn Jahre. Das Ensemble war führend in der DDR. Wir konnten tolles politisches Theater machen, weil die Theaterleitung sehr stark war. Das war eine sehr heiße, spannende und kreative Zeit, die ich nicht missen möchte. Was ich immer vermisst habe, war das Reisen. Da bin ich immer noch ganz wild auf Reisen.

Ricore: Wohin?

Hartwig: Hauptsache weit weg. Ich möchte nach Australien, nach Neuseeland, in den hohen Norden. Es gibt noch ganz viele Reiseziele, die ich sehen will.
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Gaby Dohm und Janina Hartwig in "Um Himmels Willen"
Ricore: Da müssten Sie eigentlich mal eine Schauspielpause einlegen, um das alles zu schaffen.

Hartwig: Das stimmt. Ich hoffe, ich bleibe lange gesund, damit ich das alles schaffe.

Ricore: Waren Sie zu DDR-Zeiten auch selbst politisch?

Hartwig: Ja, absolut. Wir hatten am Theater in Dresden unsere politische Aufgabe.

Ricore: Hatten Sie Verwandte im Westen?

Hartwig: Meine Tanten lebten im Westen und kamen öfter mit großen Taschen voller Geschenke zu Besuch: Kaffee, Schokolade, Kaugummi. Das waren meine frühesten Kindheitsprägungen. Da wurde ein Bild geprägt, das so natürlich auch nicht stimmte. Ich dachte, im Westen sei der Überfluss. Ich wusste damals nicht, dass sich meine Tante Geld pumpen musste, um die Sachen zu kaufen.

Ricore: Ist Deutschland aus ihrer Sicht zusammengewachsen?

Hartwig: Es ist mein großer Wunsch, dass dieses Deutschland endlich zusammenwächst. Nach wie vor erlebe ich, dass in vielen Köpfen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft besteht. Meine Kinder kennen das aber gar nicht. Wenn wir an der ehemaligen Grenze vorbeifahren und ich das anspreche, gucken sie mich fragend an. Ich hoffe, dass das geteilte Denken in den Köpfen endlich aufhört.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 10. Januar 2012
Zum Thema
Janina Hartwig wird am 8. Juni 1961 in Ostberlin geboren. Nach ihrer Lehre zur Wirtschaftskauffrau absolviert sie von 1978 bis 1981 ein Schauspielstudium in Berlin. Anschließend bekommt sie ein Engagement am Tatort" und "Polizeiruf 110". Ab Mitte der Neunziger ist sie vermehrt in Serien zu sehen. Zwischen 1995 und 1999 ist sie in "Aus heiterem Himmel" zu sehen, später spielt sie in "Der Bergdoktor" und "Bei aller Liebe" mit. Seit 2006 mimt sie in "Um Himmels Willen" Nonne Hanna Jakobi. Hartwig..
Egal ob Schwester Lotte (Jutta Speidel), Schwester Hanna (Janina Hartwig) oder jemand anderes: Kaltenthals Bürgermeister Wolfgang Wöller (Fritz Wepper) streitet sich immer wieder mit den Nonnen des ortsansässigen Klosters! So auch, als er ein Stück Land verkaufen will, auf dem diese leben. Streitigkeiten wie diese, sind typisch für die Serie "Um Himmels Willen". Diese gefällt durch unterhaltsame Geschichten, die stets ein wohliges Gefühl erzeugen. Alle enden positiv und wirken nie zu..
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