Ralf Hake/Ricore Text
Peter Berg auf dem 39. Deutschen Filmball 2012
Im Zeitalter der Super Movies
Interview: Peter Bergs Schlachtschiff
Für die Marine begeistert sich Peter Berg seit seiner Kindheit. Auf der Leinwand verleiht er seiner Leidenschaft jetzt Ausdruck, indem er im Sci-Fi-Actioner "Battleship" eine Reihe von Schlachtschiffen gegen außerirdische Aggressoren in den Kampf schickt. Warum er diese Art von Filmen als 'Super Movies' bezeichnet, erklärt der Schauspieler und Regisseur im Interview mit Filmreporter.de. Zudem spekuliert er, welche Wirkung seine heroische Darstellung der Marine auf junge Zuschauer haben könnte.
erschienen am 12. 04. 2012
Universal Pictures (UPI)
Battleship
Ricore: Sie haben in Bezug auf "Battleship" von der Ära der 'Super Movies' gesprochen. Was meinen Sie damit?

Peter Berg: Meiner Meinung nach gibt es derzeit viele großartige Independentfilme, so etwa "The Wrestler", "Black Swan", "True Grit - Vergeltung" und "There Will Be Blood". Was wir in den letzten zehn Jahren in unserem Business allerdings auch beobachten, sind Filme mit tollen Charakteren und Spezialeffekten, die von talentierten Regisseuren mit großen Budgets realisiert werden. Diese Filme haben mehr Zuschauer und bringen mehr Geld ein, als man jemals gedacht hätte. Die Spezialeffekte haben sich so sehr weiterentwickelt, dass es kaum etwas gibt, das man nicht für die Leinwand umsetzen könnte. Solche Filme bezeichne ich als 'Super Movies'. Es sind Filme, die alle Altersklassen rund um den Globus ansprechen und von einigen der talentiertesten Regisseure wie Peter Jackson, James Cameron, J.J. Abrams und Jon Favreau realisiert werden, die ich alle sehr bewundere.

Ricore: Wie viel Freiraum hat man bei solch aufwendigen und teuren Projekten als Regisseur?

Berg: Ich habe noch nie einen so großen Film wie "Battleship" gemacht und hatte noch nie so einen kreativen Freiraum. Bei solch großen Filmen können sie dir gar nicht so viel vorschreiben, sie wüssten gar nicht erst, wo sie anfangen sollten.

Ricore: Dafür kann der finanzielle Verlust umso größer sein, wenn solch ein Film zum Misserfolg wird. Wie groß ist der Druck in der Hinsicht?

Berg: Ich habe bereits in der Schule mit dem Filmemachen begonnen. In meinem ersten Film ging es um zwei Freunde, die das Brettspiel Stratego gegeneinander spielen und sich in die Haare kriegen. Nachdem der eine den anderen K.o. schlägt, erwacht das Spiel in dessen Verstand zum Leben. Seitdem habe ich viele Male als Produzent, Regisseur und Autor gearbeitet und es fühlt sich immer gleich an. Ich denke nie darüber nach, wie erfolgreich der Film wird. Bei "Battleship" hat es mir Spaß gemacht, den Film zu drehen, die Realisierung der Spezialeffekte zu erleben und zu beobachten, wie sich Rihanna in ihrem ersten Filmprojekt zu einer echten Schauspielerin entwickelt.
Sony Pictures
Hancock
Ricore: Wie haben Sie das Vertrauen der großen Studios gewonnen?

Berg: Ich weiß es nicht [lacht]. Nun, meine bisherigen Filme wie "Friday Night Lights", "Operation: Kingdom" und "Hancock" haben Gewinne eingefahren. Man muss finanzielle Erfolge vorweiden können und die Studios müssen an dich glauben. Als Filmemacher muss man eine Vision haben und andere davon überzeugen können. Ich hatte Erfolg und bin inzwischen lang genug dabei, um zu wissen, wovon ich rede und wie ich die Studios überzeugen kann.

Ricore: Was macht die von Ihnen beschriebenen 'Super Movies' weltweit so erfolgreich?

Berg: Betrachtet man die 30 erfolgreichsten Filme aller Zeiten, führt James Cameron die Liste an. Dann kommen Filme wie "Herr der Ringe", "Fluch der Karibik", "Harry Potter", "Spider-Man" und "Batman". Diese Filme zeichnen sich alle durch ihre visuellen Effekte aus. Sie bringen dich an einen Ort, an dem du noch nie gewesen bist. Wie bei Roland Emmerich oder Michael Bay muss es fast immer ein Spektakel sein. Ohne viel Geld für Spezialeffekte auszugeben, ist das nicht möglich. Darüber hinaus muss es Charaktere geben, die menschlich sind und zu denen man eine Beziehung aufbauen kann. Wenn man solche Charaktere nimmt und um sie herum die Spezialeffekte platziert, kann das die Leute weltweit ansprechen. Wenn man einen Film über einen Mann und eine Frau macht, die sich in München verlieben, viel rauchen und weinen, kann das herzzerreißend sein, aber es wird wohl kein Welterfolg werden.

Ricore: Wie kamen Sie darauf, Rihanna für "Battleship" zu engagieren?

Berg: Ich hatte bereits mit der Besetzung des in Amerika sehr bekannten Country-Sängers Tim McGraw in "Friday Night Lights" und "Operation: Kingdom" Erfolg. Er hat eine großartige Arbeit geleistet. Viele Musiker wie Frank Sinatra, Mick Jagger, David Bowie, Lenny Kravitz und Mariah Carey haben sich als Schauspieler bewiesen. Für mich besteht kein allzu großer Unterschied zwischen Musik- und Filmstars. Im Grunde geben beide eine Show. Rihanna ist eine Sängerin, die sehr dramatisch ist.
Sony Pictures
Peter Berg
Ricore: Wie meinen Sie das?

Berg: In ihren Musikvideos spielt sie sich nicht selbst. In Wirklichkeit läuft sie nicht den ganzen Tag in Unterwäsche herum und hat andauernd Sex. Sie ist ein einfaches Mädchen. Ich habe immer vermutet, dass sie gut schauspielern kann und ich liebe es, Leute zu engagieren, von denen man das nicht denken würde. Bei Brooklyn Decker sieht man zum Beispiel, dass sie sehr attraktiv ist und auch eine tolle Schauspielerin ist.

Ricore: Wie wichtig ist es für den Erfolg eines Films wie "Battleship", dass eine attraktive Frau wie Brooklyn Decker zu sehen ist. Michael Bay hat in "Transformers" ja darauf gesetzt, dass Megan Fox sich über Autos beugt...

Berg: Michael Bay mag es, wenn sich junge Frauen über Autos beugen - wer nicht? [lacht]. Nein, aber ich denke, dass eine schöne Frau ebenfalls dazu beiträgt, dass ein Film die Zuschauer weltweit anspricht. Für "Battleship" wollte ich eine Frau haben, die toll aussieht und auch gut spielen kann. Das war schwer. Es kamen etwa 150 der schönsten Frauen der Welt in mein Büro und ich fand eine, von der ich überzeugt war, dass sie Trauer, Furcht und Wut spielen könnte, die taff und schön wäre. Für "Transformers" war Megan Fox sehr wichtig. Die ganzen Jungs haben sich den Film nicht nur wegen der Roboter angesehen. Ich wollte auch eine hübsche Frau im Film haben, doch Michael und ich sind verschiedene Filmemacher. Er hat Megan, die sich über ein Auto beugt und ich mache es auf meine Weise.

Ricore: Was glauben Sie, wie man Ihre Regiearbeiten in 50 oder 100 Jahren beurteilen wird?

Berg: Offensichtlich mag ich Action und Dramatik, die durch Gewalt und Wettbewerb entsteht, ob nun im Krieg oder im Sport. In gewisser Hinsicht enthalten meine bisherigen Werke einen bestimmten Grad an Aggressivität. Allerdings liegt mir auch viel daran, reale Emotionen zu zeigen. Ich liebe es, die zärtliche und emotionale Seite von Leuten zu zeigen, die sich in einer gewalttätigen Situation befinden. Das gelingt mir nicht immer, doch das ist mein Ziel.
Ralf Hake/Ricore Text
Peter Berg und Brooklyn Decker auf dem 39. Deutschen Filmball 2012
Ricore: Hilft Ihnen das Drehen solcher Filme, mit Ihren eigenen Aggressionen umzugehen?

Berg: Gute Frage, das hat mich bisher noch niemand gefragt. Ich hatte das Glück, mit starken Persönlichkeiten Filme machen zu können, mit professionellen Athleten, Footballspielern, Boxern, Soldaten und Polizisten, die wirklich taff sind. Das sind couragierte Leute, die Gewalt anwenden können, wenn es sein muss. Ich bin dagegen nicht so ein Mensch. Ich bin weder Soldat, noch professioneller Athlet. Durch diese Menschen habe ich allerdings noch größeren Respekt vor deren Mut, sich in die Gefahr zu stürzen und Bedrohungen zu bekämpfen, um andere zu beschützen. Ich bin froh, dass ich das in meinem Leben nicht machen muss, doch ich bin auch sehr froh, dass es Menschen gibt, die das tun. Ich habe selbst miterleben müssen, wie Menschen bei der Realisierung meiner Filme umgekommen sind. Das hat mich zu einem sehr friedliebenden Menschen gemacht. Ich bin inzwischen der letzte, der einen Kampf anfangen würde und ich würde alles tun, um einen Kampf zwischen zwei Leuten zu beenden, weil ich weiß, wie das enden kann. Ich denke, wenn Quentin Tarantino ein Kind hätte, würde er andere Filme machen.

Ricore: Wie kommen Sie darauf?

Berg: Ich liebe Quentin Tarantino, doch nun habe ich ein Kind und deshalb einen Sinn dafür, wie fragil das Leben ist und dass Tod und Gewalt nicht cool sind. Manchmal mag es unvermeidbar sein, doch es ist weder cool, noch sexy. Ich denke, ich hab das durch einige meiner Filme gelernt.

Ricore: Wie viele Gedanken machen Sie sich über die moralische Dimension des Geschichtenerzählens? Bei "Battleship" kommt einem "Top Gun" in den Sinn, der mit seiner glorifizierenden Darstellung des Militärs eine Rekrutierungswelle zur Folge hatte.

Berg: Sie haben Recht, "Top Gun" diente als Werkzeug zur Rekrutierung. Ich bin ein großer Befürworter unserer Truppen und der Soldaten eines jeden Landes. Wie eben gesagt, bewundere ich den Mut und das Engagement von Polizisten, Feuerwehrmännern und Sanitätern. Jedem, der dem Militär beitreten will, begegne ich grundsätzlich mit Respekt. Es ist etwas anderes, wenn jemand gewalttätig und sadistisch ist oder die Verantwortung nicht versteht, die damit einhergeht. Doch ich respektiere die Marine und deren Männer und Frauen, denen ich bislang begegnet bin und ich habe inzwischen Tausende getroffen. Wenn man auf See in Gefahr gerät, wird einem geholfen. Egal, ob es die italienische, amerikanische oder iranische Marine ist, sie würden ihr Leben riskieren und helfen. Sich aufzuopfern, um zu helfen ist eine Gesinnung, die ich unterstütze, nicht aber töten und zerstören zu wollen. Erst vor kurzem hat die amerikanische Marine ein iranisches Fischerboot gerettet. Am selben Tag, als der iranische Präsident Amerika als Satan bezeichnet hat, sagten die Fischer, dass diese Amerikaner von Gott geschickt worden seien. Ich halte es für wichtig, dass Länder ein starkes Militär haben und wenn junge Leute der Marine beitreten, nachdem sie "Battleship" gesehen haben, habe ich kein Problem damit.

Ricore: Vielen Dank für das Gespräch.
erschienen am 12. April 2012
Zum Thema
Vor seiner Karriere als Regisseur ist Peter Berg vor allem durch seine Rolle des Mediziners Billy Kronk in der Fernsehserie "Chicago Hope - Endstation Hoffnung" bekannt. Neben seiner Arbeit vor der Kamera übernimmt er bei einigen Episoden auch die Regie und schreibt die Drehbücher. Sein Spielfilmdebüt als Regisseur gibt er mit der schwarzhumorigen Komödie "Very Bad Things". Während er sich mit aufwendigen Filmen wie "Operation: Kingdom" und "Hancock" einen Namen als Action-Regisseur macht,..
Battleship (Kinofilm)
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2024